Himmelsfelsen
derartigen Sumpf gegeben hat, dann dürfte auch der Mörder dort zu finden
sein.«
»Trotzdem muss ich Sie fragen: Haben Sie mit
Leuten Geschäfte gemacht, die in irgendeiner Weise in den Mordfall verwickelt sein
könnten?«
Fronbauer überlegte sich die Antwort lange.
Dann fragte er herausfordernd: »Wie darf ich das verstehen, im ›High-Noon‹ oder
was?«
»Ja, dort oder auch mit jemanden in Geislingen,
von dem Sie jetzt im Nachhinein den Verdacht haben, dass er in irgendeiner Weise
auch etwas mit Ihrem Bruder zu tun gehabt haben könnte.«
Fronbauer schwieg und schaute zum Waldrand.
»Nein, beim besten Willen nicht. Das sind alles seriöse Leute.«
»Okay, Herr Fronbauer, unsere Spurensicherung
wird noch eine Zeit lang hier sein. Am besten, Sie bleiben zu Hause. Lassen Sie
sich auf keinen Fall vorläufig in Ulm blicken.«
»Darauf können Sie sich verlassen.«
Häberle bedankte sich und stand auf. Auch seine
beiden jungen Kollegen, die wortlos am Tisch gesessen waren, gingen wieder zu den
Experten der Spurensicherung zurück. Fronbauer rief dem Soko-Chef hinterher: »Aber
eine Hausdurchsuchung ist das nicht, was Sie bei mir hier veranstalten?«
Der drehte sich erstaunt um: »Keinesfalls,
wo denken Sie denn hin?«
In seinem weißen Dienstwagen war es brütend heiß. Häberle kurbelte
das Seitenfenster herab und startete den Motor. Während er den Wagen durch das vornehme
Villen-Viertel von Weiler rollen ließ, steckte er sein Handy in die Fernsprecheinrichtung
und wählte eine Nummer. Wenig später meldete sich Linkohr.
»Häberle hier«, sagte der Soko-Chef, »ich bin
in Weiler fertig. Was macht Ihr?«
»Wir sind auf dem Franzosenkübel. Dort haben
wir ein altes Fahrrad gefunden«, krächzte Linkohrs Stimme aus dem Lautsprecher.
»Ich werd’ verrückt …«
»Ein uraltes Ding. Irgendjemand hat’s über
den Zaun auf den Grünmasse-Sammelplatz geworfen. Da haut’s dir’s Blech weg.«
»Lasst es von der Spurensicherung holen.«
»Schon veranlasst, Chef. Aber es gibt noch
mehr Neuigkeiten: Ein Bauer hat uns einen Radständer gezeigt, den er bei der Wetterstation
gefunden hat.«
»Einen … was?«, fragte Häberle nach, während
er die Weiler Steige abwärts fuhr.
»Einen Dachständer fürs Auto. So ein Ding,
mit dem man Fahrräder transportieren kann.«
»Ach …« Häberle staunte und hatte Mühe, sich
auf die Straße zu konzentrieren, »wo ist das Teil?«
»Bei einem Bauern namens Geiger im Hof. Wir
lassen es auch von der Spurensicherung holen.«
»Und Sie haben gesagt, Fundort sei bei der
Wetterstation?«,vergewisserte sich Häberle.
»Ja, auf dem Wanderparkplatz, gegenüber der
Zufahrt zur Wetterstation.«
»Sagen Sie den Jungs von der Spurensicherung,
ich will so rasch wie möglich wissen, ob sie rauskriegen können, zu welchem Fahrzeugtyp
der Dachständer passt.«
»Okay, wird veranlasst. Wir kommen zurück.«
»Ich bin auch schon auf dem Weg zum Revier.
Ende.«
Ferdl und seine Frau Helga hatten ihre Schenke in der Burgruine Helfenstein
schon wieder geöffnet. Die Sonne knallte gnadenlos auf den Aussichtspunkt hoch über
der Stadt Geislingen. Ferdl hatte seinen Grill vor den Eingang der Schenke gestellt
und die ersten Bratwürste draufgelegt. Sie verbreiteten jenen Duft, der sich mit
Sommerfesten verband. Für Ferdl, den urigen Wirt mit der krachledernen Hose, gab
es an so schönen Tagen nur sein Gasthaus. Dann »feierte« er an seinem normalen Arbeitsplatz
Überstunden ab, um mit seiner Helga das kleine Ausflugslokal zu bewirtschaften.
Wenn es richtig sommerlich warm war, kamen die ersten Besucher bereits frühmorgens
herauf. Bus-Touristen zeigten sich ebenso dankbar, wenn sie ein Tässchen Kaffee
trinken konnten, wie die Wandersleute oder Schulklassen über ein erfrischendes Getränk.
Und wenn auf dem Turm die Fahne im Winde flatterte, dann wussten auch alle »Städter«,
dass »der Ferdl« oben war. Die Schenke hatte sich im Laufe der Jahre zu einem beliebten
Treffpunkt entwickelt, für Kommunalpolitiker und Geschäftsleute, die es sich tagsüber
leisten konnten, einen Abstecher dorthin zu machen.
Jetzt, kurz vor halb elf, hatten draußen auf
einer der Biertischgarnituren bereits zwei Stadträte Platz genommen: Peter Maile,
der Zwei-Zentner-Mann, der sein Geld mit Bestattungen verdiente und dem man nachsagte,
das Gras wachsen zu hören, und Volker Träuble, der Fraktions-Chef von den Konservativen.
Sie hatten sich jeweils ein Viertel Rotwein bestellt. Ferdl servierte
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