Hinter dem Vorhang
Wochen erneut vor der Türe. Abgesehen davon dass er sich jetzt mit
dieser nervenaufreibenden Person im Zimmer nebenan unterhielt. Jezz konnte sich mit dem
Gedanken nicht anfreunden, aber wenn er näher darüber nachdachte. Warum war er selbst eigentlich
noch hier? Jeder der Anderen hatte sich aus einem persönlichen Grund heraus angeschlossen, weil
dieses Feindbild für sie nicht nur ein hypothetisches Konstrukt war, sondern weil sie für sich selbst
eine direkte Bedrohung gesehen hatten. Aber er? Er hatte mit diesem Konflikt nichts zu tun. An ihn
war Niemand herangetreten... und dann war er doch einer derjenigen die schon am längsten in der
Geschichte steckten. Für was? Weshalb? Aus Verbundenheit. Wenn das den Anderen erklären
würde, die würden wohl Lachen und es nicht glauben. Jezz löste den Kopf vom kalten Glas, lehnte
sich stattdessen mit dem Rücken dagegen um langsam nach unten zu rutschen und dort am Boden
zum Sitzen zu kommen. Ein kurzes, spöttisches Lächeln schlich sich auf die Lippen. Vielleicht war
er hier ja doch der Pausenclown...
Draußen auf dem Flur ging eine Türe. Nein nicht die zum Raum gegenüber, es war die Haustür, die
um einiges schwerer war und nun mit einem tiefen Seufzen wieder in ihre Ausgangsposition fiel.
Das Knarren der Dielen war etwas leiser, aber in dem im Moment so stillen Haus drang es beinahe
ohrenbetäubend laut durch die dünnen Wände. Noch eine Türe wurde geöffnet, diesmal war es jene,
die in das mehr oder minder gemütliche Wohnzimmer führte und kurz darauf wieder geschlossen.
Hatten sie ihn entdeckt? Wohl kaum, aber da auch sie den Lichtschalter nicht betätigten war es
wenig verwunderlich. Jezz konnte sie von seiner Position relativ gut erkennen, aber er machte sich
nicht die Mühe etwas sehen zu wollen, im Gegenteil er schloss mit einem gedanklichen Seufzer die
Augen. "Das ist nicht wirklich zu unsrem Vorteil. Nein eigentlich sind die Aussicht sogar recht
schlecht. Ich bezweifle, dass er einem Gespräch zustimmen wird." Die Stimme, die erklang war
glatt, trug den typisch steifen englischen Akzent und gehörte ziemlich eindeutig einem Mann:
Steven Coldoor. Vermutlich war es auch dieser, der sich jetzt durch den Raum bewegte, wenige
Sekunden später folgte ein leises Knarren als er auf einem der Sitzgelegenheiten platz nahm. Als
Jezz die Augen wieder aufschlug konnte er Steven sogar genauer erkennen. Dieser hatte den Laptop
auf dem schmalen Couchtisch abgestellt, war gerade dabei ihn auf zuklappen, die tief braunen
Augen sogen sich über die schmalen Brillengläser hinweg auf dem Display fest, während er sich auf
dem Sofa ein wenig zurück lehnte, ohne dabei tatsächlich lässig zu wirken. Das war eines der
‚Talente‘, das er besaß. Unglaublich steif zu wirken, was auch immer er tat. Vielleicht hatte er
irgendwann einmal einen Besen verschluckt. "Ich... würde es auch nicht tun, wenn ich die Wahl
hätte.", antwortete eine melodisch klingende Frauenstimme, etwas zeitversetzt und Steven ließ sich
dazu herab den Blick wieder anzuheben. Dabei schlich sich ein schmales Lächeln auf die dünnen
Lippen. Die Antwort missfiel ihm, wie ihm wohl der ganze Abend nicht gefallen hatte, aber Steven
war zu professionell um sich Ärgernisse wirklich anmerken zu lassen. Aber man kannte ihn gut
genug um zu sehen, dass dieses Lächeln kein echtes Lächeln war, sondern ziemlich abfällig wirkte.
Wieder Schritte die sich über den alten Teppich des Wohnraums bewegten und aus den Konturen
der zweiten Person wurde eine Frau, ebenso adrett gekleidet wie Steven, dennoch besaß sie eine
gänzlich andere Ausstrahlung. Zwar distanziert, doch freundlich, was wohl auch an ihrem Äußeren
lag. Sally McDean war eine kleine, zierliche Person mit langem, welligen Haar das wie fließendes
Feuer über ihre schmalen Schultern fiel. Das Gesicht glich dem einer handgearbeiteten
Porzelanpuppe und Sally verstand es diesen Ausdruck noch weiter zu verstärken. Helle Haut,
große grüne Augen und rote geschwungene Lippen, die sich jetzt zu einem schwachen Lächeln
kräuselten. Die Ernsthaftigkeit in ihrem Blick wich dadurch allerdings kein Stück. "Diplomatie ist
eine Sache, aber mit Bestien verhandelt man nicht und du Steven weißt ganz genau zu was er fähig
ist..." "Natürlich.", fiel er ihr ins Wort, die Hände vor dem Bauch faltend. "Dennoch halte ich es für
ratsam zumindest den Versuch zu unternehmen, zumal Mister Resory mit Sicherheit nicht
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