Himmelsmechanik (German Edition)
zukünftigen Nachwuchs darstellen werde.
Sie lachte mit allem, was sie zum Lachen hatte, die Krümel der Herzchen an ihren Mundwinkeln sprangen hin und her, kleine freche Insekten.
Ich bin dermaßen alt, dass ich auf keinen Fall jemanden hier stören kann, und dann, wenn ich wirklich gefährlich werden könnte, bin ich von der Bildfläche verschwunden. Selbst wenn ich Vater sein wollte, es gibt keinen besseren Vater als einen abwesenden Vater. Und das wusste Nita, und deswegen drückte sie meine Hand an ihre Brust und beugte sich leicht zu mir hin, um sie zu küssen. Meine Hand mit den schlanken Fingern und der fast unversehrten Handfläche, eine Hand für feine Arbeiten. Und ihre sanften, mitleidsvollen Lippen, Lippen, die sich über das Thema der Liebe auslassen; jahrelang habe ich ihr verboten, dieses Wort zu benutzen, und sie hat gelernt, sich mit Zeichensprache zu behelfen.
Meinem Sohn und gegebenenfalls umso mehr meiner Tochter bin ich bereit, einen Vater zu wünschen, der im Ausland ist, um Krieg zu führen, anstatt einen Mann, der zu Hause herumläuft und sich widerspricht.
Am Morgen jenes ersten Tages der Schwangerschaft ließ sich der Omo Nudo, der nackte Mann, blicken; er klopfte an das kleine Fenster über der Spüle und begann, uns mit beiden Händen zu winken. Ehrlich gesagt war er dieses Mal nicht nackt. Ich sehe, er trägt ein weißes Hemd, ich sehe, er schwitzt, und ich höre, er nuschelt: Er wird wohl etwas Wichtiges zu erledigen haben. Nita hat ihn hereingebeten, und der Omo Nudo isst Mürbeteigherzchen und beklagt sich über die zuständigen Behörden: Er bleibt stehen, neben der offenen Tür. Draußen ist ein schöner Morgen, der Herbst ist frisch und trocken; oben in den Schluchten des Soraggio brennen die
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noch, und der Geruch des Kastanienröstens weht bis ins Haus, über die Reste an Herzchen und Kaffee und den Wildgeruch des Omo Nudo hinweg.
Denn, so denke ich, das Wesen der Vaterschaft liegt in der Entschiedenheit, der blöden, höchst verlässlichen Autorität. Aus diesem Grund kann der Körper eines Vaters, obwohl sein Geist auch notwendig ist, nur Quelle böser Überraschungen und Enttäuschungen sein. Angenommen, er käme nicht vom Krieg zurück, umso besser: Er könnte zum Mythos werden, vielleicht zur Legende. Eine Legende über mich würde ich nicht verachten. Mein Vater hat seine Legende; aber mein Vater hatte bei seiner Legende auch den Krieg und das Geheimnis auf seiner Seite.
Nita plauderte mit dem Omo Nudo, vergaß dabei aber nicht ihre neuen Brüste und richtete es so ein, dass ich sie in ihrer ganzen Herrlichkeit betrachten konnte, sobald ich den Blick von meinem letzten Herzchen wandte.
Der Omo Nudo ist ein schlimmer Verbrecher und wird von der Gesundheitspolizei des Bezirks verfolgt. Er ist illegaler Schweineschlachter und gedenkt nicht, irgendein entsprechendes Gesetz einzuhalten. Er ist ein Wiederholungstäter und renitent, doch an jenem Morgen war er kurz davor, gegenüber der Behörde klein beizugeben. Denn er hatte Angst vor dem Gefängnis, das sie ihm angedroht hatten, und fürchtete, dass sie ihm die Tiere stehlen würden, sobald er im Kittchen wäre. Und er hatte Angst vor der Hitze im Kittchen. Doch der Omo Nudo gibt nicht gerne klein bei. Auch ich gebe nicht gerne klein bei, und auch ich schlachte illegal; aber immer nur ein Schwein, und ohne renitent zu werden. Der Omo Nudo wird bald eine Legende sein, vielleicht noch bevor er stirbt, obwohl er schon sehr alt ist; ein Held ist er ja schon. Außer es würde etwas mit der Behörde passieren und er sollte wegen einer Gemeinheit bloßgestellt werden. Aber das wird nie geschehen.
Er hat keine Kinder, und für seine Legende sorgen wir; ich werde eine Tochter bekommen, darin ist Nita kategorisch, und die Sache wird etwas komplizierter werden. Einen Vater, wenn er wirklich ein guter Vater ist, beginnt man mit etwa vierzig Jahren gern zu haben, weil man dann schon an einen fernen Ort gegangen und wieder zurückgekehrt ist, und also wird es angebracht sein, dass ich bis dahin ein Vater zum Lieben bin. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass ich in der Zeit entfernt und in der Erinnerung vage bin; es wird Fotos geben, es wird Märchen geben, sie wird das Kommando führen, und wenige andere werden mithelfen dürfen.
Jedenfalls, so tapfer Nita und von so gutem Charakter meine Tochter auch sein werden, ich bin nie zu Fuß von Sachsenhausen bis hierher gegangen. Ich bin nicht einmal in Sachsenhausen gewesen, und
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