Historical Gold Band 251
nicht länger erben können, stehst du als Erbe der Herzogswürde an vierter Stelle. Das bringt eine Menge Vorteile mit sich. Es könnten sich allerlei Gelegenheiten bieten.“
„So würdest du also umschreiben, was du im letzten Jahr getan hast? Dass sie ‚nicht länger erben können‘?“
Ash ignorierte diese Spitze. „Du bist jung. Du bist attraktiv. Bestimmt gibt es in Somerset viele hübsche Milchmädchen, die entzückt wären, einen Mann kennenzulernen, der so kurz vor der Herzogswürde steht wie du.“
Kurz vor dem Tor zum Park zügelte Mark sein Pferd. Ash verspürte leisen Ärger ob dieser Verzögerung, doch auch er brachte sein Pferd zum Stehen.
„Sprich es aus“, verlangte Mark. „Sag, was du den Dalrymples angetan hast. Du hast diese Sache von Anfang an immer nur schöngeredet. Wenn du nicht einmal fertigbringst, es in Worte zu fassen, hättest du es niemals tun dürfen.“
„Himmel. Du redest ja, als hätte ich sie umgebracht.“
Doch Mark sah ihn nur an. Seine blauen Augen glühten. In dieser Stimmung und während die Sonne sein blondes Haar zum Leuchten brachte, wäre Ash nicht überrascht gewesen, wenn sein Bruder ein flammendes Schwert aus der Satteltasche gezogen und ihn für immer aus dem Garten Eden verbannt hätte. „Sprich es aus“, wiederholte Mark.
Außerdem bat sein kleiner Bruder ihn so selten um irgendetwas. Ash hätte Mark alles gegeben, was dieser sich wünschte, solange er es sich … nun ja, wünschte.
„Also schön.“ Er sah seinem Bruder in die Augen. „Ich habe dem Kirchengericht Beweise vorgelegt, dass der Duke of Parford bereits verheiratet war, als er sich mit seiner zweiten Frau vermählte, diese zweite Ehe also ungültig ist. Die Kinder, die dieser Ehe entsprossen, wurden für illegitim und erbunwürdig erklärt. Woraufhin der verhasste entfernte Vetter des Dukes – ich also – zum mutmaßlichen Erben wurde.“ Ash setzte sein Pferd wieder in Bewegung. „Ich habe den Dalrymples überhaupt nichts angetan. Ich habe nur ans Licht gebracht, was ihr eigener Vater ihnen vor langen Jahren angetan hat.“
Und dafür würde er sich nicht entschuldigen.
Mark schnaubte und spornte sein Pferd an. „Du hättest es nicht tun müssen.“
Doch, das hatte er. Ash glaubte nicht an Vorhersagen und spirituellen Hokuspokus, aber hin und wieder hatte er gewisse … Vorahnungen, auch wenn das Wort einen okkulten Beigeschmack hatte, der ihm nicht behagte. Besser vielleicht, man charakterisierte es als Gespür, als verriete ihm ein Naturtrieb tief im Innersten Wahrheiten, welche die menschliche Intelligenz, stumpf geworden durch die Zivilisation, nicht erkennen konnte.
Als er das von Parford herausgefunden hatte, war ihm mit überdeutlicher Gewissheit klar geworden: Wenn ich der neue Duke of Parford werde, kann ich meine Brüder endlich aus dem Gefängnis befreien, das sie für sich errichtet haben.
Sobald dies in der Waagschale lag, konnte es durch keinerlei moralische Bedenken mehr aufgewogen worden. Die enterbten Dalrymples hatten keine Bedeutung. Außerdem, was hatten Richard und Edmund seinen Brüdern nicht alles angetan? Also wirklich! Er vergoss keine Träne über deren Verlust.
Die Dienstboten hatten sich inzwischen versammelt und hielten sich kerzengerade, während Ash die Auffahrt hinauftrabte. Sie waren zu gut geschult, um ihn anzustarren, zu höflich, um eine feindselige Haltung einzunehmen. Höchstwahrscheinlich legten sie zu viel Wert auf ihren Lohn, sodass sie höchstens hinter vorgehaltener Hand über den Emporkömmling nörgelten, den ihnen das Gericht aufgezwungen hatte.
Lang würde es nicht dauern, bis sie ihn ins Herz geschlossen hätten. Das taten schließlich alle.
„Wer weiß?“, sagte er leise. „Vielleicht gefällt dir eines der Dienstmädchen. Du kannst haben, wen du willst.“
Mark warf ihm einen amüsierten Blick zu. „Hebe dich, Satan, von mir!“, sagte er und schüttelte den Kopf.
Ashs Pferd kam zum Stehen, und er stieg langsam ab. Das Herrenhaus wirkte kleiner, als Ash es in Erinnerung hatte, und die honiggelbe Fassade machte keineswegs einen düsteren und einschüchternden Eindruck, sondern sah warm und freundlich aus. Das Haus hatte nichts mehr von der uneinnehmbaren Festung, die Ashs Erinnerungen jahrelang verdüstert hatte. Es war einfach nur ein Haus. Zugegeben, ein ziemlich großes Haus, aber nicht das dunkle, bedrohliche Gebäude, das ihn nicht mehr losgelassen hatte.
Die Dienstboten hatten sich ordentlich vor ihm
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