Historical Exclusiv Band 44
kommen schien, trat in seine Augen.
„Ich habe nicht immer recht“, sagte er endlich. Dieses Bekenntnis schien ihm schwerzufallen.
„Ich habe nie gehört, dass Ihr einen Zweifel äußert“, sagte sie überrascht. „Welche Meinung stellt Ihr infrage?“
„Ich bin nicht mehr sicher, ob ich in Bezug auf Euch recht habe.“
Das Herz schlug ihr bis zum Hals. „Was meint Ihr damit?“
Er kam näher, und sie zwang sich, nicht zurückzuweichen. Er berührte sie nicht, sondern schaute sie nur an, als sähe er sie zum ersten Mal, und die Luft zwischen ihnen schien zu vibrieren.
Während das Feuer ihr den Rücken wärmte, betrachtete auch sie ihn. Auf seiner Stirn zeichneten sich zwei strenge Linien ab, seine Züge wirkten unerbittlich: die dichten Brauen, die scharf geschnittenen Wangenknochen, sogar das kleine Grübchen an seinem Kinn.
Er war ein unnachgiebiger Feind des Königs, und er hasste sie. Doch wenn sie ihm so nahe war wie jetzt, spielte nichts von dem eine Rolle.
„Ihr beugt Euch der Macht“, sagte er schließlich, „doch in der Verteidigung Eurer Familie und Eurer Freunde gebt Ihr nicht nach.“
„Und Ihr haltet starrsinnig an der Illusion fest, dass das Gesetz Gerechtigkeit schafft.“
„Ihr seid genauso starrsinnig wie ich.“
„Ihr werft mir vor, nachzuplappern, was andere sagen, das ist kaum das Handeln einer starrsinnigen Frau.“
„Ich beginne zu glauben, Eure Nachgiebigkeit ist vorgetäuscht. Wenn es um das Erreichen eines Ziels geht, seid Ihr sehr entschlossen.“
In seiner Stimme hörte sie etwas wie Wärme und Staunen. Ausnahmsweise machten seine Worte sie nicht wütend, sondern schenkten ihr Ruhe und Sicherheit. „Und Ihr seid davon überzeugt, die Wahrheit sagen zu müssen, egal, was die anderen denken.“
Er sah ihr in die Augen. „Und ich möchte, dass die Frau, die meine Gemahlin werden soll, dasselbe tut.“
Sie zögerte. Sie wollte mehr. Ehe sie sprach, wollte sie wissen, dass er die Wahrheit nicht nur hören wollte, sondern auch bereit wäre, sie zu akzeptieren.
„Sagt mir …“, er berührte ihre Wange und zwang sie, ihn anzusehen, doch seine Stimme war sanft, „… glaubt Ihr, dass Ihr die Sterne deuten könnt?“
Sie spürte seinen Atem an ihren Lippen.
Wie würde es sein, die Wahrheit zu sagen? Würden die Worte süß schmecken wie Honig?
„Ich glaube, dass die Sterne unsere Welt erhellen können“, begann sie, überrascht, dass sie nicht an diesen Worten erstickte. Stattdessen schienen sie eine Flut auszulösen, die ihre Angst hinwegschwemmte. „Ich weiß nicht, ob ich die Fähigkeit besitze, die Wahrheit zu enthüllen, aber ich habe einer Freundin versprochen, es zu versuchen.“
Er nickte und ließ ihre Wange los. „Und was werdet Ihr Agnes sagen?“
Sie versuchte erst gar nicht, den Namen ihrer Freundin zu verleugnen. Sie hatte nur die eine. „Einiges, was sie hören möchte, und anderes, was sie nicht hören möchte.“ Hibernia mochte schlecht sein für den König, aber Agnes’ Karte zeigte eine Veränderung.
„Ist das eine ausgewogene Antwort, die gefallen soll?“
„Nein. Ich weiß es nicht besser.“
Die harten Linien um seinen Mund wurden weicher. „Dann bin ich stolz auf Euch.“
Ihr wurde warm von seinem Lob. Aus irgendeinem Grund hatte sie ihn erfreut, ohne sich darum zu bemühen. Sie ließ seine Worte still verklingen, um diesen kostbaren Moment des Friedens nicht zu verderben. Selbst der Wind hatte nachgelassen, und draußen legte sich der Schnee über die Welt wie eine warme Decke.
Die Worte „Ich liebe Euch“ lagen ihr auf der Zunge.
„Danke“, sagte sie stattdessen.
„Wenn Ihr Agnes die Wahrheit sagen könnt“, fuhr er fort, „warum könnt Ihr nicht mit mir ehrlich sein?“
Seine Worte machten den Frieden zunichte, und ihre Angst flackerte wieder auf. Er wollte mehr. Und was noch furchteinflößender war – sie wollte es ihm geben. Ihm sagen, dass die Bedingung, die er gestellt hatte, nur zum Lügen aufforderte. Ihm sagen, dass sie wünschte, auch er würde sie lieben, so wie sie war. Ihm sagen …
Sie ließ das Buch sinken und legte wieder die heitere Maske an. „Ich tue für Euch, was ich für Agnes tue“, erklärte sie leichthin. „Nennt mir Euren Geburtstag, und ich beschreibe Euch, was in den Sternen steht.“
„Ich will das nicht wissen.“
Er hatte dieser Frage schon früher widerstanden. Sie wunderte sich über seine Zurückhaltung. „Es muss natürlich der Tag des heiligen Justin
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