Hochzeit in St. George (German Edition)
einholen! Sie brennen soeben mit dem gesamten Barvermögen der Willowbys durch.«
Hermes, der nicht verstand, was um ihn herum geschah, brach wieder in Tränen aus. Catharine nahm ihn sofort auf den Arm.
»Warte, Richard!« rief Hetty. »Bevor du gehst, hilf mir bitte, die Schatztruhe aufzubrechen. Ich kann sie, wie gesagt, nicht aufsperren, da der Schlüssel klemmt. Hermes wird sich sicher beruhigen, wenn er mit seinen Steinen spielen kann. Was für eine Grausamkeit von Mrs. Mellvin, ihren Sohn im Stich zu lassen.«
Richard blieb stehen und drehte sich aufseufzend um. »Also gut«, sagte er. »Damit sich der arme Kerl beruhigt. Wo ist die Kiste? Charles, bringen Sie Hammer und Stemmeisen.«
»Sehr wohl, Sir.« Der Diener verbeugte sich und eilte von dannen. Das war ja eine tolle Neuigkeit! Er konnte es kaum erwarten, sie an die übrige Dienerschaft weiterzuerzählen. Die gewünschten Werkzeuge waren rasch herbeigeschafft. Hetty kniete nieder und zog die Truhe wieder unter ihrem Bett hervor.
»Aber das ist doch…«, entfuhr es Richard fassungslos. »Das ist die Truhe, in der Mrs. Mellvin das Geld verwahrt!«
»Nein, das ist sie nicht«, berichtigte ihn seine Schwester. »Hermes verwendet sie für seine Steine.«
»Bist du sicher?« fragte Richard und setzte das Stemmeisen an. »Natürlich. Ich habe doch selbst die Steine hineingelegt.«
Zwei, drei, vier Hammerschläge, und der Deckel sprang aus dem Verschluß und ließ sich ohne Probleme öffnen. In der Truhe lag das ganze Geld der Willowbys. Richard sprang auf und fiel zuerst seiner Schwester und dann seiner Gattin um den Hals. »Wie auch immer das zugegangen ist, das ist der erfreulichste Tag in meinem Leben!« rief er aus.
»Meine Steine?« schluchzte Hermes.
»Wir sammeln neue«, versprach ihm Hetty. »Noch schönere.«
Was ist denn hier los?« hörten sie Georges erstaunte Stimme vom Flur her. »Wer hat denn die Tür zertrümmert.«
»Ach, das war Richard. Mrs. Mellvin hatte Hetty eingesperrt«, erklärte Catharine.
»Tatsächlich?« erkundigte sich Hugh, der ebenfalls erschienen war. »Wo ist denn Mrs. Mellvin? Habt ihr sie gefunden?«
»Sie ist mit Roger de la Falaise auf dem Weg nach Frankreich. Mit einer Reihe bunter Kleider und einer Kiste voll mit Steinen«, erklärte ihnen Catharine.
»Steinen?« wiederholte George. »Warum denn das?«
»Die Darstellung der Ereignisse im Abschiedsbrief dürfte der Wahrheit entsprechen«, meldete sich der Inspektor zu Wort, noch bevor jemand George antworten konnte. »Es scheint tatsächlich so, als sei der Viscount eines natürlichen Todes gestorben. Wir hatten ohnehin erhebliche Zweifel, daß es möglich sein sollte, einen erwachsenen Mann mit der kleinen Marmorstatue zu erschlagen. Doch allein die Tatsache, daß diese Frau versuchte, Sie an den Galgen zu bringen, reicht aus, um ihr einige Jahre im Zuchthaus einzubringen. Wenn Sie es wünschen, Mylord, nehmen wir die Verfolgung umgehend auf.«
»Aber nein!« rief Richard aus. »Lassen Sie die beiden in Ruhe fahren. Ich ziehe es bei weitem vor, diese Frau in Frankreich zu wissen, um hier einen Skandal zu vermeiden. Was meinst du, Catharine?«
»Du hast recht, Richard«, stimmte sie ihrem Gatten zu. »Ein Leben mit Roger ist Strafe genug. Noch dazu, da die beiden kein Geld haben.«
»Wirklich ein schweres Leben«, bemerkte George schadenfroh.
»Ein wahrhaft steiniges Leben«, bestätigte Richard grinsend.
Alle stimmten in ein befreites Lachen ein.
»Jetzt muß ich mich aber meinen neuen Pflichten widmen«, sagte Catharine schließlich. »Ich werde Rosie anweisen, das Zimmer neben dem meinen zu richten. Ich möchte Hermes ganz in meiner Nähe haben. Komm, junger Freund, wir sehen uns dein neues Kinderzimmer an.« Sie reichte dem Kind die Hand, das bereitwillig neben ihr hertrottete.
»Und ich werde eigenhändig alle Bilder von den Wänden nehmen.« erklärte Richard. »Helft ihr mir, George und Hugh? Das griechische Zeitalter ist endgültig zu Ende.«
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