HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
weichen Knien trat sie zu ihm und sank in einen leichten Knicks. „Mylord“, sagte sie mit geneigtem Kopf.
Als sie ihm wieder in die Augen sah, war sein Blick sanft und hatte alle Strenge verloren. Ermutigt lächelte sie ihn an. Sein Blick glitt anerkennend über sie, und er beugte ebenfalls das Haupt. „Mylady.“
„Lady Alayna!“ Agravar gesellte sich zu ihnen und ergriff ihre Hand. „Ihr strahlt wie ein Stern heute Abend. Leider war ich so beschäftigt mit meinen Pflichten, dass ich nach Eurer glücklichen Rückkehr noch keine Gelegenheit hatte, Euch willkommen zu heißen.“ Seine Augen funkelten verdächtig, während er Lucien einen Seitenblick zuwarf. „Ich bin überglücklich, dass Ihr wohlauf seid. Und dankbar, da Ihr Euch so gut um unseren Baron gekümmert habt. Ohne Euch hätte er sich gewiss im Wald verlaufen oder wäre irgendeinem Schurken zum Opfer gefallen. Da ich nicht an seiner Seite war, bin ich sehr froh, dass er stattdessen Euch hatte.“
Alle, die Agravars Bemerkung gehört hatten, brachen in lautes Gelächter aus. Lucien überraschte jeden, indem er statt seinem üblichen Stirnrunzeln ein breites Lächeln aufsetzte. Auch Alayna lachte, doch sie hatte nur Augen für ihren Gemahl. Er erwiderte den Blick, und es schien, als ob auf einmal die Zeit stehengeblieben sei und es nur noch sie beide gebe. Dann sprach ihn jemand an, und er musste sich von ihr abwenden.
Als sie sich zum Abendmahl niederließen, nahm Alayna ihren Platz zur Linken Luciens ein. Im Gegensatz zu seiner alten Gewohnheit, sie zu ignorieren, füllte er diesmal ihr Schneidebrett mit Fasan und Hammelfleisch. Immer wenn sie Durst verspürte, bot er ihr von selbst den Weinkelch an. Seine Aufmerksamkeit widersprach seinem früheren Benehmen so auffallend, dass die Veränderung auch den anderen Schlossbewohnern nicht entging. Alle warfen ihnen neugierige Blicke zu, und überall in der Halle waren geflüsterte Bemerkungen zu vernehmen.
„Das Festmahl wurde ausgezeichnet vorbereitet, Gemahlin“, stellte Lucien fest. „Es gibt sogar meine Lieblingsgerichte, wie ich sehe.“
„Es ist weder Kaninchen noch Eichhörnchen.“
Langsam verzogen sich seine Lippen zu einem Lächeln, da er ihre Anspielung auf die gemeinsamen Mahlzeiten in der Hütte verstanden hatte. Alaynas Herz begann wieder aufgeregt zu pochen, als seine Blicke ihr Gesicht zu liebkosen schienen. „Ja“, flüsterte er leise. „Aber ich bezweifle, dass irgendein Mahl in dieser Halle die exquisiten Speisen ersetzen könnte, die wir im Wald genossen haben.“
Angesichts der Zweideutigkeit seiner Worte errötete Alayna heftig, doch nach einem Blick auf die anderen war sie beruhigt. Offenbar hatte niemand etwas gehört.
Lucien bemerkte ihre geröteten Wangen und fühlte ein Ziehen in seinen Lenden. Er fragte sich, ob es sich geziemen würde, jetzt schon das Schlafgemach aufzusuchen. Natürlich nicht, denn die Feier hatte gerade erst begonnen.
Trotz allem gingen ihm auch andere Angelegenheiten nicht aus dem Kopf. Selbst während des Abendmahles arbeiteten Männer unentwegt in der Schmiede, um die Truppen für die kommende Schlacht vorzubereiten. Er konnte nicht viel Zeit erübrigen. Nach dem Essen würden Agravar und er sich treffen, um den Fortschritt dieser Arbeiten zu überwachen. Außerdem mussten sie eine Strategie ersinnen, wie der Angriff am besten vonstatten gehen sollte.
Mit Alayna an seiner Seite verspürte er jedoch nicht die übliche Unruhe, die ihn angesichts eines bevorstehenden Krieges stets plagte. Heute Nacht stand ihm der Sinn nach einer weitaus angenehmeren Beschäftigung, und er hätte seine Pflichten am liebsten vergessen. Doch einem Ritter war nicht immer die Wahl gegeben, seine Zeit zu verbringen, womit es ihm beliebte.
„Will, da bist du ja“, rief Agravar, als der junge Mann die Halle betrat. „Hast du schon mit dem Schmied gesprochen?“
„Ja“, bestätigte Will. „Er sagte, dass er und seine Helfer die Schwerter rechtzeitig fertigbekommen werden, obwohl es Schwierigkeiten mit dem Schmiedefeuer gab. Nein, Lucien, Ihr müsst nicht so besorgt dreinblicken. Wir haben uns bereits um alles gekümmert.“
Lucien hatte beobachtet, wie der Ritter entlang an den übrigen Tischen zum Podest ging. Zum ersten Mal bemerkte er, dass alle Damen sich nach dem gutaussehenden Recken umdrehten, wenn er an ihnen vorüberlief. Doch Will würdigte die anderen Frauen keines Blickes. Stattdessen setzte er sich an Alaynas andere Seite. Lucien konnte nicht
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