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Hinter dem Vorhang

Hinter dem Vorhang

Titel: Hinter dem Vorhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Emberton
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Nebelschwaden die sich wie Spinnweben zwischen dem
    Geäst ausbreiteten. Kälte die durch die feuchte Kleidung in die bleiernen, kühlen Glieder kroch. Die Orientierung hatte er verloren. Sooft er die Augen geschlossen und wieder geöffnet hatte, das Bild war das Gleiche geblieben. Die entstellten Körper, die in teilweiser grotesken Haltung auf dem
    Boden lagen. Der Geruch von Schwefel, frischem Blut und süßem Tod. Das war das einzige das
    etwas in ihm berührte, das etwas berührte, was vorher noch nicht da gewesen war. Zuerst hätte man meinen können es wäre Erschrecken obgleich der Szene, doch es war etwas anderes. Etwas tiefer liegenderes, etwas grauenvolleres. Er war gelaufen, gestolpert, weggelaufen,
    davongelaufen, vor der Szenerie, vor dem was sich da zu regen begann. Die Beine waren schwer, so
    schwer dass er Mühe hatte weiterhin aufrecht zu gehen. Mehr als einmal strauchelte er, fiel auf die
    Knie, doch Laurent stemmte sich wieder in die Höhe. Weiter immer weiter durch das Unterholz, bis
    seine Beine ihm erneut den Dienst versagten. Warum war hier Niemand? Warum hörte man nichts?
    Nicht einmal die Tiere, die sonst den Wald bevölkerten? Nichts. Nichts bis auf das beständige
    Raunen des Windes, der durch die Baumwipfel strich. Ganz als sei die Umgebung tot, als wäre das
    um ihn herum nicht mehr als ein zunehmend verbleichendes Zerrbild der Realität. Vielleicht war er
    doch gestorben und der Vorhof der Hölle die sterbende Umgebung in der man sich zuletzt befand.
    Seine Finger glitten in das lockere Erdreich, doch es war nicht nur Erde, das die Fingerspitzen
    ertasteten. Langsam hob er den Blick an, der erstaunlich scharf jedes Detail wahrnahm, ganz als
    hätte jemand die Umrisse nach gezeichnet um jedes Objekt, jedes Korn hervorzuheben. Jedes
    Strähne des gelockten Haares das stellenweise, dort wo das fahle Mondlicht es traf rötlich
    schimmerte. Die feinen Gesichtszüge einer Frau mittleren Alters. Die seidigen Wimpern der
    geschlossenen Augen. Das schmale Lächeln, das sich in den Mundwinkeln zu feinen Fältchen
    kräuselte. Die fließenden Falten des hochgeschlossenen, langen Kleides, das hier und da von
    Schmutz bedeckt war. Die blutigen Flecken auf dem Oberkörper, Stellen an denen der Stoff
    aufgerissen, ja teilweise angesengt erschien, wie das Fleisch das sich darunter befand. Die Lache
    von Blut, die sich unter ihr gesammelt hatte, das bereits im Erdboden versickert war. Laurent
    streckte eine Hand nach dem Gesicht aus, fuhr mit den Fingerspitzen über die bereits erkaltete
    Haut. Sie war stets freundlich gewesen, aber noch nie hatte er ein derartiges Lächeln auf ihren
    Lippen gesehen. Eines das so ehrlich, so warm wirkte, so voller Zuversicht. Seine Finger glitten
    zitternd durch das lockige Haar, das dem seinen so unähnlich war. Und doch handelte es sich um
    Rosalie de Matjé, um seine Mutter die regungslos, die tot auf dem Boden lag. Plötzlich begann die
    Leere sich zu füllen, rasend schnell, als würden als die zuvor erstickten Emotionen nun mit einem
    Schlag explodieren. Ein grässlicher Schmerz, der nicht körperlichen Ursprungs war begann sich
    auszubreiten, mit atemberaubender Geschwindigkeit, die jegliches denken lähmte. Laurent keuchte
    zunächst, ehe im nächsten Moment ein Brüllen über seine Lippen brach, dessen Echo weit durch
    den gespenstisch stillen Wald drang. Das davon getragen wurde und von Sekunde zu Sekunde an
    menschlichen Klang verlor.

    Zeit. Zeit ist etwas sehr relatives, besonders wenn man meint das Gefühl dafür verloren zu haben,
    als auch das Gespür für den eigenen Leib, die eigenen Gedanken, das eigene Bewusstsein. All das
    war ihm entglitten. Die Zeitspanne zwischen dem, was sich in dieser Nacht im Wald abgespielt hatte und jetzt, da sein Verstand abermals nur zäh den Rückweg in das Jetzt fand war für ihn verloren.
    Wie ein dichter Nebel aus Schwärze, der sich nur ganz langsam zu lichten begann. Stück für Stück
    zog sich der dunkle Schleier, der sich über seine Augen gelegt hatte zurück, gab den Blick frei für
    das was um ihn war, im Gleichen Zuge indem er auch wieder ein bewusstes Gefühl für den Körper
    erlangte. Nicht wie da, als er auf dem feuchtem Waldgrund erwachte, nein diesmal ging es schneller
    und binnen weniger Sekunden war sein Geist klar. Mit Mühe stemmte er sich eine sitzende Position.
    Es fiel schwer und Laurent fühlte sich seltsam benommen, eine seltsame Mischung aus einer Art
    Schlaftrunkenheit und der selben Schwere

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