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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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an.
    „Ja, er erinnert mich an jemanden ...“
    Ich ließ eine kleine Pause. Luisa sah mich erwartungsvoll an. Dann sagte ich:
    „ … an Barbie-Ken!“
    Luisa gab ein enttäuschtes Prusten von sich. Für einen Moment hatte sie gehofft, auf einer heißen Spur zu sein, aber ich kam nur wieder mit Albernheiten.
    „Okay, dann geh mal zum Arzt. Ich hoffe, du bist gegen einen Schulmediziner nicht genauso resistent“, stichelte sie. Ich war definitiv ihr schwierigster Fall.
    „Ich streng mich an.“
    „Tust du nicht“, gab sie zurück.
    Ich umarmte Luisa kurz. Sie wünschte mir gute Besserung und ich machte mich auf den Weg.
    ***
    Es war ein sonniger Tag. Mit jedem Schritt fühlte ich mich besser. Meine Hände wurden wieder warm, meine Stirn kühl und trocken. Trotzdem machte ich mir Sorgen. So begann keine Grippe und so schnell war auch keine Grippe vorüber. Tim ging mir nicht aus dem Kopf. Die Augen … Hing doch alles mit ihm zusammen? Aber was konnte es sein? Dann kam mir eine Idee: Vielleicht war er auf Koks und ich hatte es gemerkt. Solche Leute konnten eine verwirrende Ausstrahlung haben. Ich kam vor unserer Haustür an und zögerte. Würde ich hochgehen, würde Delia sofort unseren Hausarzt Dr. Pötsch anrufen und mich aufs Sofa zwingen. Ich fühlte mich aber wieder gesund. Ich würde als Simulantin dastehen. Vielleicht sollte ich einfach zurück in die Schule gehen? Aber wie sah das aus? Ich gestand mir ein, Angst davor zu haben, erneut vor Tim zu stehen und dann plötzlich wieder Fieber zu bekommen. Eine irrationale Angst, aber sie beherrschte mich. Ich beschloss, an der frischen Luft zu bleiben und bis zur Erschöpfung durch die Stadt zu spazieren, so wie ich es immer tat, wenn ich mich innerlich von etwas befreien musste.
     
    Ich lief eine Weile ziellos durch die Straßen. Links und rechts sanierte Altbauten, eine Kneipe neben der anderen. Ich kam am „Al Hamra“ vorbei und sofort fiel mir meine Chatfreundin Atropa ein. Mit Atropa chatten wäre jetzt genau das Richtige.
    Das „Al Hamra“ war eine Kneipe, die auch bei hellstem Tageslicht schummrig blieb und mit einigen Kerzenstummeln auf den alten Holztischen und drei bis vier blau flackernden Bildschirmen ein wenig wirkte, als wäre sie der Vorraum zu einer anderen Welt. Hier flüchtete ich öfter hin, wenn Delia fand, ich würde zu viel vorm Computer hocken und sie mir meinen Laptop bis zum nächsten Tag abnahm. Sie hielt nichts davon, dass ich stundenlang mit einer Person chattete, die ich noch nie im Leben gesehen hatte und von der ich noch nicht mal wusste, wie alt sie war und wo sie wohnte. Das hatte man davon, wenn man Delia aus Versehen etwas aus seinem Leben erzählte.
    „Im Gegensatz zu Dir kann ich mit ihr dafür über alles reden“, hatte ich Delia einmal wütend entgegen geschleudert, als Atropa und ich uns gerade über ein spannendes Thema austauschten und Delia dazwischenfunkte. Da war sie verstummt und mir tat es leid. Trotzdem stimmte es. Ich verstand nichts von Delias Welt und sie nichts von meiner. Ich war nicht hübsch, so wie Delia, also musste mein Leben einen anderen Inhalt erhalten. Wir redeten seitdem nicht mehr darüber, was ich am Computer tat. Sie nahm ihn mir einfach nur hin und wieder weg, wenn ich mich zu wenig in unserer überdimensionierten Küche mit Wohnlandschaft blicken ließ.
    Ich ließ mir eine Apfelschorle bringen und loggte mich ein. Der Besitzer der Kneipe stellte nie komische Fragen oder machte blöde Sprüche von wegen, ob die Schule schon aus sei oder so was. Er verstand, dass jeder sein Leben alleine leben musste. Er war in Ordnung.
    Atropa war „on“. Sie war so gut wie immer „on“. Wie machte sie das bloß? Ich nahm an, dass sie etwas älter war als ich und einen Job am PC hatte oder sie arbeitete von Zuhause aus und ließ das Ding immer laufen. Jedenfalls musste sie über achtzehn sein, denn ihr stellte nie einer den Hahn ab. Manchmal wirkte sie sogar wie 40, weil sie so alte 80er Jahre Sprache benutzte, aber vielleicht war sie auch nur „retro“. Über so was redeten wir jedenfalls nicht.
     
    Atropa: kira! so früh schon on?!
    Kira: mir ist was abartiges passiert …
    Atropa: schieß los …
     
    Ich erzählte Atropa, was sich ereignet hatte, bis ins Detail. Sie wollte alles genau wissen. Mit Atropa konnte ich mich wunderbar über irrationale Dinge auslassen, anders als mit Luisa. Luisa war immer so analytisch. Sie war sich zum Beispiel sicher, dass jemand, der sich Atropa nannte, Drogen

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