Historical Exclusiv Band 44
geheuchelten Schmerz gewährte, er hatte nicht aufgepasst und war wie Sir Galahad, der galante Ritter der Tafelrunde, angetreten in dem Glauben, sie vor dem König beschützen zu müssen.
Offenbar brauchte sie diese Hilfe nicht. Tatsächlich war er derjenige, dem Gefahr drohte.
Ihre Mutter hatte die Ehe nicht respektiert, und sie tat es ebenso wenig. Vielleicht wusste sie nicht einmal, was eine Ehe bedeutete.
Vielleicht war es an der Zeit, dass er es ihr zeigte.
Als der Hof sich zum Aufbruch bereit machte, halfen zwei Stallburschen Solay in den Damensattel, den Königin Anne beim Reiten bevorzugte. Statt sicher auf dem Pferd zu sitzen, hockte sie nun unsicher auf einem kleinen Sitz mit einer Fußstütze.
Trotzdem hob sich in der milden Vorfrühlingsluft des Februars ihre Stimmung, als sie in Richtung Nottingham ritten. Sie und Justin reisten gemeinsam mit dem Hof. Jane hatte zum ersten Mal Geburtstag gefeiert. Vielleicht würde alles gut werden.
Ohne eine eindeutige Position im Haushalt des Königs innezuhaben, ritten sie und Justin etwas unbeholfen zwischen dem berittenen Hofstaat und den Fußgängern. Hinter ihnen folgten Diener, freie Bauern und Hofbeamte, dahinter rumpelten die Karren mit Leinen, Kleidung, Betten, Tellern, Musikinstrumenten, Schalen für die Messe und hundert anderen Dingen, die der königliche Haushalt benötigte.
Vor ihnen ritten König und Königin, Hibernia, Agnes und die anderen Edelfrauen sowie eine Reihe von Lakaien, Reitknechten und Bewaffneten. Ungeduldig galoppierte der König mit halsbrecherischer Geschwindigkeit voran und holte den Trompeter ein, der ihre Ankunft melden sollte. Bald war der Monarch nur noch eine einsame Gestalt in der Ferne, winzig unter dem klaren blauen Himmel.
Justin dagegen erschien nicht klein unter dem Himmel, als er neben ihr ritt. Das Lächeln, das ihr so gefiel, war verschwunden, stattdessen betrachtete er mit gerunzelter Stirn Agnes und Hibernia, die Seite an Seite ritten.
„Seine Gemahlin würde weinen bei diesem Anblick“, meinte er. Der Demütigungen müde, war Hibernias Frau in ihrem Schloss in Essex geblieben. „Es schmerzt mich.“
„Sie tun nichts anderes als der übrige Hofstaat. Was stört Euch an diesen beiden so?“, fragte sie, ehrlich neugierig.
„Er verstößt gegen sein Gelübde“, sagte er, und es klang wie eine Warnung.
Bei jedem Schritt des Pferdes schwankte ihr Sattel von einer Seite zur anderen, und sie klammerte sich an der Mähne fest, um nicht herunterzufallen. „Welche Frau kann schon einen treuen Ehemann erwarten?“
„Meine.“ Das klang so besitzergreifend, dass ihr heiß wurde.
Zuerst verlangte er Liebe. Jetzt versprach er Treue. Welcher Mann erwartete in einer Ehe so viel Leidenschaft? Bei einer Heirat ging es um Besitz und um Schutz. Leidenschaft gab es, wenn überhaupt, nur außerhalb des Ehebettes.
„Dann werde ich ein ungewöhnliches Leben führen“, erwiderte sie und versuchte, ruhig zu sprechen. „Selbst die Dichter schreiben Hymnen der Liebe für die Frauen anderer Männer.“
„Ich werde nicht nur treu sein, ich verlange auch eine treue Gemahlin.“
„Dann werde ich das natürlich sein“, erwiderte sie, als hätte sie es auswendig gelernt.
Er packte die Zügel, und ihr Pferd blieb so abrupt stehen, dass sie beinahe aus dem Sattel fiel. „Sprecht diese Worte nicht leichtherzig!“ Eine Windböe wehte ihm dunkle Haarsträhnen ins Gesicht. Er sah ihr fest in die Augen.
Ihr Stirnrunzeln kam wie von selbst, sie konnte nichts dagegen tun. All ihre Versuche, ihm zu gefallen, waren fehlgeschlagen, und noch immer hatte er neue Forderungen.
Sie zog die Zügel zurück, und das Pferd setzte sich wieder in Bewegung. Die frische Luft und ein nie gekanntes Gefühl von Freiheit lösten ihr die Zunge. „Zuerst muss ich Euch von meiner Liebe überzeugen. Jetzt muss ich auf ewig treu sein. Hören die Bedingungen, die ich erfüllen muss, denn niemals auf?“
Justin zog die Brauen hoch und betrachtete sie. „Wenn Ihr meine erste Bedingung erfüllt, wird die zweite keine Schwierigkeiten bieten. Wie kann ich von Euch Treue erwarten, wenn Ihr nicht aus Liebe zu mir kommt?“
Sehnsucht durchzuckte sie, ein Rest des Traumes von Liebe. „Ein Mann des Gesetzes, der Beweise für alles verlangt. Welchen Beweis habt ihr jemals gesehen für Liebe in einer Ehe?“
Ein Lächeln ließ seine harten Züge weicher erscheinen. „Meine Eltern.“
An der nächsten Bemerkung war nur ihre Eifersucht schuld. „Eure Eltern
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