Himmelsfelsen (Krimi-Edition)
sagte er und legte sie vor Saalfelder auf den Schreibtisch.
Der eine Ordner war mit ›Projekt G‹, der andere nur mit einem ›F‹ beschrieben.
»Du hast gewusst, wo die Dinge drinstehen?«,staunte Saalfelder.
»Wir sind sie doch schon x-mal gemeinsam durchgegangen«, erklärte Flinsbach und nahm sich den einen Ordner mit der Aufschrift ›Projekt G‹ vor: »Hier, ich war nur überrascht, wie weit die Sache schon gediehen ist. Hast du das gewusst?«
Saalfelder blätterte in Bauplänen und faltete sie auseinander. »Um ehrlich zu sein, nein. Wir haben in letzter Zeit aber auch nicht darüber gesprochen.«
»Hier, schau’ dir das an. Diese Notiz hat er erst vor wenigen Tagen angefertigt«, fuhr Flinsbach fort und blätterte in den Akten, bis er fand, was er gesucht hatte. »Lies das mal.«
Saalfelder besah sich den Hinweis, wonach ›Graf‹ zugesagt habe, er könne ab ersten Juli nächsten Jahres.
Die beiden Männer schwiegen einen Augenblick.
»Also doch«, entfuhr es Saalfelder.
»Die beiden Schweinehunde wollten gemeinsame Sache machen«, stellte Flinsbach fest, »und sie haben es erst vorletzte Woche besiegelt.«
»Da bin ich platt«, gestand Saalfelder und lehnte sich zurück.
»Der Kerl weiß wahrscheinlich alles«, erwiderte Flinsbach und ging wieder nervös zum offenen Fenster hinüber, »der treibt sich hier auch verdächtig oft rum. Auch vergangene Nacht war er hier.«
Saalfelder verengte die Augenbrauen: »Hat er etwas mitgekriegt.«
»Nein, wie sollte er auch?«
Auch Saalfelder stand jetzt auf und ging zum Fenster. Es war schon wieder unerträglich heiß. »Pass’ auf«, sagte er, »wir werden uns den Idioten vorknöpfen, ihm klar machen, dass es eine neue Situation gibt und dass er sich zum Teufel scheren soll. Bei den Vernehmungen, sofern es noch welche gibt, kein Wort zu der Geislinger Sache. Sind wir uns da einig?«
»Absolut. Ich sehe das genauso. Und wer knüpft sich diesen Deppen vor?«
»Das lass’ mal meine Sorge sein.«
Mike Linkohr, der junge Kriminalbeamte mit dem großen Tatendrang, war richtig stolz, mit dem »berühmten Häberle«, wie es in Kollegenkreisen hieß, auf Ermittlungstour nach Aalen gehen zu können. Der Ruf des Kriminalisten war legendär. Bereits bei der Ausbildung, die Linkohr bei der Bereitschaftspolizei in Göppingen begonnen hatte, war von diesem Mann gesprochen worden, als Beispiel für besonnene Ermittlungsarbeit, für eine Arbeitsweise, die sowohl einfühlsam, als auch scharfsinnig war.
Häberle sprach wie das Volk. Er konnte sich mit dem Manager ebenso unterhalten, wie mit dem so genannten einfachen Mann auf der Straße. Er hatte ungeheuer viel Erfahrung, aber auch die nötige Portion Menschenkenntnis, konnte zuhören und Verständnis zeigen. Aber er konnte auch knallhart sein, wenn es sein musste.
»So ein verschlafenes Nest und jetzt plötzlich in aller Munde«, meinte Häberle, als sie in Eybach am »Ochsen« vorbeifuhren.
»Ja, da war gestern einiges los«, bekräftigte Linkohr, der am Steuer saß, »sogar der Oberbürgermeister soll in aller Frühe vorbeigekommen sein.«
Sie hatten bald die Untere Roggenmühle hinter sich gelassen und fuhren nun die bewaldete Steilstrecke zur Albhochfläche hinauf. Aus den umliegenden Hängen ragten bizarre Felsenformationen in die Höhe.
»Haben sich der Oberbürgermeister und Fronbauer gekannt?«, fragte Häberle plötzlich.
»Weiß ich nicht. Zumindest den Bruder Fronbauer hat Schönmann natürlich gekannt, den Stadtrat«, erklärte Linkohr.
»Ja, das ist mir klar. Eine schillernde Gestalt, wie mir scheint, nicht unumstritten, oder?«
»Na ja, ziemlich reich, wie man munkelt. Aber als Immobilien- und Finanzhai ist das ja kein Wunder«, meinte Linkohr und steuerte den Audi durch zahlreiche Kurven.
»Vom Verhältnis der beiden Brüder zueinander wissen wir noch ziemlich wenig«, stellte Häberle fest.
»Das werden die Kollegen rauskriegen«, zeigte sich Linkohr überzeugt.
Boris war so etwas wie ein Kleiderschrank. Groß, breite Schultern, muskulös. Die Nase breit und platt, die Haare blond. Sein kantiges Gesicht verzog sich nur selten zu einem Lächeln. Er trug Jeans und ein kurzärmeliges Jeanshemd.
Saalfelder und Flinsbach hatten den Mann per Handschlag begrüßt und ihm einen Platz auf einem der Besucherstühle im Büro angeboten. Sie saßen sich jetzt im Dreieck gegenüber.
»Du weißt, was los ist«, kam Saalfelder sogleich zur Sache.
»Wir haben geredet, ja«, sagte Boris mit
Weitere Kostenlose Bücher