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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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worden, da hat Natalija vollkommen recht. Wenn Sie Geld von uns haben wollen,
dann kommen Sie zu spät. Wir haben keines mehr.«
    »Nein, kein Geld. Ich bräuchte nur ein paar Auskünfte. Ich bin
übrigens Luba, Luba Munin.«
    »Freut mich. Dr. Marjana Luschenko.«
    »Ich habe etwas geerbt von einem alten Mann, der als Zwangsarbeiter
in Deutschland war. Es ist eine Karte, auf der irgendwelche Orte eingezeichnet
sind, und ich wüsste gern, wo das ist.«
    »Zeigen Sie mal her, vielleicht kann ich etwas erkennen.«
    Luba holt den Umschlag aus dem Rucksack und öffnet ihn.
    »Oh, was haben wir denn hier? Sieht ja aus wie eine Schatzkarte.«
Dr. Luschenko lacht scheppernd. Nach dem Lachen hustet sie, und als der
Husten vorbei ist, zündet sie sich die nächste Zigarette an. »Glauben Sie an
verborgene Schätze, Kindchen?«
    Luba schüttelt den Kopf.
    »Das ist gut. Was meinen Sie, wie viele Schatzgeschichten aus
Deutschland ich schon gehört habe? Das Bernsteinzimmer, Goldbarren, Brillanten
und was weiß ich noch alles sollen dort vergraben sein. Also, hier handelt es
sich wohl um den südlichen Teil Deutschlands, weil es hier hohe Berge gibt. Das
da könnte ein See sein. Um die Beschriftungen entziffern zu können, bräuchte
ich eine Lupe oder ein Mikroskop. Langsam komme ich in das Alter, in dem das mit
dem Lesen nicht mehr ohne Hilfsmittel klappt. Verdammt, und jetzt ziehen sie
mir auch noch meinen Arbeitsplatz unterm Arsch weg …« Dr. Luschenko
zieht an ihrer Zigarette. »Kindchen, ich müsste mir das genauer ansehen, denn
noch habe ich einen Arbeitsplatz, und an den muss ich jetzt zurück. Lassen Sie
doch die Karte bei mir, und ich rufe Sie an, wenn ich etwas herausgefunden
habe.«
    »Nein, die Karte kann ich nicht aus der Hand geben, das werden Sie
verstehen. Es ist ein Erbstück.«
    »Dann kommen Sie nach Feierabend bei mir vorbei, und wir sehen sie
uns gemeinsam an. Ich habe sowieso noch nichts vor für heute Abend.«
    »Ich komme ja an Ihrem Drachen nicht vorbei.«
    »Sagen Sie einfach, dass Sie einen Termin bei Frau Dr. Luschenko
haben. Sagen wir, um halb sieben?«
    »Gut.«
    Im Weggehen dreht sich Dr. Luschenko noch einmal um. »Wie,
sagten Sie, hieß der Mann, der gestorben ist?«
    »Alexej«, sagt Luba. Sie hat den Namen noch gar nicht genannt. »Alexej
Schalimow.«

Berchtesgaden, 29. Mai 2010
    »Habe die Ehre, Sepp«, begrüßt Klaus Grundner von der Bergwacht Sepp
Aschenbrenner, als der Hubschrauber wieder abgeflogen ist. »Kennst du den
Brandner Martin von der Berchtesgadener Polizei?«
    Die beiden nicken sich zu. Freilich kennen sie sich, seit vielen Jahren
schon, vom Alpenverein und aus der Kletterhalle.
    Aschenbrenner zeigt ihnen den Klemmkeil mit dem abgeschnittenen
Stück Seil. Brandner kratzt sich nachdenklich am Kopf.
    »Was meinst du?«, fragt Grundner.
    »Schaut nicht gut aus.«
    Sie umwandern den Rand des Schneetrichters und kommen zu der Stelle
mit der Markierung. Ein oranger Punkt ist auf den Fels gesprüht.
    Grundner von der Bergwacht legt sich auf den Boden und reckt den
Hals, um in die Randkluft hineinzusehen. Aschenbrenner hält ihn an den Beinen
fest, und er schiebt sich noch ein bisschen weiter vor. Auf ein Zeichen hin
hilft Aschenbrenner ihm kurz darauf wieder, sich nach hinten zu schieben und
aufzustehen.
    »Da hat jemand mit dem Pickel etwas vom Eis weggeschlagen, als hätte
er sich einen Einstieg freischlagen wollen«, sagt Grundner.
    »Ich hab gar nicht gewusst, dass man da einsteigen kann. Ist das der
Zugang zu einer Höhle?«, fragt Aschenbrenner.
    »Davon ist mir nichts bekannt«, erwidert Brandner.
    »Mir auch nicht.« Grundner hat sich wieder auf den Boden gekauert,
legt die Hände an den Mund und ruft in die Öffnung hinein. Dann hält er das Ohr
an die Randkluft. Nichts.
    »Auf welche Ideen die Leute kommen … Irgendwann müssen wir die
Alpen ganz zusperren.«
    »Meinst du, dass da wirklich einer einsteigen wollte?«, fragt Aschenbrenner.
    »Ich meine bald gar nichts mehr. Die Leute werden immer verrückter,
selbst die, die es eigentlich besser wissen müssten. Erfahrene Bergsteiger!
Heuer sind welche ohne Seil über den Blaueisgletscher drüben am Hochkalter
marschiert. Haben wir dieses Frühjahr schon mal gehabt, alle zwei tot. Oder die
Wanderer, die am Königssee, auf St. Bartholomä, hinten in die Eiskapelle
einsteigen. Ganz egal, wie viele Warnschilder wir da noch aufstellen.
Irgendwann bricht das Eis von oben herunter und erschlägt einen von

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