Himmelspfade - Engel weisen uns den Weg
den Himmel holen. Ohne unsere Seelen sind wir als Menschen nicht besser als das wildeste Tier und werden einander vernichten.«
Reglos stand ich vor Michael. Michael nahm mich in die Arme und tröstete mich. Ein paar Augenblicke später schenkte Michael mir ein sanftes Lächeln. »Gott liebt dich, Lorna.«
»Michael, ich muss dich etwas fragen«, sagte ich mit drängender Stimme. »Gott gibt uns nicht auf, oder?«
»Nein, Lorna. Das ist auch der zweite Grund, warum Gott einige seiner Kinder noch einmal zurückschickt, damit sie erneut als Menschen geboren werden. Manchmal reinkarniert Gott eine Seele, damit sie etwas wiedergutmacht, Hoffnung weckt oder Vertrauen aufbaut und dazu beiträgt, eine bessere Welt für die Menschheit zu erschaffen.« Und damit verschwand Michael.
Weder Michael noch ein anderer Engel hat alle Fragen beantwortet, die sich mir in Amsterdam zum Thema Reinkarnation stellten. Ich weiß immer noch nicht, warum mir in einem so kurzen Zeitraum mehrere reinkarnierte junge Menschen gezeigt wurden. Verändert sich etwas auf der Welt, oder hat es etwas mit Amsterdam zu tun? Die Engel antworten mir nicht immer gleich, wenn ich sie etwas frage, aber ich vertraue darauf, dass sie mir im Laufe der Zeit Antworten auf meine Fragen geben werden. Ich merke, dass sich mein Wissen ständig mehrt. Dazu tragen sowohl die Reisen als auch die Begegnungen mit Menschen bei – Verlegern, Journalisten, Lesern –, die mir Fragen zu Dingen stellen, über die ich bis zu dem Zeitpunkt noch nie nachgedacht habe. Bevor ich Engel in meinem Haar geschrieben hatte, wussten nur sehr wenige Menschen, was ich sehe. Daher hat mir früher niemand Fragen gestellt.
Ich genoss die paar Tage in Amsterdam, auch wenn ich dort viel arbeitete. Die Engel hatten recht behalten. Die reinkarnierten Seelen waren ebenso eine gelungene Überraschung wie das Vergnügen, eine mir vollkommen unbekannte Stadt zu entdecken. Am letzten Abend konnte ich eine Bootsfahrt in den Grachten machen. Es war wunderschön. Es wurde gerade dunkel, und die Lichter in den Gebäuden und an den Brücken gingen an. Manche Grachten waren so schmal, dass der Kapitän seine ganze Kunst einsetzen musste, um das Boot hindurchzumanövrieren. Nur ein einziges Mal stieß er gegen eine Mauer. Der Stadtführer wies auf eine Gasse hin, die »Das nie endende Gebet« heißt, weil sich einst so viele Klöster dort befanden. Mir gefällt der Name!
Kapitel 34
Die Völkerengel
Eines Tages ging ich von Engeln begleitet ein Stück am Fluss Nore bei Inistioge in Irland entlang. Dort kann man wunderschön spazieren gehen. Ich war circa einen knappen Kilometer gelaufen, hatte aber bisher nicht mit den Engeln gesprochen. Ich genoss das Alleinsein – nun ja, das Beinahe-Alleinsein. Ich blieb stehen, hob einen Stock auf und setzte mich auf einen Stein direkt am Fluss. Ich tippte mit dem Stock aufs Wasser, als sich völlig überraschend ein weiblicher Engel neben mich setzte. Ich erschrak so sehr, dass ich fast von dem Stein gefallen wäre. Sie fing mich auf und lachte mich dabei aus. Ihre Berührung war so zart und leicht, dass es beinahe so schien, als fasse sie durch mich hindurch, aber ich fand mein Gleichgewicht wieder.
Der Engel war wunderschön und durchsichtig wie das Wasser. Sie erinnerte mich an einen smaragdgrünen Schmetterling, der das Licht grün, gelb, blau und rot reflektierte – in allen Farben, die auch von einem Fluss oder See widergespiegelt werden können. Ihr Körper reichte bis in den Fluss hinein und wurde dort eins mit ihm. Sie war der »Geist des Wassers«. Ich freute mich sehr, sie zu sehen. Sie streckte ihre Hand aus und berührte meine. Meine Hand wurde nass und warm. Ich konnte ihre Liebe spüren. Ein paar Augenblicke später entzog sie mir ihre Hand wieder, und ihre Fingerspitzen nahmen jeden einzelnen Wassertropfen von meiner Hand mit fort. Danach war diese völlig trocken. Ich lächelte den Engel an. Dabei fiel mir wieder ein, wie es war, als ich sie zum ersten Mal gesehen hatte. Damals konnte ich immer nur einen kurzen Blick auf sie erhaschen. Ich war noch ein Kind und mit meinem Paps beim Angeln. Schemenhaft sah ich, wie sie sich durchs Wasser bewegte, manchmal sehr schnell, dann wieder ganz langsam. Aber egal, mit welcher Geschwindigkeit sie sich bewegte, sie war stets nur sehr schwer zu erkennen. Dann erinnerte ich mich an ein ganz besonderes Mal.
Ich war etwa sechs Jahre alt und mit meiner Familie am Meer. Ich rannte im seichten Wasser am Strand
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