Himmelsfelsen (Krimi-Edition)
gegen Italien gespielt.
»Hi«, grüßte der Frühdienstler und stellte seine braune Aktentasche neben den Schreibtisch.
»Gut durchs Unwetter gekommen?«, fragte Kälberer und drehte sich mit dem Bürostuhl um.
»Das hat ja ganz schön gekracht«, erwiderte der andere und ließ sich in den Schreibtisch-Sessel sinken.
»Das kann man wohl so sagen. Ringsrum ein einziges Feuerwerk, von zehn bis um vier.«
»Der Strom war auch mal kurz weg«, warf Frühdienstler Autenrieter ein.
»Ja, muss ein Blitzschlag in eine Stromleitung gewesen sein.«
Die beiden Männer unterhielten sich noch kurz über die Wetterlage und gingen die Prognosen durch, die ihnen der Stuttgarter Wetterdienst übermittelt hatte. »Es wird wieder hitzig«, stellte Kälberer fest.
»Das baut sich rasch auf«, meinte auch Frühdienstler Autenrieter, während er aus seiner Aktentasche die neueste »Geislinger Zeitung« herauskramte. Immer, wenn er Frühdienst hatte, nahm er sie beim Weggehen daheim aus seinem Briefkasten, um sie während des einsamen Dienstes lesen zu können.
»Steht was von dem Mord drin?«, fragte sein Kollege.
»Du meinst den Unfall am Himmelsfelsen?«
»Nein, den Mord. Es war kein Unfall, hat’s gestern Abend bei ›Antenne Filstal‹ geheißen. Sie wollen Anhaltspunkte für einen Mord gefunden haben.«
Autenrieter stutzte. Er blätterte wortlos zum Lokalteil. Dort stand in großen Aufmacher-Buchstaben: »Mord auf dem Himmelsfelsen.« Die beiden Männer lasen den Vorspann: »Mord auf dem Himmelsfelsen: Der 35-jährige Diskotheken-Besitzer Gerald Fronbauer wurde gestern früh während seiner täglichen Jogging-Tour in die Tiefe gestoßen. Er war auf der Stelle tot. Die Kriminalpolizei hat bislang weder eine Spur, noch ein Motiv ermitteln können. Am Abend wurde eine mehrköpfige Sonderkommission gebildet.«
»Das ist ja entsetzlich«, stellte Autenrieter fest und wurde bleich.
»Und das praktisch bei uns vor der Haustür«, ergänzte sein Kollege und packte seine Utensilien zusammen.
»Ist doch Wahnsinn, was die Gerichtsmediziner heutzutage alles feststellen können«, staunte Autenrieter schließlich, »hier steht, sie hätten bei der Obduktion eindeutig erkannt, dass der Mann unmittelbar vor dem Tod einen heftigen Stoß gegen die linke Bauchseite erhalten haben muss. Daraus lasse sich schließen, dass er mit einem dumpfen Gegenstand, möglicherweise mit einem Holzstecken, rücklings vom Felsen gestoßen wurde.«
»Ziemlich kaltblütig«, meinte Kälberer und ging, mit einem schwarzen Aktenkoffer in der Hand, zur Tür. »Dann wünsch’ ich dir einen schönen Tag. Ich werd’ mich heut’ mal im Geislinger Freibad vergnügen.«
Autenrieter las den Artikel noch ein zweites Mal und betrachtete das Foto, auf dem die Einsatzkräfte zu sehen waren, die sich über die Geröllhalde unterhalb des Himmelsfelsens kämpften. Dann griff er zu seinem Handy und wählte eine Nummer.
16
August Häberle fühlte sich schlapp. Der Leiter der Sonderkommission »Himmelsfelsen« hatte viel zu wenig geschlafen. Seine Frau war enttäuscht gewesen, dass er an dem gestrigen lauen Abend nicht daheim sein konnte. Aber ein großer Fall, das wusste sie, erforderte in den ersten Tagen den ganzen Einsatz. Je mehr Zeit verstrich, desto geringer wurden die Chancen, den Täter zu fassen.
Häberle war deshalb sofort nach dem eher spärlichen Frühstück wieder losgefahren. Als er auf dem Parkplatz des Geislinger Polizeireviers aus seinem Fahrzeug stieg, spürte er die Frische, die an diesem Mittwochmorgen in der Luft lag. Häberle betrat den Lehrsaal im ersten Obergeschoss des Polizeigebäudes und lächelte, als er seine beiden Kollegen Linkohr und Schmidt sah.
»Einen wunderschönen guten Morgen«, grüßte er mit seiner gewohnt positiven Ausstrahlung. Die Kollegen hatten vor sich auf dem Tisch mehrere Akten ausgebreitet, der Computer-Bildschirm daneben war schon angeschaltet. Vor ihnen lag die neueste Ausgabe der »Geislinger Zeitung«.
»Der Bericht ist okay«, stellte Häberle fest, »steht so auch in der NWZ Göppingen drin.« Die NWZ war jene Zeitung, die den übrigen Landkreis Göppingen abdeckte.
»Der Sander schreibt gut«, stellte Linkohr fest.
»Ja«, ergänzte Schmidt und zwirbelte wieder an seinem Schnurrbart, »stellt zwar oft dämliche Fragen, hat aber unseren Zeugenaufruf deutlich hervorgehoben. Ich denke, dass wir heute einige brauchbare Hinweise kriegen werden.«
Häberle setzte sich auf einen der unbequemen
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