HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 02
auf das er kein Recht hatte. Er wusste, dass er sich auf gefährlichem Gebiet befand. Aber wie ihr Finger seine Lippen berührte – das war der süßeste Genuss.
Tatsächlich begehrte er sie. Du lieber Himmel, und wie er sie begehrte. Wie konnte er behaupten, er würde sie beschützen, wenn er ihr die Unschuld rauben wollte?
Voll Abscheu vor sich selbst ließ er die Hände sinken und trat zurück.
Lindsay sah ihn ungläubig an. „Was ist, Morgan? Was habe ich getan?“
„Du hast gar nichts getan. Es liegt an mir … ich brauche die Nachtluft.“
Er drehte sich um und ging zur Tür.
Beim Klang ihres leisen Schreis hätte er fast nachgegeben und wäre stehen geblieben. Aber er erinnerte sich daran, dass er ihrem Vater sein Wort gegeben hatte. Mit zitternden Händen schob er den Riegel an der Tür zurück und trat in die Nacht hinaus, ohne sich noch einmal umzublicken.
8. KAPITEL
Lindsay beobachtete, wie Morgan fortging. Als die Tür sich schloss, stand sie reglos da, als wäre sie aus Stein gemeißelt. Der Schreck, der sie durchfahren hatte, ließ sie erstarrt zurück.
Sie hatte es wieder getan. Mit ein paar wenigen, einfachen Worten hatte sie Morgan vertrieben. Bei dieser Erkenntnis überfiel der Schmerz sie wie eine Woge und zwang sie fast auf die Knie. Haltsuchend griff sie nach der Rückenlehne der Bank, um nicht zu Boden zu fallen.
Während sie so dastand, überdachte sie noch einmal jedes Wort, das sie gesprochen hatte. Und jede ihrer Bewegungen.
Alles, was sie gewollt hatte, war, ihn zu erfreuen. Aber er hatte ihr Angebot kalt zurückgewiesen. Schlimmer noch, er war fortgegangen. Wieder fortgegangen. Was wussten andere Frauen, was sie nicht wusste? Wie konnte sie ihm verständlich machen, dass alles, was sie sich wünschte, seine Liebe war?
Liebe. Dieser Mann besaß ihr Herz bereits. Aber das war nicht genug. Sie wollte, dass er sie liebte. Doch immer, wenn sie sich ihm anbot, wies er sie zurück.
Ach, wenn doch ihre Mutter noch lebte oder ihre welterfahrene Schwägerin. Sie hätten sie lehren können, wie man sich als Frau richtig verhielt. Stattdessen war sie unwissend. Unwissend und ungeschickt.
Närrin, schimpfte sie sich, während sie begann, vor dem Feuer auf und ab zu gehen. Dumme, törichte Närrin. Sich Morgan so an den Hals zu werfen und ihn wie irgendeine plumpe Verführerin zu erregen.
Abrupt blieb sie stehen. Ja. Er war erregt. Genauso erregt wie sie selbst.
Warum also hatte er ihr Angebot zurückgewiesen?
Wieder begann sie, auf und ab zu gehen. Vielleicht wies er sie gar nicht zurück. Vielleicht gab es da noch etwas anderes.
Sie drehte sich um und starrte auf die geschlossene Tür. Obwohl Morgan ein Krieger war, ein Mann, der durch Täler und Dörfer wanderte, nach den Barbaren suchte und sich mit ihnen Schlachten lieferte, war er nicht wie manche Männer, denen sie begegnete, die sorglos die Frauen ausnutzten und dann verließen, ohne noch einmal zurückzuschauen. Etwas Edles und Feines umgab Morgan. Hatte er nicht ihren Vater gefragt, ob er um sie werben dürfte? Hatte er nicht geschworen, sich um ihre Zukunft und die ihrer Familie zu kümmern?
Konnte es sein, dass ihm ihre Ehre wichtiger war als seine eigenen Bedürfnisse?
Lindsay schloss die Augen, schlang die Arme um den Körper und stieß einen langen Seufzer aus, als die Erkenntnis sie überwältigte. Natürlich. Morgan unterdrückte sein eigenes Verlangen, um seinem Schwur, sie zu beschützen, treu zu bleiben.
Sie öffnete die Augen und stieß ein leises, vergnügtes Lachen aus. Oh, wie sie ihn liebte. Und warum auch nicht? Welch anderer Mann hätte den Mut, eher fortzugehen als anzunehmen, was sie ihm anbot? Sie lachte erneut, während sie nach dem Fellumhang griff und in die Dunkelheit hinauseilte. Sie würde Morgan finden, auch wenn sie nicht wusste, was sie dann tun würde.
Morgan stand am Fluss. Er atmete tief ein und füllte seine Lungen mit der kalten Nachtluft. Es war ihm gelungen zu gehen, gerade noch. Eine weitere Minute in der Hütte, und er hätte Lindsay gleich dort genommen. Obwohl er stark genug für sie beide sein wollte, war er doch auch nur ein Mann. Und was Lindsay ihm anbot, war alles, was er sich wünschte. Alles und noch mehr.
Viele Dorfmädchen hatte es gegeben, die sich dem Sohn des Laird an den Hals geworfen hatten, in der Hoffnung, Herrscherin über das Land zu werden. Und seitdem er ein Krieger war, bot so manches Hochlandmädchen ihm seine Reize an, weil es sich wünschte, ein oder zwei
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