HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Eingang zur Kirche, neben ihm der junge Diakon. Sie begrüßten jeden Einzelnen der Gemeinde. Der Altar war mit Wildblumen geschmückt, die die beiden jüngeren Lambert-Schwestern an diesem Tag eigenhändig gepflückt hatten und die einen betörenden Duft verströmten.
Eigentlich hatte Ambrosia sich an Bord der Undaunted trauen lassen wollen, zumal der junge Randolph das stolze Schiff tatsächlich unbeschadet aus den feindlichen Gewässern nach Land’s End gebracht hatte. Doch ihre Familie hatte ihr dieses Vorhaben ausgeredet mit dem Hinweis, dass sowohl ihr Vater als auch Großvater ihr Ehegelübde in der Kirche abgelegt hatten.
Geoffrey Lambert stand stolz und aufrecht im Mittelschiff des Gotteshauses und beobachtete, wie sich die Sitzreihen mit Gästen füllten. Dieselben Menschen, die anlässlich der Trauerfeier für John und James gekommen waren, wollten nun heute an Ambrosias Glück und Freude teilhaben.
In gewisser Weise schloss sich für Geoffrey Lambert an diesem Tag ein Kreis. Er hatte sich selbst als alt und dem Tode nahe gefühlt. Und dann, ganz plötzlich, durch die Ankunft eines Fremden, war in ihm neuer Lebensmut erwacht. Und auch seine Kräfte, die er bereits als unabänderlich verloren betrauert hatte, waren wie durch ein Wunder noch einmal zurückgekehrt.
Winifred Mellon kam vom Altar, wo sie letzte Hand an den Blumenschmuck gelegt hatte, auf ihn zu. Sie strahlte und lächelte glücklich. Und auch auf Geoffreys Zügen lag ein Strahlen.
„Habe ich dir schon gesagt, wie ungemein reizend du heute aussiehst, Winnie?“
Miss Mellons Wangen röteten sich ein wenig. „Nein, Geoffrey. Vielen Dank. Und du siehst ungemein stattlich aus in deiner Kapitänsuniform.“
Er bot ihr galant den Arm und führte sie zu dem kleinen Nebenraum. Dort ließ sich Ambrosia soeben von ihren Schwestern beim Anlegen des Schleiers helfen. Auch Mistress Coffey stieß zu ihnen, um Ambrosia hilfreich zur Seite zu stehen.
In dem Raum hatten sich die drei Lambert-Schwestern für einige Augenblicke der gemeinsamen Besinnung zusammengefunden, und die gute Winnie, ihre alte Kinderfrau, war zu Tränen gerührt bei dem Anblick, den die jungen Frauen boten.
Bethany trug zu ihrem roten, wie eine Krone auf dem Kopf zusammengefassten Haar ein lindgrünes Gewand aus feinstem Gewebe. Die blond gelockte Darcy hatte sich für ein hellblaues Kleid entschieden.
Ambrosia, die ihre Schwestern an den Händen hielt, trug das Hochzeitsgewand ihrer Mutter. Es war aus so zarter Spitze geschneidert, dass Ambrosia darin wie ein Engel aussah. Die schwarze Haarpracht fiel ihr in ungebändigten Locken bis weit über den Rücken. Der Schleier war in einer Tiara, einem kostbaren Geschenk des Königs, auf ihrer Kopfmitte befestigt.
„Es wird niemals wieder so sein wie früher, nicht wahr?“, flüsterte Bethany mit erstickter Stimme.
„Warum nicht?“, wollte Ambrosia wissen.
„Weil du jetzt Riordan hast. Er wird zwischen uns stehen.“
„Nie und nimmer!“, wischte Ambrosia den Einwand beiseite. „Wir sind Schwestern. Daran kann nichts und niemand etwas ändern.“ Sie sprach so entschlossen und bestimmt, dass keiner Zweifel an ihrer Aussage hatte.
„Du meinst wirklich, dass wir auch in Zukunft noch zusammen segeln werden?“ Darcy tupfte sich mit einem Spitzentaschentuch vorsichtig ein paar Tränen ab.
„Ja, selbstverständlich. Und nicht nur das. Wir werden gemeinsam allen Widerständen trotzen und auch kämpfen, wenn nötig. Zusammen sind wir unbesiegbar.“
„Ja, du hast recht. Niemand kann uns besiegen“, erklärte Bethany.
„Niemand“, bekräftigte Darcy.
Die drei Mädchen umarmten sich inniglich. Erst ein Geräusch an der Tür ließ sie aufhorchen.
„Du siehst aus wie ein Wirklichkeit gewordener Traum, mein Mädchen“, erklärte Geoffrey und trat näher, um Ambrosia herzlich in die Arme zu nehmen. Dabei achtete er jedoch sorgsam darauf, ihr Kleid nicht zu zerknittern.
„Danke, Großvater. Hast du Riordan irgendwo gesehen?“
„Ja.“ Geoffrey lachte leise. „Er sieht aus wie ein Mann, der jeden Moment zum Galgen geführt wird.“
Die anderen lachten.
„So schlimm steht’s um ihn?“
„Nein, nein, meine Kleine“, beruhigte Geoffrey seine älteste Enkelin. „Er wird diesen Tag schon überstehen, denn es gab schon schlechtere. Außerdem bietet ihm der König seine Unterstützung und dazu das eine oder andere Ale, wenn ich mich nicht irre.“
Mistress Coffey zwinkerte heftig, um ihre Tränen zurückzudrängen.
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