Historical Exklusiv Band 42
Im Vorübergehen betrachtete Talitha die Auslagen in den Fenstern von Hardin & Howell und entschied sich schweren Herzens, dass der Parthenon Bazaar mehr ihrem Budget entsprach. Ein paar Möglichkeiten zu sparen hatte sie: Wenn sie keine Droschke nahm, um zu ihren Kundinnen zu gelangen, sondern zu Fuß ging, konnte sie ein paar Schillinge zurücklegen.
Schon bald bereute Talitha diese Entscheidung wieder, denn sie musste drei Hutschachteln bei der Hutmacherin abholen. Obgleich ihr erster Besuch bei Lady Parry in der nahen Bruton Street lag und die Schachteln nicht schwer waren, so ließen sie sich doch nur schwer handhaben. Zudem war der Anblick einer jungen Dame, die ein Paket auf offener Straße trug, ganz zu schweigen drei Hutschachteln, so ungewöhnlich, dass ihr dies einige konsternierte Blicke einbrachte.
Talitha wurde mehr und mehr nervös und war versucht, ihre Pläne zu ändern und zuerst bei Miss Gower in der Albermarle Street vorbeizuschauen, denn diese lag noch ein wenig näher. Miss Gower war jedoch dreiundachtzig und würde es nicht gerne sehen, vor elf gestört zu werden. Nein, sie musste zuerst zu Lady Parry und dieser ihre zwei Hüte bringen.
Vorsichtig bog sie in die New Bond Street ein, erleichtert darüber, ihren Bestimmungsort beinahe in Sichtweite zu haben. Sie hatte festgestellt, dass sie die Schachteln am leichtesten tragen konnte, wenn sie zwei übereinander trug und die Bänder der dritten um die Finger gewickelt hielt. Nur sah das dummerweise sehr unelegant aus, und auch ihre Sicht nach vorn war dadurch reichlich behindert. Weil sie um den Stapel fröhlich gestreifter Schachteln ständig herumspähen musste, hatte sie bereits nach kurzer Zeit einen steifen Hals.
Der Zusammenstoß ereignete sich, als sie gerade den Eingang der Pferdeställe an der Bruton Street erreicht hatte. Einen erschrockenen Moment lang glaubte sie, sie wäre gegen eine Wand gelaufen, denn das Objekt, gegen das sie geprallt war, wirkte fest und unnachgiebig. Die untere Hutschachtel wurde ihr ins Zwerchfell gedrückt, sodass sie nach Luft schnappte, die obere fiel herab und rollte auf die Straße. Die dritte, die sie vor Schreck losgelassen hatte, landete zu ihren Füßen.
Zusammengekrümmt und auf unschickliche Weise laut keuchend, erblickte Talitha durch einen Tränenschleier hindurch ein Paar Stiefel, die unmittelbar vor ihr standen. Sie mündeten in wohlproportionierte, muskulöse Beine in Hosen aus Hirschleder. Ihr Blick wanderte aufwärts, an einer einfachen Weste entlang, die sich zwischen den offenen Schößen eines ebenso unscheinbaren Reitmantels zeigte, vorbei an einem gestärkten, weißen Kragen bis hinauf zu einem festen, glatt rasierten Kinn. Schließlich sah sie direkt in ein Paar fragende Augen in einem außerordentlich anziehenden Gesicht, die außerdem offene Bewunderung spiegelten.
Das reichte. Erst der Schrecken des vergangenen Tages, dann das Wissen, dass sie einen Fehler gemacht hatte, indem sie sich für das Laufen entschied, und nun dies. Talitha überkam die Wut. Wie konnte dieser Mann es wagen, dort zu stehen, so kühl, gelassen und arrogant, und ungeniert dabei zusehen, wie sie sich lächerlich machte?
„Jetzt schauen Sie, was Sie angerichtet haben!“, brach es empört aus ihr hervor, als sie wieder einigermaßen zu Atem gekommen war. „Sehen Sie sich nur die Schachtel dort auf der Straße an!“
Bevor der Mann auf diesen Ausbruch reagieren konnte, klapperte eine Kutsche etwas zu schnell aus den Ställen und hielt genau auf die bunt gestreifte Hutschachtel zu.
„Oh, nein!“ Mit diesen Worten trat Talitha einen hastigen Schritt nach vorn, um die Schachtel noch an ihren Bändern zu erwischen, nur um plötzlich und ohne viel Federlesens auf den Gehweg zurückgerissen zu werden. Sie kämpfte gegen den Griff um ihren Arm, doch vergeblich. Das ihr zugewandte, vordere Rad der Kutsche erwischte die Schachtel und versetzte ihr einen solchen Stoß, dass der Deckel abfiel. Lady Parrys erlesener neuer Hut fiel heraus in den Straßendreck. Wie ein verwundeter Paradiesvogel blieb er dort liegen.
„Au!“ Ihr Arm tat weh und zu ihren Füßen lag das Ergebnis stundenlanger Arbeit und feinster Materialien, von den Federn ganz zu schweigen, die nur noch ein schlammiges Häuflein Elend waren.
Ohne sich zu entschuldigen, gab der Mann ihren Arm frei. „Den Hut zwischen den Rädern der Kutsche zu sehen, ist mir wesentlich lieber, als mir den Anblick von Ihnen in selbiger Lage vorzustellen.“ Er
Weitere Kostenlose Bücher