Historical Exclusiv Band 44
Wenn sie herausfinden konnte, was er wollte, dann könnte sie ihm vielleicht helfen, es zu bekommen, im Austausch für sein Schweigen.
Agnes musste etwas wissen. „Lady Agnes“, begann sie. „Was wisst Ihr …“
„Ich brauche heute Nacht das Zimmer“, flüsterte Lady Agnes, ohne sie anzusehen.
Solay sehnte sich nach ein paar Stunden Ruhe zwischen dem Weihnachtsabend und den weihnachtlichen Frühmessen und öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch dann überlegte sie es sich anders. Deshalb hatte Agnes eingewilligt, den Raum mit ihr zu teilen. Sie brauchte jemanden, der sie deckte, wenn sie ein Rendezvous hatte.
Lady Agnes hatte eine kluge Entscheidung getroffen. Solay murmelte ihre Zustimmung.
Während die Menge wieder über den Burghof zurück zu den Gemächern strömte, fragte sie sich, wo sie die Nacht verbringen sollte. Sie blieb hinter den anderen zurück, schlüpfte um den Rundturm und hinüber zu dem Tor mit den beiden Türmen, das ihr Vater vor ihrer Geburt hatte bauen lassen. Vielleicht würde sie hier für die Nacht Schutz finden.
Sie ging hinein und begann, die Treppen hinaufzusteigen. Doch auf halbem Weg nach oben hörte sie aus der Dunkelheit unter sich ein Geräusch. Sie ging schneller. Schritte folgten ihr.
Wer konnte das sein? Selbst die Wachen hatten für den Weihnachtstag freibekommen.
Der Mann holte auf.
Sie raffte die Röcke und versuchte zu laufen, doch er war schneller. Als sie den Geruch von Zedernholz wahrnahm, schlug ihr Herz heftiger, und statt Furcht empfand sie jetzt etwas anderes, Gefährlicheres.
„Lady Solay, Ihr müsst Euch verlaufen haben.“
Sie drehte sich um und unterdrückte bei diesem Gedanken ein Lachen. „Ich kann mich nicht verlaufen, Lord Justin. Ich wurde hier geboren.“ Zu der Zeit, als sie noch beinahe eine Prinzessin gewesen war, war das Schloss ihr Spielplatz gewesen. Bei dieser Erinnerung schmerzte ihre Brust von dem Verlust, an den zu denken sie lange vermieden hatte.
„Hier geboren, aber Ihr scheint Euch weder an den Tag zu erinnern noch an den Unterschied zwischen diesem Turm und dem Wohnflügel.“ Er nahm ihren Arm. „Ich geleite Euch zu Eurer Kammer.“
„Nein!“ Sie riss sich los und drehte sich auf der schmalen Treppe vorsichtig um. Noch immer war er ihr viel zu nahe. „Es fällt mir schwer, zu schlafen“, sagte sie. Das stimmte seltsamerweise. Sie fragte sich, warum sie es ihm erzählt hatte.
„Also wandert Ihr wie ein Geist im Schloss umher?“
Sie suchte nach einer Ausrede. „Ich wollte die Sterne studieren, um mich darauf vorzubereiten, sie für den König zu deuten.“ Er würde nicht wissen, dass ein Horoskop mithilfe von Karten erstellt wurde und nicht durch Beobachtung des Himmels.
Er trat näher. „Dann werde ich Euch begleiten.“
Sie atmete aus. Es war ihr egal, ob er ihr glaubte. Zumindest war Agnes in Sicherheit.
Gemeinsam stiegen sie den Turm hinauf. Als sie aus dem dunklen Treppenhaus auf den Wehrgang hinaustraten, wehte ihnen kalte Luft entgegen. Nach der Dunkelheit im Turm schien die sternenklare Nacht beinahe hell, obwohl der Halbmond gerade genug Licht hergab, dass Solay die Umrisse des scharfkantigen Gesichts ihres Begleiters erkannte.
Mit einer Handbewegung wies Justin nach oben. „So, Mylady, seht zum Himmel hinauf und lest daraus ab, was Ihr wollt.“
Sie sah auf und verspürte wie immer einen Stich im Herzen. Wie viele schlaflose Nächte hatte sie damit verbracht, den Sternen ihre Geheimnisse zu entlocken? Jetzt leistete der Sternenhimmel ihr wie ein Freund Gesellschaft, wenn der Schlaf nicht kommen wollte.
Sie schlang die Arme um ihre Taille und versuchte, ihre Oberarme zu wärmen. Er trat hinter sie und hielt mit seinem breiten Rücken den Wind ab. Auf einmal fühlte sie sich beschützt, obwohl seine Stimme kühl klang. „Seltsame Art des Studiums. In der Dunkelheit. Ohne Notizen oder Instrumente.“
„Ich muss sie nur beobachten, um zu erkennen, was sie bedeuten.“
Er schnaubte verächtlich. „Dann müssten alle Soldaten Experten im Deuten der Sterne sein.“ Von hinten umfasste er ihre Schultern, und sie spürte seinen Atem, als er ihr ins Ohr flüsterte: „Wisst Ihr mehr über die Sterne als über Euer Geburtsdatum?“
Sie schluckte. Lag es an seiner Frage oder an seiner Nähe, dass sie zitterte? „Ich weiß mehr als die meisten anderen.“
Doch die Wahrheit war, dass sie von den Sternen wie von vielen anderen Dingen nur Oberflächliches wusste. Indem sie die Liste der Aszendenten
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