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Himmelsschatten

Himmelsschatten

Titel: Himmelsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cassutt , David S. Goyer
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freundlich und umgänglich, nur nicht auf diesem Ausflug. Megan atmete auf, als sie sah, dass sie sich vorübergehend wieder mittels ihres Tablet-Computers in den gemeinschaftlichen E-Space begeben hatte. »Ach ja, diese Teenager …«, murmelte sie so leise, dass nur Harley sie verstehen konnte.
    Aber da hatte sie sich getäuscht. Rachel riss die Augen auf und äffte ihre Mutter in verächtlichem, perfektem Tonfall nach: » Ooooh , diese Teenager!«
    Für gewöhnlich hätte Megan diese Unverschämtheit mit einem scharfen Tadel quittiert, aber heute ließ sie es durchgehen. Der Grund für Rachels Patzigkeit und ihre Abneigung gegen Harley war Angst; sie fürchtete, ihr Vater, Megans Ehemann Zachary Stewart, könnte während der Destiny -5 -Mission umkommen, dem ersten bemannten Flug zum Mond im einundzwanzigsten Jahrhundert.
    Vor fünf Jahren, als Zack zum ersten Mal mit einer russischen Sojus in den Erdorbit geflogen war, war Rachel noch zu klein gewesen, um die Gefahren einschätzen zu können. Doch aus dem Alter war sie heraus. Obwohl ein Teeanger in der eng zusammengeschweißten Astronauten- Gemeinschaft in Houston nicht von schlimmen Erinnerungen gequält wurde – so wie ihr Nachbar, ein Erwachsener, dessen Vater beim Challenger -Unglück ums Leben kam –, gestaltete sich dieser Ausflug als eine Konfrontation mit den Risiken der Raumfahrt. Im Augenblick fuhren sie auf einem Teilstück der State Road 405, das Columbia Boulevard hieß, benannt nach einer anderen NASA -Tragödie mit tödlichem Ausgang. Hatte Rachel den Abzweig zur Roger Chaffee Street bemerkt? Chaffee gehörte zu den Apollo-Astronauten, die 1967 bei einem Feuer den Tod fanden …
    Während sie am Flughafen vorbeikrochen und sich langsam dem Damm über dem Banana River näherten, lag rechts von ihnen die Astronaut Hall of Fame mit ihrer Gedenktafel – einem großen Spiegel aus schwarzem Granit, auf dem die Namen sämtlicher Astronauten verewigt waren, die entweder auf Missionen oder im Training den Tod gefunden hatten. Bis jetzt hatte es dreißig Opfer gegeben.
    Megan hatte kurz mit einem Stand-up vor dem gigantischen Spiegel geliebäugelt, in der Ferne die beiden Startrampen, es sich aber dann anders überlegt. Die Idee an sich war gut, aber nicht auf diesem Ausflug. Nicht im Beisein ihrer verängstigten Tochter.
    Außerdem hatte sie ihre eigenen nächtlichen Panikattacken, gegen die sie ankämpfen musste. Sie träumte oft, dass Zack zehn Meilen tief fiel und dann beim Aufprall auf die glatte Atlantikoberfläche zerschmettert wurde. Oder auf irgendeinem Felssporn am Shackleton-Krater stolperte, abstürzte und sein Sauerstoff und sein Leben durch einen Riss in seinem Anzug nach draußen ins Vakuum sickerten. Oder beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verbrannte: Das Innere der Destiny wurde plötzlich gelb, dann rot, dann löste es sich auf … Oder sie träumte von irgendeiner anderen der zahllosen Möglichkeiten, die einen Astronauten während eines Raumflugs umbringen konnten.
    Am entsetzlichsten wären die letzten Augenblicke, in denen man sich fragte: Ist es jetzt so weit? War das mein gan zes Leben? Es ging so schnell vorüber! Was habe ich erreicht ?
    »Du kriegst schon wieder diesen Ausdruck«, sagte Harley.
    »Was meinst du damit?«
    »Du wirst plötzlich ganz still. Deine Augen weiten sich.« Mit einem Kopfnicken deutete er auf ihre Hände. »Und du fängst an, deine Fingernägel in die Handflächen zu graben.«
    »Ich darf doch wohl zeigen, dass ich ein bisschen gestresst bin.«
    »Richtig. Und meine Aufgabe ist es, dich dann abzulenken.«
    »Obwohl es nichts an der Situation ändert.«
    »Aber es hilft, Ängste abzubauen. Und verhindert, dass deine Konkurrenz von dir YouTube-Material kriegt.«
    Mit den Lippen formte Megan die Worte Leck mich . Sie mochte Harley lieber als die meisten von Zacks oftmals unerträglichen, selbstgefälligen Astronauten-Kollegen. Aber nicht heute, nicht in dieser Woche. Harley agierte als der Crew Assist and Casualty Officer – der Astronaut, den Zack und Megan dazu bestimmt hatten, in der Woche vor dem Start der Destiny bei so profanen Angelegenheiten wie Reisen und dem Finden einer Unterkunft zu helfen. Bei der NASA galt die Regel: Jedes Crewmitglied suchte sich einen » CACO « aus.
    Bis jetzt hatte sich Harley als großartiger Reiseagent erwiesen und hatte für Megan und Rachel in Titusville ein Apartment organisiert, das einem Freund der Familie gehörte.
    Aber sollte etwas fürchterlich

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