Historical Saison Band 06
Kamm in Berührung gekommen.
Die Aufmachung des Marquis passte auf erschreckende Weise zu den dekadenten Wandmalereien, dem Reigen nackter Putti und mäßig bekleideter Schäferinnen. Weder Quinlan House noch sein Besitzer waren für einen verfeinerten Stil bekannt.
Peter hingegen kleidete sich elegant und maßvoll, als ob er unbewusst gegen die Ausschweifungen des Vaters rebellierte. Er trug einen strengen dunkelblauen Gehrock und helle Pantalons und wirkte inmitten des barocken Prunks wie ein Fremdkörper.
„Mein Mitgefühl ist Ihnen gewiss, Sir“, erwiderte Peter höflich. „Aber ich weiß nicht, wie ich Ihnen helfen könnte.“
„Du musst eine reiche Erbin heiraten“, erklärte der Marquis und wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab. „Heiraten, die Braut ins Bett legen, die Ehe vollziehen …“
„Ich verstehe, Sir“, unterbrach Peter seinen Vater, um ihn an weiteren Ausführungen zu hindern. „Sie haben diese Bitte bereits vor einiger Zeit ausgesprochen.“
„Diesmal bitte ich dich nicht, ich befehle es dir“, fuhr ihn der Marquis gereizt an. „Ich will kein ewiges Hin und Her! Die Sache muss baldmöglichst in trockenen Tüchern sein.“
Peter musterte ihn nachdenklich. Sein Vater wich den Blicken bewusst aus und konzentrierte sich ganz darauf, mit zittriger Hand die Falten seines Morgenmantels zu glätten. Wie immer verspürte Peter eine Mischung aus Abscheu und tiefem Mitleid. Seit Jahren trank der Marquis of Quinlan sich ins Grab und stellte seinen Besitz dem Untergang anheim.
Das Ausmaß des Problems war Peter erst bewusst geworden, als er vier Jahre zuvor aus dem Krieg zurückgekehrt war. Der körperliche Verfall seines Vaters hatte ihn furchtbar erschreckt. Doch all seine Bemühungen, den Marquis von der Flasche fernzuhalten, erwiesen sich als vergeblich. Um den Entwöhnungsprozess zu unterstützen, hatte er verschiedene Ärzte kommen lassen, die sich einen Ruf als Experten erworben hatten. Aber der Marquis hatte sie alle rasch abgefertigt, indem er rundheraus erklärte, dass ihm seit dem Tod von Peters Mutter nichts mehr bedeute als sein Weinkeller und er keinesfalls beabsichtige, daran etwas zu ändern.
Peter versuchte, ruhig zu bleiben. „Warum auf einmal diese Eile, Sir?“
Unruhig rutschte der Marquis auf dem Sessel hin und her, als ob er auf heißen Kohlen säße. Er hob die Flasche, bemerkte, dass sie leer war und ließ den Kopf auf die Brust sinken.
„Bank … Hypothek … Aufkündigung … keine weiteren Kredite …“, waren die einzigen Wörter, die Peter aus dem undeutlichen Gemurmel seines Vaters heraushören konnte, aber sie reichten ihm völlig aus, um den Ernst der Lage zu erkennen. Der Marquis of Quinlan war bankrott.
„Wie viel?“, fragte Peter leise.
Der Marquis wand sich und stöhnte, gab aber immerhin eine verständliche Antwort. „Dreißigtausend.“
Im Geiste verdoppelte Peter die Zahl, um eine halbwegs realistische Einschätzung zu haben. Er verzog keine Miene. Als Erbe des verarmten Marquisats war ihm klar gewesen, dass die Aussicht auf seinen Titel eines Tages im Austausch für das Vermögen einer Dame zu Markte getragen würde. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass er zu diesem Schritt mit solch rücksichtsloser Hast getrieben werden würde. Dazu gab es nicht mehr viel zu sagen. Sein Vater hatte sein Erbe den Bach hinuntergehen lassen, und sofern er noch irgendetwas davon retten wollte, musste er unverzüglich heiraten.
Triumphierend zog der Marquis eine weitere Flasche unter dem Tischchen aus Walnussholz hervor und hob sie in die Höhe, als wollte er ein Prosit ausrufen. „Kein Grund zur Sorge, mein Junge. Du musst nicht lange herumpirschen, denn ich bin bereits für dich fündig geworden! Eine besonders fette Taube habe ich dir ausgesucht, du brauchst nur noch dein Gewehr herauszuholen und …“
„Bitte ersparen Sie mir Ihre Jagdmetaphern, und kommen Sie zur Sache“, schnitt ihm Peter das Wort ab. Und spöttisch fügte er hinzu: „Wer ist die Glückliche, die Sie für mich auserwählt haben?“
„Es ist Anthony Lyndhursts Cousine“, erwiderte der Marquis. „Nimm direkt den Ehevertrag mit meiner schriftlichen Einwilligung mit, dann kann alles geschwind erledigt werden, und keine Anstandsdame wird dir Hindernisse in den Weg legen.“
Peter starrte auf die weiße Einladungskarte auf dem Kaminsims, deren schwarze Buchstaben bereits sein unausweichliches Schicksal anzukündigen schienen. Lyndhursts Cousine. Er runzelte die Stirn
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