historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc
Spiel zu setzen, konnte Cecily ihn nicht daran hindern.
Gegen die Übermacht der Soldaten stand er auf verlorenem Posten und würde sterben. Und damit fand dann endlich die alte Fehde zwischen ihm und Guy ein Ende.
Guy de Burgoignes Gemahlin befahl zwei Knappen, sie mit Fackeln zu begleiten, verließ die Kammer und begab sich in den Hof. Ihn rasch überquerend, ging sie zum Torhaus und erklomm die zum Wehrgang führende schmale Stiege.
Ein grauer Streifen zeigte sich am Horizont, und kühler Wind umwehte die Zinnen. Cecily fröstelte in der klaren Morgenluft und zog den Kappenmantel enger um die Schultern. Überall flackernde Kienlichter erhellten die Wehrgänge, die von Schildwärtern mit schussbereit gespannten Armbrüsten und Bögen bewachten wurden.
Der Wind trug das Schnauben von Pferden zur Kurtine hinauf und lenkte die Aufmerksamkeit Cecily de Chastains auf die Ebene vor dem Kastell. In der Dämmerung erkannte sie zahllose Reiter und Fußsoldaten, die am Fuße des Berghügels Stellung bezogen hatten.
Bang fragte sie sich, was geschehen würde, wenn dieses Heer Einlass in Wenlock Castle fand. Dann erschien ihr der Gedanke jedoch abwegig. Es war nicht anzunehmen, dass Warfield den Befehl zum Erstürmen der Veste erteilt hatte.
Ein offener Angriff hätte seine Gemahlin in Gefahr ge bracht. Um dieses Risiko zu
vermeiden, hatte er sich ja heimlich eingeschlichen.
Möglicherweise hatte sein Halbbruder die Entscheidung getroffen, die Truppen vor der Festung zusammenzuziehen. Was er sich davon versprach, war Cecily allerdings nicht klar.
Sollte Warfield entdeckt und getötet werden, war er ja der Erbe, mit dem Burgoigne sich gewiss arrangieren würde. Andererseits hatte Richard de Lancey das Angebot, zu Guy überzuwechseln, auf die schroffste Weise abgelehnt:
Achselzuckend wandte Cecily sich ab, ging die Befestigungsmauer entlang und blieb in einigem Abstand von der hinteren Landwehr stehen. Sollte es hier zu einem Gefecht zwischen Adrian de Lancey und den Soldaten kommen, gelang es ihr vielleicht, Lady Warfield vor Schaden zu bewahren. Sie hatte sie zwar nur einmal gesehen, aber einer schuldlos zwischen die Fronten geratenen Frau zu helfen, war ihrer Ansicht nach Christenpflicht.
17. KAPITEL
„Halt! Keinen Schritt weiter!"
Adrian of Warfield zuckte zurück und presste sich an die Mauer des Keep. „Wir sind entdeckt! Dort um die Ecke ist alles voller Soldaten!"
„Auf die andere Seite!" flüsterte Alan de Vere. „Vielleicht schaffen wir es da!"
Der Earl of Shropshire nickte, nahm seine Gemahlin bei der Hand und lief dem Schwager nach. Flackernde Fackellichter bewegten sich auf der Ringwehr, und aus allen Richtungen war der Lärm schreiender Soldaten zu vernehmen. Aus dem Augenwinkel nahm Adrian wahr, dass mehrere Männer über den Hof auf ihn zurannten, und auch von der Kurtine hinter dem Turm stürmten Bewaffnete auf ihn zu. Der Fluchtweg war abgeschnitten, und an ein Entkommen nicht mehr zu denken.
„Der Himmel stehe uns bei!" flüsterte Meriel bang. „Jetzt sind wir verloren."
„Joho! Wir haben sie!" schrie jemand, als die Flüchtenden die rechte Kante des Wehrturmes umrundeten, und im nächsten Moment war der Weg von Geharnischten versperrt.
„Dorthin! Unter den Treppenbogen!" sagte Adrian de Lancey und sprang, Meriel mit sich ziehend und geschickt den Feinden ausweichend, hinter Alan de Vere in den Schutz des schmalen Gewölbes. „Bleib hinter mir, Meriel!" befahl er, während er sich vor sie stellte und das Schwert aus der Scheide riss. „Noch ist nicht alles verloren! Wir kämpfen bis zum letzten Atemzug!"
Im Nu waren sie von Gerüsteten umstellt, die sie mit gezogenen Schwertern und stoßbereit gehaltenen Streithämmern umringten.
„Hierher, Seigneur! Sie sitzen in der Falle!" brüllte einer der Soldaten.
„Sie sind in der Überzahl, aber lebend werden sie uns nie bekommen!" sagte Alan grimmig und zog seine Waffe.
Adrian wusste, er würde sich ergeben müssen. Selbst wenn er und der Schwager sich erbittert wehrten, bestand keine Hoffnung, Wenlock Castle zu verlassen. Die Übermacht war zu groß, und nicht nur er und Alan würden sterben, auch Meriel. Wenn er Widerstand leistete, würde Burgoigne erst recht keine Gnade kennen. Jetzt ging es nur noch darum, Meriel und ihren Bruder vor dessen hemmungsloser Rachsucht zu retten.
„Macht Platz!" herrschte der Burgherr die Soldaten an, und ehrerbietig bahnten sie ihm eine Gasse. Langsam, den Triumph auskostend, stapfte er auf die
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