Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
gehofft hätte, dass eine gewitzte Zunge alles andere wettmachen konnte.
Unterdessen gab sie sich tatsächlich Mühe, sich gut zu benehmen, tat ihr Bestes, um sich am Weihnachtsfest zu erfreuen, und vertiefte sich in die hektischen Hochzeitsvorbereitungen ihrer Cousine. Gerald kam sogar an einem Tag ganz ohne Eskorte nach Woldingham geritten, um zu prüfen, ob der Friedensschluss von Dauer war.
Zwar brachte er zunächst die Gemüter zum Kochen, doch Nicolettes warmherzige Begrüßung und das vernünftige Auftreten von Tante Ellen, die den jungen Mann willkommen hieß, ließen schnell wieder Ruhe einkehren. Allmählich lief alles wieder seinen gewohnten Gang auf der Burg, und man akzeptierte den Feind in den eigenen Reihen.
Joan wurde die Aufgabe zugeteilt, für die Dauer des Treffens Anstandsdame für die beiden zu spielen. Sie setzte sich in eine Ecke und begann zu nähen, während sie das Getuschel und gelegentliche Gelächter zu ignorieren versuchte. Als es plötzlich still war, sah sie, dass die beiden sich in einem Kuss verloren hatten, den sie eigentlich nicht durchgehen lassen durfte. Doch wer sollte sich daran schon stören?
Höchstens sie selbst.
Sie und Edmund hatten sich nicht so geküsst, nicht auf diese friedliche Art, die für die Ewigkeit gedacht war. Für sie beide hatte es keine Ewigkeit gegeben. Sie fürchtete sich vor dem Dreikönigstag, an dem die Hochzeit stattfinden und das Banner an seinen neuen, neutralen Platz gebracht werden sollte. Würde sie das überstehen, ohne sich zum Narren zu machen? Anschließend würde sie heimkehren, denn dann gab es nichts mehr, was sie hier noch halten konnte.
Schließlich setzte die Dämmerung ein, und Gerald musste aufbrechen, auch wenn er zweifellos viel lieber geblieben wäre. Er nahm Joans Hand und küsste sie. „Ihr seid eine ausgezeichnete Anstandsdame, Mylady.“
„Vor allem aus Eurem Blickwinkel“, gab sie schroff zurück.
Er war so blond wie sein Bruder, und er sah wirklich gut aus, doch neben Lord Edmund konnte er nur verblassen.
Lächelnd sagte er: „Ja, selbstverständlich. Aber hätte Lady Ellen wirklich mehr Anstand gewünscht, dann wäre sie selbst hiergeblieben. Doch sie ist eine kluge Frau, die weiß, wann das Pferd den Stall verlassen hat.“
Joan warf ihm einen ernsten Blick zu. „Ihr sollt wissen, Sir Gerald, dass ich Euch als Schuft betrachte, weil Ihr Nicolette verführt und dadurch beinahe eine Katastrophe heraufbeschworen habt.“
Er schaute seine Verlobte an. „Ist denn immer der Mann schuld?“
Nicolette errötete, doch Joan entgegnete: „Es ist immer die Frau, die dafür bezahlen muss.“
Gerald legte den Kopf ein wenig schräg, während er Joan betrachtete. „Edmund sprach bereits davon, dass Ihr eine sehr vernünftige Jungfrau seid. Nun verstehe ich, was er damit meinte.“ Mit diesen Worten verließ er den Raum.
„Joan?“, fragte Nicolette. „Was ist denn mit dir?“
Sie lachte als Antwort darauf, obwohl ihr zum Weinen zumute war. Eine vernünftige Jungfrau. Vermutlich würde so die Inschrift auf ihrem Grabstein lauten, und wenn das alles war, was Lord Edmund de Graves über sie zu sagen hatte, dann würde sie ohnehin bald sterben wollen. Leichter Schneefall hatte eingesetzt, als sie auf dem Weg zur Hochzeit waren, aber als sich die Gruppe der de Montelans dem Bethlehem-Feld mit der neuen Kapelle an einer Seite des Geländes näherte, hatte es aufgehört zu schneien, und der Himmel war grau verhangen. Die Mitte des Feldes war frei geblieben, da dort das Kloster entstehen würde.
Von der anderen Seite näherte sich das Rot und Gold der de Graves’, während sich ringsum das gewöhnliche Volk versammelt hatte, um diesen bedeutenden Tag mitzuerleben und um das Bethlehem-Banner zu sehen. Gleichzeitig war aber auch jeder von ihnen darauf gefasst, beim ersten Anzeichen von Ärger die Flucht zu ergreifen.
Joan konnte es ihnen nicht verübeln; immerhin trugen alle um sie herum unter ihren hübschen Mänteln oder Umhängen Rüstung und Waffen, die bei jedem Schritt leise schepperten. Die meisten Zaungäste waren höchst angespannt und achteten genau auf jede Bewegung, denn niemand wollte daran glauben, dass der heutige Tag wie geplant ohne einen Ausbruch von Gewalt ablaufen sollte. Nicht einmal Joan war davon restlos überzeugt.
Diesmal durchschritten beide Parteien die Lücken in der Hecke und betraten das Feld. Die bewaffneten Männer beider Seiten standen sich gegenüber, während sich die beiden Familien in
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