Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)
Stöße, die der kolumbianische Partygast benötigt hatte, um ihr den Goldenen Schuss zu setzen, und Kettensägen-Leatherface hier rüttelte nun schon seit Minuten an ihr herum und schien dabei in ihr immer größer zu werden wie ein Kaktus, der mit heißem Senfgas aufgeblasen wurde.
Sie schlug mit den Ellenbogen rückwärts nach ihm, wand sich, jaulte und schrie, aber er riss ihr fast beide Schulterblätter auseinander mit seinen tätowierten Armen, presste sie so fest gegen das raue Blech, dass sie bei jeder Bewegung wie über Sandpapier schleifte, und wurde grunzend immer schneller. Diana spürte, wie ihr Gesicht vor Tränen aufweichte und aufquoll. Sie war ein normales Mädchen gewesen in Berlin, ein braves Mädchen sogar, sie hatte studiert, Kunstgeschichte, an der HdK, im vierten Semester, bis zu jenem Abend auf der Party und der routinemäßigen Diagnose eine Woche später, die ein neuer Freund achselzuckend und ist-doch-nichts-Besonderes-dabei-lächelnd von ihr verlangt hatte, bevor er mit ihr schlafen wollte, und sie aus süßer doofer Jungmädchenliebe ihm zuliebe dorthin gegangen war und noch wusste, wie sie gedacht hatte: Das ist ein Vorsichtiger, der bleibt mir bestimmt treu. Jetzt konnte sie sich nicht einmal mehr an seinen Namen erinnern, geschweige denn an sein Gesicht.
Mit einem saugenden Schmerz, der sie in den Knien einknicken und sabbernd an der endlosen Ausbrecherfeile nach unten schrammen ließ, wurde Freier 12 hart aus ihren Eingeweiden gerissen, knurrte verblüfft, dröhnte metallisch, schnaubte rasselnd Blut pferdeartig durch die Nase und rauschte krachend rückwärts in den Gassenmüll, blieb liegen. Diana, hockend, Blutfäden ausscheidend, sah mit einem regelrecht verschüchternden Blick einen jungen Burschen mit einer gebogenen Eisenstange über ihr stehen. Sie erkannte ihn sogar. Er war mit ihr in allen drei Flugzeugen gewesen, hatte sich bei der dritten und letzten Landung vollgereihert und trug nun ein neues, schlabbriges Baumwollhemd, das er sich wohl hier gekauft hatte. Er reichte ihr die Hand, ohne zu lächeln. Freier 12 lag hinten auf dem Bauch – sie hoffte, dass er sich beim Sturz den fetten Schwanz abgebrochen hatte.
Mehrere anerzogene oder neu konditionierte Verhaltensprogramme konkurrierten in ihr: die Blöße bedecken (aus der behüteten Zeit, lächerlich, vergeblich), Dankbarkeit (aus der romantischen Zeit, veraltet), den Neuen als Nummer 13 begreifen und ihm die blutigen Wunden rausstrecken (aus der Zeit der Rache, merkwürdig unangemessen bei diesem hier), Hilflosigkeit (ein erschreckend wohliges Gefühl ebenfalls aus der romantischen Zeit, Prinz und Bettelmädchen und so), Angst (Angst? Wovor?). Die Konkurrenz bewirkte eine beinahe vollständige gegenseitige Aufhebung mit einem Resterzeugnis Wut.
Der Junge sprach. »Ein Kumpel von mir sagte mal, dass Berliner Mädchen sich im Ausland von allem bespringen lassen, das dunkle Haut hat und nicht aus der Türkei kommt. Da scheint verdammt noch mal was Wahres dran zu sein.«
»Ich hab um kein Kindermädchen gebeten.«
»Ach nein? Schlagen, Heulen und Brüllen ist kein Bitten? Dann entschuldige, ich weck ihn wieder auf für dich.«
»Lass den Scheiß. Hilf mir lieber hoch.« Sie hatte das Gefühl, nie wieder aufrecht stehen zu können.
Er half ihr, betrachtete dabei mit unbewegtem Gesichtsausdruck ihre Blößen. »Du solltest zu einem Arzt gehen deswegen.«
Diana lachte bitter auf. »Bei einem Arzt hat all das hier angefangen, Süßer. Hast du ein Zimmer oder so was, wo ich mich ein bisschen hinlegen kann?«
»Wenn ich eine Kajüte hätte, würde ich ja wohl kaum an Deck dieses Narrenschiffes durch die Schatten wanken.«
»Ich hab Geld. Irgendwo werden wir schon unterkommen. Was wird aus ihm hier?«
»Oh. Wenn er auf anal steht, wird er in der Ausnüchterungszelle seinen Spaß haben.« Er warf die Stange – Teil eines entsorgten Wagenhebers oder so was – auf den haarigen Hintern des liegenden Titanen drauf.
Sie musste lächeln, während sie sich ihren nassen Lederrock wieder umschlang und den Reißverschluss runterzog.
»Ich bin Diana«, sagte sie schließlich zu ihrer neuen Eroberung.
Der Junge strich sich seine langen Haare aus dem Gesicht. »Diana. Wie die einsame Prinzessin. Nun, mein Name ist Hiob. Meine Eltern waren zwar beide bekloppt, aber ihr pessimistisches Weltbild war voll korrekt.«
Nachdem sie sich schlingernde Wege durch rutschige, rhythmisch vibrierende und mit Girlandenmüll versiffte Straßen
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