Historical Weihnachtsband Band 4
schüttelte amüsiert den Kopf und nahm die merkwürdigen Utensilien in die Hand. „Er muss seine Fähigkeiten unbedingt auch einmal auf etwas anderes konzentrieren als nur Essbesteck.“
Das ließ Claire aufhorchen. „Warum? Was ist falsch daran, Besteck herzustellen?“
„Nicht das Geringste.“ Er sah sich um und entdeckte offenbar etwas Interessantes, auf das er gleich zuging. „Es ist nur, dass er da in seinem Keller eingesperrt ist und Dinge neu erfindet, die nicht neu erfunden werden müssen. Stell dir doch nur vor, was er erreichen könnte, wenn er sich mit etwas beschäftigen würde, das die Welt wirklich braucht. Er ist noch jung genug. Er könnte reisen und lernen, was in der Welt vorgeht.“
Er könnte reisen . Bei diesen Worten machte Claires Herz einen Sprung. Was würde Rafe zu einer Frau sagen, die sich genau das aus tiefster Seele wünschte?
Er ging weiter, und sie beeilte sich, ihm zu einer Bücherkiste zu folgen. „ Die sieben Wunder der modernen Welt. Eine Reise nach Rangoon. Pistolen und Petticoats: Abenteuer im Amerikanischen Westen. “ Er las noch mehrere Titel vor und bückte sich, um einen weiteren Band herauszuholen. „ Eine englische Dame auf Reisen in Afrika. “ Er sah erstaunt auf. „Diese können unmöglich Tante Eloise gehören.“
„Sie gehören mir“, gestand sie ein. „Ich lese viel, weißt du nicht mehr? Geschichte, Geographie und Beschreibungen verschiedener Expeditionen. Aber besonders Reiseberichte haben es mir angetan. Eines Tages werde ich jede Stadt besuchen und alle Kulturen und Naturwunder, von denen ich in meinen Büchern gelesen habe.“
„Das mag sich als recht kostspielig herausstellen.“ Er betrachtete sie nachdenklich.
„Nur weil ich Waise bin, heißt das nicht, dass ich über keine Mittel verfüge. Ich besitze ein kleines Vermögen, und eines Tages werde ich eine Möglichkeit finden, auf Reisen zu gehen.“
„Und wo würdest du deine abenteuerliche Reise beginnen?“
„Na ja ... Aber lach bitte nicht. Ich möchte zuerst in die Wüste Sahara.“
Er lachte nicht, griff jedoch nach ihren Händen, als wollte er sich im Voraus für seine Antwort entschuldigen. „Ich werde freundlich sein, ich verspreche es. Doch warum die Wüste? Dort gibt es nichts außer Sand.“
Widerstandslos ließ sie zu, dass er sie dichter an sich zog. „Ich kann mir einfach keine so riesige Fläche vorstellen, in der es nie regnet.“
„Du bist so englisch.“ Er lachte. „Hast du denn keine Angst, du könntest enttäuscht werden, wenn du all diese Orte in Wirklichkeit siehst?“
Sie straffte die Schultern. „Ich weiß, ich mag in deinen Augen naiv erscheinen, trotzdem bin ich kein grünes Ding mehr. Und ich fürchte mich auch nicht vor Enttäuschungen. Ich habe bereits einige der größten Enttäuschungen erlebt, die das Leben einem bescheren kann, und habe es überlebt. Was macht es schon aus, wenn der Taj Mahal sich bei Sonnenuntergang nicht wirklich rosa färbt oder Elefanten bösartig sind oder die Kasbahs voller Taschendiebe? Für jede Enttäuschung kann ich etwas anderes, ganz Unerwartetes finden, das mich entschädigen wird.“
Nach kurzem Zögern nickte er. „Irgendetwas sagt mir, dass du das nicht aus Büchern weißt.“
„Das Lesen hat mich die vergangenen vier Jahre davor bewahrt, meinen Verstand zu verlieren. Aber ich weiß, dass die wirklich wichtigen Lektionen im Leben nicht aus einem Buch erlernt werden können.“
Rafe legte die Bücher wieder zurück und musterte Claire nachdenklich. „Es war hier sehr schwer für dich ohne Stephen.“
Sein Ton verriet ihr, dass er nicht nur das Zusammenleben mit den Mayhews meinte.
Rafe fragte sie indirekt nach ihrer Beziehung zu Stephen.
„Es mussten vier Jahre vergehen, doch jetzt habe ich mich mit seinem Tod abgefunden.“ Traurigkeit schnürte ihr die Kehle zu. „Ich wünschte nur, ich könnte dasselbe auch über seine Familie sagen.“
Als sie zu ihm aufsah, erschrak sie ein wenig über seinen eindringlichen Blick. „Hast du ihn geliebt?“
8. KAPITEL
„Ja“, antwortete Claire mit leicht belegter Stimme. „Er war gut und freundlich zu mir, als ich hierherkam. Bald danach fuhr er nach Oxford, aber kam immer in den Ferien heim und wurde allmählich mein bester Freund. Es schien nur ganz natürlich, ihn schließlich auch zu heiraten. Nach dem Unfall gab es Tage, da konnte ich mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen.“ Sie sah ihn wie um Verständnis bittend an. „Aber ich musste neue
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