Himmelsfelsen
das Projekt über zwei
Straßenzüge ausgedehnt hätte, dazwischen die Schubartstraße.
»Und wie haben Sie sich entschieden?«, fragte
Häberle.
»Gar nicht«, wandte der Senior ein, »ich sagte
Ihnen doch, dass mein Herz am Wilden Westen hängt …«
»Aber da schien mir die Finanzierung, die Fronbauer
angeboten hat, anfangs jedenfalls zu windig zu sein«, warf sein Sohn ein.
Häberle zeigte sich dankbar für das offen geführte
Gespräch. »Meine Herrn, Sie haben mir sehr geholfen«, sagte er und stand auf.
»Ich hoffe, wir sehen uns mal bei anderen Anlässen«,
erwiderte der Senior und schüttelte ihm die Hand.
»Das hoffe ich auch«, sagte Häberle und verabschiedete
sich auch von dem Junior. Dann ging er durch das kühle Treppenhaus hinab, um beim
Verlassen des Schlosses von der sengenden Nachmittagshitze empfangen zu werden.
Während der Rückfahrt nach Geislingen meldete sich Häberle telefonisch
im Vorzimmer des Oberbürgermeisters Hartmut Schönmann. Der sei zwar gerade beschäftigt,
erklärte seine Sekretärin, war dann aber nach kurzer Rücksprache bereit, ihn zu
empfangen. Im Büro des Bürgermeisters kam Häberle dann ohne Umschweife zur Sache.
»Sie können sich denken, worum es geht«, begann
er, »diese unglückselige Sanierung der Langen Gasse …«
»Ja, ich hab’ mir die Akten schon mal kommen
lassen«. Der Bürgermeister deutete auf einige Aktenordner und Schnellhefter. »Mich
würde nur der Gang der Dinge interessieren«, erläuterte Häberle sein Anliegen, »da
lässt dieser Gerald Fronbauer also eine Planung vorlegen, die allem widerspricht,
was der Gemeinderat und die Verwaltung wollen?«
»So ist es. Deshalb waren wir ja alle so schockiert,
die meisten jedenfalls.«
»Und zu verhindern wäre das nicht?«
»Nur schwerlich«, erklärte der Rathauschef,
»wir haben es hier mit einem historischen Gebiet zu tun, für das es keinen Bebauungsplan
gibt. Wir bemühen uns seit Langem, hier etwas zuwege zu bringen, schon mein Vorgänger
hat sich daran versucht.«
»Der Gerald Fronbauer«, so kam Häberle wieder
auf den Kern seines Anliegens zu sprechen, »der hat still und heimlich aufgekauft,
was er brauchte?«
»Genau, und wenn wir jetzt sagen, er darf sein
Vorhaben nicht realisieren, wird er sagen, er habe in dem guten Glauben auf bisheriges
Recht investiert. Was glauben Sie, welche Schadensersatzforderungen da geltend gemacht
würden!?«
»Nicht mehr von ihm«, räumte Häberle leicht
ironisch ein.
»Aber von seinem Erben«, betonte Schönmann,
»der ist als Geschäftsmann ein harter Knochen.«
»Und der Bruder Fronbauer hat jetzt geerbt,
aber wohl noch mehr, wie wir ja wissen«, fuhr Häberle fort.
»Sehr richtig«, erklärte Schönmann und blätterte
in den Akten, um einen Lageplan auszubreiten. »Sehen Sie: Dies hier hat der Gerald
Fronbauer aufgekauft«, Schönmann umriss das Areal mit dem Kugelschreiber, »und das
hier hat Daniel Fronbauer sozusagen jetzt von seiner alten Tante geerbt«, Schönmanns
Kugelschreiber umrundete ein angrenzendes Karree, das nur durch die Schubartstraße
von dem anderen getrennt war.
»Ist doch ein merkwürdiger Zufall, dass zwei
Brüder angeblich unabhängig voneinander das gleiche Ziel verfolgen …«, überlegte
Häberle laut und fügte hinzu: »Der Daniel Fronbauer war natürlich als Stadtrat bestens
von den rechtlichen Möglichkeiten informiert.«
»Davon ist auszugehen«, bestätigte der Bürgermeister.
Als Häberle wieder in seinem Audi saß, an dessen Windschutzscheibe
noch kein Strafzettel wegen falschen Parkens hing, ließ er sich telefonisch von
Linkohr die Handynummer Fronbauers geben. Danach tippte er die Ziffern in sein Handy
ein. Fronbauer meldete sich rasch.
»Hier spricht Häberle, guten Tag, Herr Fronbauer«,
sagte der Kriminalist.
»Hallo, Herr Häberle, schön, Sie zu hören.«
»Wo sind Sie gerade?«, wollte Häberle wissen.
»Wo brennt’s denn?«, fragte Fronbauer locker
zurück. Er schien seine alte Fassung schon wieder gefunden zu haben.
»Nur noch ein paar kurze Fragen.«
»Ich bin gerade auf dem Helfenstein, in der
Schenke«, sagte Fronbauer.
»Okay, dann komm’ ich hoch«, sagte Häberle
und drückte die Aus-Taste, ohne auf eine Antwort zu warten.
Ein paar Minuten später parkte er seinen Audi
auf dem schattigen Wanderparkplatz am Ende der Weiler Steige. Von dort führte ein
kurzer Fußweg auf die Ruine hinaus. Schon als er über die hölzerne Brücke ging,
die den einstigen Burggraben überspannte,
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