Historical Saison Band 18 (German Edition)
selten.
Sie unterhielten sich oft und über die verschiedensten Themen. Was er sagte, war stets wohlüberlegt, aber direkt. Er war ein guter Zuhörer und immer bereit, Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen mit Humor zu nehmen.
Und jedes Mal, wenn sie zusammen waren, knisterte es förmlich zwischen ihnen vor gespannter Erwartung. Er berührte sie häufig, um ihr eine Locke aus der Stirn zu streichen oder hinters Ohr zu stecken. Er legte ihr seine Hand auf den Rücken, wenn er sie durch eine Tür geleitete, umfasste ihre Taille, wenn er sie in ihren Curricle hob. Sie liebte es, wenn er sie berührte, sehnte sich danach, genoss es und konnte nicht genug davon bekommen.
Bei jeder Berührung schlug ihr das Herz so schnell, dass man hätte glauben können, ein aufgeregtes Vögelchen flattere in ihrer Brust. Sie begehrte Neville von Tag zu Tag mehr, und aus Sorge, dass sie sich in ihrer Entscheidungsfindung womöglich von Verlangen statt von ihrem gesunden Menschenverstand leiten ließ, urteilte sie bei ihm viel strenger als bei jemandem, der ihr nichts bedeutete.
Es ließ sich nicht leugnen, dass er unglaublich zuvorkommend war und sie umwarb, als hätte er nichts anderes zu tun. Doch obgleich sie seine nicht nachlassende Aufmerksamkeit außerordentlich genoss, fragte sie sich, wovon er seinen Lebensunterhalt bestritt.
Sie erkundigte sich bei Mr Tood, der ihr versicherte, dass Morleigh ein paar Kapitalanlagen besaß, die ihm ein angemessenes Auskommen bescherten. Viel konnte es ihrer Meinung nach nicht sein, der anspruchslosen Unterkunft über dem Schreibwarengeschäft, dem Fehlen eines Pferdes wie auch einer Kutsche und seinen bescheidenen Geschenken nach zu urteilen.
Er brachte ihr Präsente mit, die Fantasie verrieten und sorgfältig ausgewählt waren, aber nicht viel gekostet hatten. Etwa Blumensträuße, der Jahreszeit entsprechend meist hübsche Gladiolengestecke oder Asternbouquets, einmal ein seidenes Taschentuch mit Spitzensaum und am vierzehnten Tag ihrer Bekanntschaft ein kurzes, handgeschriebenes Liebesgedicht auf Pergament.
Sie saßen nach dem Dinner auf dem Kanapee in ihrem Salon und tranken einen Likör, als er es ihr überreichte. „Für Sie, Miranda.“
„Wer hat das geschrieben?“, fragte sie, als sie den wohlformulierten Vers in dem feinen Goldrahmen gelesen hatte.
Er zuckte mit der Schulter und lächelte schief, als wäre es ihm unangenehm zu antworten.
„Haben Sie es gedichtet?“ Er wich ihrem Blick aus. „Es ist zauberhaft, Neville. Allein die kunstvolle Schönschrift! Und die Worte sind so bewegend. Wer immer der Urheber ist – er scheint hingerissen vom Objekt seiner Zuneigung.“
Er rückte näher und griff nach ihrer Hand. „Ich gebe zu, das bin ich. Völlig hingerissen.“
Es überraschte sie nicht sonderlich, dass er der Verfasser war. „Hingerissen von mir?“, fragte sie und hätte gern weniger aufgeregt geklungen. Und nicht so naiv, schließlich war sie kein unerfahrenes Schulmädchen mehr.
Er beugte sich zu ihr. „Natürlich von Ihnen.“
Sie rückte ein Stück von ihm ab. „Aber das Gedicht handelt von der Verliebtheit in eine Mätresse , Neville.“
Lächelnd rückte er an sie heran und küsste sie.
Ihr Verstand sagte ihr, dass sie sich von ihm lösen und keinen Zweifel daran lassen sollte, dass er sie beleidigt hatte. Aber weder ihr Mund noch ihre Muskeln gehorchten ihr. Stattdessen erwiderte sie den Kuss und verspürte ein Entzücken, von dem sie nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
Der Kuss war so zärtlich wie die, die sie von ihrem verstorbenen Ehemann gewohnt war, doch im Unterschied zu Ludmore forderte Neville unnachgiebig ihre Mitwirkung. Der Vergleich drängte sich ihr auf, ohne dass sie es wollte.
Er schlang die Arme um sie, und der Kuss wurde fordernder. Genau so hatte sie es sich erträumt! Mit den Fingern erkundete er das feine Haar in ihrem Nacken, drückte sie an sich, sodass ihre Brüste an seinen Brustkorb gepresst wurden. Die Empfindung ließ ihre Sinne durcheinanderwirbeln wie Blätter in einem plötzlichen Windstoß, sandte Wellen heißen Verlangens durch sie hindurch, die sie schwindlig machten. Jeden Gedanken an Schicklichkeit vergessend, drängte sie sich an ihn.
Sie spürte, wie er ihren Rücken durch den Stoff ihres locker sitzenden Kleides hindurch streichelte. Dann ließ er die Hand zu ihrer Taille gleiten, strich an ihren Rippen hinauf und umfasste ihre Brust. Und die ganze Zeit küsste er sie. Hörte nicht auf, sie zu küssen.
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