historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc
Adrian mit der Linken das neben der leeren Schwertscheide hängende Stechmesser vom Gürtel und wehrte den auf seine Kehle gerichteten Stoß ab. Der Dolch traf die breite Klinge und lenkte sie ab, barst jedoch unter der Wucht des Hiebes. Sofort schleuderte Adrian die zerbroche ne Waffe dem
Widersacher entgegen und traf die unge schützte Wange. Das scharfkantige Heft bohrte sich in das Gesicht und blieb stecken.
Guy de Burgoigne schrie vor Schmerz auf, straffte sich und schüttelte den Kopf. Der Dolch fiel herunter und hinterließ einen blutigen Schmiss über dem Knochen. „Du Hurensohn", tobte er, sich auf den Gegner stürzend, „das wirst du mir büßen!"
Im Nu hatte Adrian sich auf den Rücken gewälzt, zog die Beine an und rammte sie Burgoigne gegen die Knie. Der Angreifer taumelte, doch ehe er zurückweichen konnte, ergriff Adrian sein Schwert, schnellte vor und stieß es ihm in die Wade. Die Spitze durchdrang den eisernen Beinschutz und schlug eine lange Wunde. Adrian sprang auf und erwiderte, vor Anstrengung keuchend: „Das war für meinen Vater, den du in der Christnacht in Warfield Keep ge meuchelt hast! Es ist nur recht und billig, dass du jetzt durch sein Schwert sterben wirst!"
Ein greller Schmerzensschrei lenkte Adrians Wachsamkeit einen Herzschlag lang ab.
Flüchtig blickte er über die Schulter und sah den Schwager mit bluttriefendem Schwert.
„Und so ergeht es jedem, der sich in diesen Zweikampf einmischt", sagte Alan de Vere hart und schaute den Lanzenträger, der Adrian zu Fall gebracht hatte, kalt an. „Mit diesem Hieb bist du noch glimpflich davongekommen, doch mit dem nächsten bringe ich dich um!"
Ohne den Soldaten noch eines Blickes zu würdigen, kehrte er zu seiner Schwester zurück.
Adrian war die Lederkappe heruntergefallen, und die blonden Haare hingen ihm jetzt wirr um den Kopf. Mutig parierte er die Streiche des Gegners, dem das Blut über das Gesicht rann.
Die Verletzung machte ihm offensichtlich nicht viel aus, denn seine Hiebe erfolgten mit ungebroche ner Kraft.
Jäh begriff Meriel, dass Adrian jetzt, nach dem Verlust des Langmessers, keine Möglichkeit mehr hatte, die Fugen des Harnisches zu durchstehen. Langsam, um ihr Vorhaben nicht zu verraten, zog sie sich tiefer unter den Treppenbogen zurück. Rasch drehte sich dann um, griff in den Aus schnitt der Cotte und hielt den Dolch in der Hand, den Mylady Cecily ihr im Verlies zugespielt hatte. Sich vorbeugend, zog sie ihn aus der Scheide und verbarg ihn geschickt in den Falten des Gewandes. Betont gelassen, wandte sie sich wieder um und wartete auf eine Gelegenheit, ihn Adrian zu geben.
Der mörderische Zweikampf hatte seinen Fortgang ge nommen. Burgoigne drängte Adrian of Warfield zur Stiege, offenbar in der Absicht, ihn dort in die Enge zu treiben.
„Adrian, hier!" rief Meriel, als er einige Schritte vor ihr war, und warf ihm den Dolch zu.
Die Waffe schlidderte über die Steine und blieb ein Stückchen von ihm entfernt liegen.
Durch Meriel aufmerksam geworden, bemerkte er das Messer, bückte sich und hob es, während er kurz zu ihr hinschaute, rasch auf.
Sie erschrak über die Mordlust, die sie in seinen Augen sah. Es war unverhüllter Hass, der aus diesem Blick sprach, kalte Entschlossenheit, mit dem Manne abzurechnen, der den Tod von Adrians Angehörigen auf dem Gewissen hatte.
„Nun habe ich dich, du Zwerg!" grölte Burgoigne, hob das Schwert und führte einen gewaltigen Streich gegen Adrians rechte Schulter aus.
Vor Angst verkrampfte Meriel die Finger. Wenn Adrian jetzt verletzt oder getötet wurde, weil sie ihn zur Unachtsamkeit verleitet hatte, würde sie es sich nie verzeihen können. Und dann waren auch Alan und sie verloren, denn der Sieger würde sie gewiss nicht schonen.
Geschmeidig wirbelte Adrian jedoch herum und traf Burgoignes rechtes Handgelenk. Die zweischneidge Klinge durchdrang die Innenseite des ledernen Handschuhs, und sogleich strömte Blut aus der Wunde. „Und das war für meinen Bruder Hugh, seine Gattin und meinen kleinen Neffen!" rief Adrian de Lancey grimmig.
Das Kampfgeschehen wogte hin und her, doch die Kräfte des Herausforderers ließen nun unübersehbar nach. Inzwischen war es heller und eine Fackel nach der anderen ge löscht worden. Die anfeuernden Zurufe verstummten mehr und mehr, und das Gemurmel der Soldaten erstarb. Gebannte Stille senkte sich über den Hof, denn jeder schien zu begreifen, dass das Schicksal ihres Zwingherrn besiegelt war.
Adrian of Warfield übernahm
Weitere Kostenlose Bücher