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Die Flirtfalle

Die Flirtfalle

Titel: Die Flirtfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Juergens
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Kapitel 1
     
    D as Telefon läutete.
    Justin fühlte sich zu einem Zweikampf herausgefordert und begann ein Kinderlied zu singen.
    „Schatz, nicht doch. Sei still und iss dein Süppchen weiter … Schön, du hast gewonnen. Du kannst es lauter, hörst du?“, rief ich leicht gereizt, während ich zum Telefonhörer griff.  
    „Klein.“
    „Melanie?“
    „ Mum!“
    „Was ist los? Was hat mein Goldschätzchen wieder? Jedes Mal, wenn ich anrufe, ist er am Weinen.“
    „Mum, ich …“
    „ Du bist überfordert, ich weiß. Trotzdem darfst du nicht so mit dem Kind umgehen. Damals, da war ich auch in deiner Lage, nur dass ich weder Waschmaschine noch Mikrowelle oder elektrischen Brotschneider besaß, und trotzdem, trotzdem …“
    Ich trug das Telefon aus der Küche, presste den Hörer gegen meine Brust - Mutti hörte sich wie ein summendes Bienchen an - und redete mir ein, dass eine himmlische Ruhe jede einzelne Zelle meines Körpers erfüllt.
    „ … die Tante Katarina mit so viel Liebe genäht hatte“, hörte ich Mutti weiterreden. Heute war also die Geschichte dran, in der ich mit fünf Jahren die Wohnzimmergardine aufgeschnitten hatte, um Bastelstoff zu gewinnen. In dieser kritischen Konfliktsituation hatte Mutti vorbildliches Verhalten gezeigt und mich mit einer pädagogisch wertvollen Tirade über die Folgen meiner Übeltat bestraft.
    „ Melanie, ich bin in einer Stunde bei euch!“
    „ Mum, es ist Samstag, und wie du weißt, bin ich samstags mit Lisa verabredet. Wir fahren gleich zu ihr.“
    „Das macht nichts. Ich werde trotzdem kommen, deine Pflanzen gießen, den Kühlschrank auffüllen und etwas für euch kochen. Du bist viel zu mager und solltest mehr essen. Nun beruhige doch bitte mein Spätzlein. Es bricht mir das Herz, ihn so weinen zu hören.“
    „Justin weint nicht, er singt. Das tut er immer, wenn das Telefon klingelt !“
    „Ja, natürlich. Er singt. Und ich bin die Tochter von König Salomon!“ 
    Mutti überzeugen zu wollen, dass Justins Auftritt kein Weinen darstellte, oder dass ich nicht mager, sondern übergewichtig bin, wäre genau so sinnlos, wie der Versuch, einer Neunzigjährigen die Funktionsweise eines Smartphones zu erklären.
    Mutti war bereits in die nächste Geschichte vertieft, die sich 1973 zugetragen haben sollte und von irgendeiner Neil Diamond Schallplatte handelte, als ich den Hörer auflegte.
    „Schätzchen, du hörst mir jetzt genau zu!“
    Mein Sohn richtete seine wunderschönen kastanienbraunen Augen auf mich und schwieg.
    „Wenn das Telefon das nächste Mal klingelt, möchte ich keinen Mucks mehr hören! Schon gut. Iss nun deine Suppe weiter.“
    Justin dachte aber nicht daran. Jetzt weinte er wirklich los, kippte die Suppenschale um - die klebrige Flüssigkeit floss auf die Fliesen -, warf sich in die Matsche und begann einen qualvollen Todeskampf vorzutäuschen. Dass ich in dieser Situation die Ruhe bewahren konnte, war kein Zufall. Seit Jahren las ich Bücher über die richtige Kindererziehung, das Entwickeln der Fähigkeit, negative Empfindungen in positive Emotionen umzuwandeln, über Strategien zur Selbstbeherrschung und die Wunderwirkung der Meditation in Stresssituationen. Mit einem Wort – ich wusste Konfliktsituationen wie diese schnell zu bewältigen, huschte also ins Schlafzimmer, packte mein Frustkissen und schlug eine Weile kräftig darauf ein. Bald fühlte ich mich besser, warf das Kissen in die Ecke und konzentrierte mich auf die Yogaübung ‚Pranayama’ – eine Atemtechnik zum Stressabbau, bei der man nur durch ein Nasenloch zu atmen versucht, ohne das andere zu verschließen. 
    Entspannt und erfüllt mit Liebe zu allen Lebewesen dieser Welt , schlich ich mich aus dem Schlafzimmer, blieb im Flur stehen und horchte. Aus Erfahrung wusste ich, dass Stille kein gutes Omen war, also steckte ich rasch den Kopf durch die Küchentür. Justin saß auf dem Boden und verschmierte mit einem Putztuch die verschüttete Suppe. Beim näheren Hinsehen erkannte ich in dem Tuch mein Lieblingsshirt, das mein Kind nun bedauerlicherweise zu einem Putzlappen umfunktioniert hatte. 
    „Fertig! Sauber!“ sagte er und schenkte mir eines seiner charmantesten Lächeln. „Fahren wir zu Tante Lisa und Franka?“
    „Gleich, Schatz.“
    Ich trug das Kind ins Bad, ließ es unter laufendem Wasser auf dem Duschkabinenboden mit einer Quietschente spielen und beeilte mich, die Küche aufzuwischen.
    „Liebes, das mit dem Fußboden sauber machen hast du wunderbar

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