Historical Gold Band 251
aufgereiht. Ash nahm sie in Augenschein.
Nach seiner Schätzung standen über hundert Angestellte vor ihm, alle in Grau gekleidet. Ihm war ebenso nüchtern zumute, wie sie aussahen. Diese Leute waren jetzt von ihm abhängig – beziehungsweise würden es sein, wenn der gegenwärtige Duke verstarb. Er war für sie verantwortlich. Ihr Wohlergehen hing ab von seinen Launen, genau, wie das seine einmal abhängig gewesen war von Parfords Launen. Es war eine große Verantwortung.
Ich werde es besser machen als dieser alte Mistkerl.
Es war ein Schwur, und es war ihm ebenso ernst damit wie mit dem letzten Versprechen, das er beim Anblick dieses alten Gemäuers gemacht hatte.
Er wandte sich dem Butler zu, um ihn zu begrüßen. Der Dienstbote tat einen Schritt nach vorn, und in diesem Augenblick sah er sie. Sie stand auf der obersten Treppenstufe, ein paar Zoll abseits von den anderen Angestellten. Sie hatte den Kopf hoch erhoben. Der Wind frischte auf, als hätte das gesamte Universum bis zu diesem Moment den Atem angehalten. Sie blickte ihn direkt an, und Ash hatte das Gefühl, als täte sich in seiner Brust ein riesiger Hohlraum auf.
Er hatte die Frau nie zuvor gesehen. Das war einfach nicht möglich, denn er hätte sich daran erinnert, wie ihr Anblick sich anfühlte, wie richtig sie sich anfühlte. Sie war hübsch, selbst wenn ihr Haar streng nach hinten gekämmt und unter dem weißen Spitzenhäubchen zu einem Knoten aufgesteckt war. Doch es war nicht ihr Äußeres, was seine Aufmerksamkeit fesselte. Ash hatte genug schöne Frauen zu sehen bekommen. Vielleicht waren es ihre Augen, die ihn so streng fixierten, als wäre er die Ursache allen Übels auf dieser Welt. Es mochte auch daran liegen, wie sie das Kinn reckte, so unnachgiebig, so entschlossen, während all die anderen Gesichter ringsum Unsicherheit verrieten. Was es auch war, irgendetwas an ihr brachte tief in ihm eine Saite zum Erklingen.
Es erinnerte ihn an die Misstöne, die ein Orchester beim Stimmen der Instrumente verursachte: Dissonanz, die sich ganz plötzlich in Harmonie auflöste. Oder an das leise Grollen, mit dem sich ein Gewitter am Horizont ankündigte. An all das. Und doch an nichts von alledem. Es war reiner Instinkt, der ihn urplötzlich gepackt hielt. Sie. Sie.
Bisher hatte Ash seine Instinkte noch nie ignoriert – kein einziges Mal. Der Butler kam auf ihn zu, und er schluckte hart.
„Eines noch“, flüsterte er seinem Bruder zu. „Die Frau in der letzten Reihe, ganz rechts – die gehört mir.“
Bevor sein Bruder ihm einen strengen Blick zuzuwerfen oder Ash das prickelnde Gefühl unterdrücken konnte, das durch seine Adern rann, stand der Butler vor ihnen, verneigte sich und stellte sich vor. Ash atmete tief durch und konzentrierte sich auf den Mann.
„Mr … ich meine, My…“ Der Mann hielt inne, offensichtlich unsicher, wie er Ash anreden sollte. Da der Herzog noch am Leben war, war Ash einfach ein entfernter Vetter ohne eigenen Titel. Andererseits war er als Erbe des Herzogtitels zu ihnen gekommen, auf ausdrückliche Anordnung eines Gerichts. Ash konnte sich denken, was in dem Butler vorging: Sollte er riskieren, den Mann zu beleidigen, der möglicherweise sein nächster Dienstherr wurde? Oder sollte er sich streng an die Etikette halten?
Ash warf die Zügel einem Stallburschen zu. „Sie können mich einfach Mr Turner nennen. Es besteht keinerlei Anlass, sich Sorgen darüber zu machen, wie Sie mich ansprechen müssen. Ich weiß ja selbst kaum, wie ich mich nennen soll.“
Der Mann nickte, und seine Gesichtszüge entspannten sich ein wenig. „Mr Turner, wünschen Sie zuerst eine Führung durch das Haus, oder möchten Sie und Ihr Bruder zunächst einen kleinen Imbiss einnehmen?“
Ashs Blick wanderte zu der Frau in der letzten Reihe. Sie begegnete seinem Blick. Ihre Miene wirkte unerbittlich, und ein merkwürdiger Schauer überlief ihn. Er empfand nicht direkt Lust, eher eine Vorahnung von Begehren, als raunte ihm der Wind, der an seinem Krawattentuch zerrte, leise ins Ohr: Nimm sie. Sie.
„Viel Glück“, brummte Mark. „Ich habe nicht den Eindruck, als könnte sie dich besonders gut leiden.“
Das hatte Ash bereits aus der Art geschlossen, wie sie das Kinn reckte.
„Keinen Imbiss“, sagte Ash laut. „Keine Verzögerung. Ich möchte alles wissen, je eher, desto besser. Ich werde auch mit Parford reden müssen. Am besten fange ich so an, wie ich weiterzumachen gedenke.“ Er warf der Frau einen letzten Blick zu
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