Himmlisch Verliebt
macht. Und Ben ist eigentlich immer hellwach, wenn ich von der Schule komme. Außer … »War heute wieder ein Schulausflug?«, frage ich hoffnungsvoll.
Mum schüttelt den Kopf.
»Hat er eine Infektion?«, frage ich, mein Herz schlägt schneller. Mum nickt.
Brustinfektionen lauern bei uns wie Alligatoren unter dem Bett. Nur lassen sie sich leider nicht so leicht vertreiben.
Mum sieht müde aus. Sie hat wahrscheinlich den ganzen Tag nach Ben gesehen, ohne eine Pause einzulegen.
»Ich mache heute Abend mit ihm seine Physio«, biete ich an.
Sie streicht sich besorgt über ihre Stirn. »Aber er ist brummelig, wenn er eine Erkältung hat«, erinnert sie mich.
»Ich muntere ihn auf«, verspreche ich fröhlich.
*********
Ich muss zweimal vom Kipptisch fallen, um ihn zum Lachen zu bringen, doch das ist es wert. Mum hat sich hingelegt, und Dad kocht das Abendessen. Ben liegt auf seinem Tisch und sieht blass aus. Nach dem Inhalieren musste er sich übergeben, aber jetzt kichert er. Ich will ihn schnappen und ihn festhalten, als könnte Umarmen die Keime von seiner schwachen Lunge abhalten. Bloß wird Umarmen nichts helfen. So zeige ich ihm nur, wie große Angst ich um ihn habe.
Ich kann Dad unten singen hören. Er grillt Burger. Ob Ben die aufgesetzte Fröhlichkeit durchschaut, die wir an den Tag legen, wenn er krank ist? Ich frage mich, ob er es spürt, wenn sich das Universum um ihn herum zusammenzieht.
»Fertig?« Ich stehe auf und rolle meine Ärmel hoch, um zu klopfen.
Ben wälzt sich auf dem Tisch hin und her. »Jep.« Sein Atem ist schwer, als wäre die kleinste Bewegung noch so anstrengend.
Ich fange an, seine Brust vorsichtig abzuklopfen. Er fühlt sich heiß an. Bestimmt hat er Fieber. Ich mache weiter, während meine Gedanken abschweifen.
Plötzlich habe ich eine Idee. Ich könnte einen Artikel darüber schreiben, wie das Familienleben aussieht, wenn jemand an einer ernsthaften Krankheit leidet. Niemand weiß, wie ich lebe, was ich denke oder fühle, wenn es um Ben geht. Sie wissen nicht, dass es mich eigentlich überhaupt nicht interessiert, ob meine Haare jeden Tag hammermäßig aussehen. Ich beschwere mich über meine dummen Locken, doch tief in meinem Inneren weiß ich, dass es darauf nicht ankommt. Ich habe auf einmal das Gefühl, als müsste ich das jemandem mitteilen. Es ist wichtig für mich und wichtig für die
Webzin
-Leser. Wir versuchen alle, so perfekt zu erscheinen, dabei ist das Leben nicht perfekt – wir sind nicht perfekt. Und selbst der bestgestylte Tag deines Lebens wird keine Veränderung herbeiführen, die wirklich wichtig ist.
Nur, wie soll ich Cindy dazu bringen, einen ernsthaften Artikel zu veröffentlichen, wenn sie all meine Ideen zurückschmettert wie ein Wimbledon-Champion Tennisbälle?
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AM NÄCHSTEN MORGEN geht es Ben noch nicht besser. Aber die Infektion ist auch nicht schlimmer geworden, deshalb schickt Mum mich zur Schule. Bevor ich losgehe, muss sie mir allerdings hoch und heilig versprechen, mir eine SMS zu schreiben, sobald sich sein Zustand verändert.
Als Tracy und ich bei der Schule angelangt sind, kommen wir an einer Gruppe von Zehntklässlern vorbei, die am Tor stehen und in eine Unterhaltung vertieft sind.
»Das ist Jessica Jupiter«, höre ich einen von ihnen sagen, und ich erstarre. Woher weiß er, dass ich Jessica bin?
»Offensichtlich hat sie gesagt, Stiere hätten eine Beziehung nach der anderen, oder so ähnlich, darum, hat Michelle gemeint, will sie mich nicht mehr sehen.«
Ich atme erleichtert auf. Sie wissen gar nicht, dass ich Jessica bin. Dann denke ich an mein Horoskop für den Stier: Es ist Zeit für dich, endlich den Stall zu verlassen und dein Spiel des Lebens zu wagen. Ich hatte dabei an das Schulteam gedacht, das sein Spiel vor sich hat, und an Jeff, der gerade Tracy trainiert.
»Na, sie hat meiner Schwester erzählt, sie solle wieder mit dem Stricken anfangen. Anstatt mir ein Geburtstagsgeschenk zu kaufen, plant sie jetzt, mir etwas ganz Besonderes und Einzigartiges selbst zu machen, das ich auf meiner Party tragen kann. Es wird furchtbar, ich weiß es!«, sagt der andere Junge mit entsetztem Gesichtsausdruck.
Schnell gehe ich im Kopf die Horoskope für diese Woche durch. Seine Schwester muss ein Zwilling sein: Ein Stich zur rechten Zeit erhält das ganze Kleid hatte ich geschrieben, als ich darüber nachdachte, welche Sprichwörter Jessica wohl benutzen würde.
»Warum glauben Mädchen an so ein Zeug?«, fragt der erste
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