Himmelsschatten
Minuten«, meldete Pogo und riss Zack aus diesen flüchtigen Grübeleien – oder einem Nickerchen. Wenn das noch einmal passierte, musste er sich aus dem MedKit Dexedrine besorgen.
Er blinzelte und spähte wieder durchs Teleskop. Der unscharfe weiße Fleck, der die Brahma darstellte, schien anzuschwellen und danach an Helligkeit abzunehmen. Das Raumschiff der Koalition besaß einen zylindrischen Rumpf, und selbst wenn es rotierte, durfte es nicht mal heller, mal dunkler werden. »Pogo, siehst du eine Spur von einem Halo um die Brahma ?«
»Tut mir leid, habe gerade einen anderen Schirm eingeschaltet …«
»Wie läuft es mit unserem Streich?« Yvonne Hall tauchte aus dem Andocktunnel zwischen der Venture und der Destiny auf; sie trug ihren schweren weißen EVA -Anzug ohne den Helm.
»Vorsicht!«, warnte Zack. »Ein halbes Dutzend Mikrofone sind an.« Er wackelte mit beiden Händen, die Zeigefinger ausgestreckt. »Man weiß nie, wer was mitkriegt.«
Yvonne riss die Augen auf. Sie war eine afro-amerikanische Ingenieurin, die am Cape mit dem Startteam der Saturn zusammengearbeitet hatte, und eindeutig nicht daran gewöhnt, dass man sie kritisierte. Noch so etwas, das Zack daran erinnerte, dass Yvonne, Patrick, ja nicht einmal Tea Zacks ursprüngliche Crew waren.
»Hey, Sportsfreunde.« Tea gesellte sich zu ihnen, in der Hand einen Schokoriegel und eine Tüte Studentenfutter. Blond, sportlich durchtrainiert, durch und durch Amerikanerin, gehörte sie zu der Klasse Frauen, die in jeder Astronautengruppe zu finden waren. Insgeheim vermutete Zack, dass die NASA ganz bewusst diese Typen auswählte, die große Schwester, die aufpasst, dass sich alle gesittet benehmen. »Möchte noch jemand einen Snack, ehe wir die Zündung einleiten?«
Yvonne nahm sich das Studentenfutter und zog sich in Richtung von Pogos schwebendem EVA -Anzug. »Bist du jetzt bereit, deine Rüstung anzulegen, Colonel Downey?«
Unterdessen schickte Tea Zack einen Schokoriegel rüber. »Hier. Iss einen Happen, und dann zieh dich an.«
Zack ließ es zu, dass Tea ihn und seinen Anzug im wahrsten Sinne des Wortes durch den Zugangstunnel abschleppte. Sich in der Luft drehend und kreiselnd orien tierte er sich akkurat in der Kabine der Venture , ein Zylinder mit einem Kontrollpanel und Sichtfenstern am vorderen Ende und einer Luftschleusenluke hinten. »Wie ist unsere Kom-Situation?«
»Du wirst begeistert sein.« Tea lächelte und berührte einen Schalter auf dem Panel, damit Zack den NASA -Kommentator für öffentliche Angelegenheiten hören konnte. »… Wegen Tracking-Beeinträchtigungen im austra lischen Standort ist während der nächsten fünfzehn Minuten keine direkte Kommunikation mit der Destiny-7 möglich. Die Crew befindet sich nicht in Gefahr und wird die Zündung planmäßig vornehmen .«
»Diese Typen sind gut«, meinte Zack.
»Wir sind alle gut, Liebling. Und du wirst noch besser werden, wenn du dich etwas ausruhst.« Tea wusste, wie lange er nicht geschlafen hatte.
»Bist du jetzt meine Krankenschwester?«
»Mir fällt bloß auf, dass du ein bisschen zielfixiert wirst.« Mit diesem Begriff bezeichnete Mission Control in Houston einen Techniker, der sich in ein Problem dermaßen verbiss, dass er sämtliche Bedürfnisse seines Körpers ignorierte – er aß nicht, schlief nicht und war nicht mehr zu vernünftigem Handeln fähig.
Aber Tea hütete sich, ausführlicher auf dieses Thema einzugehen. Sie musste sich auf die knifflige Aufgabe konzentrieren, Zack in seinen EVA -Anzug zu helfen, ein Prozess, der körperliche Geschmeidigkeit sowie rohe Kraft erforderte und meistens länger als zehn Minuten dauerte. »Und du wirkst auf einmal so zugeknöpft.«
»T minus fünfzehn«, rief Pogo von der anderen Seite des Tunnels. »Ziehen wir nun dieses Vorteildings durch oder was?«
Erst als er angeschnallt auf seiner Liege in der zweiten Reihe neben Yvonne lag, hinter den beiden Liegen, die von Pogo, dem eigentlichen Piloten, und Tea, der Flugingenieurin, eingenommen wurden, erlaubte Zack es sich zu entspannen.
Tea streckte den Arm nach hinten, nahm seine Hand und drückte sie fest. Eine simple Geste, die ihm die Tränen in die Augen trieb … teils vor Übermüdung, teils vor Anspannung, aber in erster Linie, weil er an die sonderbaren Ereignisse denken musste, die dafür gesorgt hatten, dass er sich in diesem Moment überhaupt hier befand. Die Ereignisse der letzten zwei Jahre …
Wo steckte Rachel jetzt? Beobachtete seine Tochter den
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