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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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und sich mit uns abgeben zu müssen, wo sie doch weder mit sich selbst noch mit irgend etwas anderem so ganz im reinen sein kann. Habe ihr nach Oxford geschrieben und ihr so klar gemacht wie möglich, wie sehr es mich freut, daß sie Peter so glücklich macht, und sie gefragt, wann sie mal in London sein wird, damit ich sie besuchen kann. Lieber Peter! Ich hoffe und bete, daß sie ihn wirklich so liebt, wie er es braucht; ich werde es auf den ersten Blick sehen, wenn ich sie vor mir habe.
     
    21. Mai. – Las gerade nach dem Tee in Die Sterne blicken herab (Anm. sehr deprimierend und gar nicht das, was ich vom Titel erwartet hatte – muß wohl ein Weihnachtslied im Sinn gehabt haben, erinnere mich aber jetzt, daß es etwas mit dem Heiligen Grab zu tun hat – muß Peter fragen und mich vergewissern), als Emily plötzlich »Miss Vane« melden kam. War so überrascht und erfreut, daß ich aufsprang und Ahasverus ganz vergaß, der auf meinem Schoß schlief und furchtbar beleidigt war. Ich sagte:
    »Meine Liebe, wie schön von Ihnen, daß Sie kommen« – sie sah so anders aus, daß ich sie gar nicht erkannt hätte – aber es ist ja auch schon fünfeinhalb Jahre her, und auf der Anklagebank in diesem tristen Old Bailey sieht sicher niemand besonders gut aus. Sie kam geradewegs auf mich zu, fast als ob sie vor ein Erschießungskommando träte, und sagte mit dieser merkwürdig tiefen Stimme, die sie hat, ganz ohne Umschweife: »Ihr Brief war so freundlich – ich wußte nicht recht, wie ich darauf antworten sollte, da hielt ich es für besser, gleich herzukommen. Sind Sie auch wirklich nicht allzu böse wegen Peter und mir? Ich habe ihn nämlich ganz furchtbar lieb, und daran kann man einfach nichts machen.« Worauf ich sagte: »Oh, dann haben Sie ihn nur weiter lieb, weil er es sich doch so sehr wünscht, und er ist mir von meinen Kindern eigentlich am liebsten, obwohl es sich für Eltern ja nicht gehört, so etwas zu sagen – aber jetzt darf ich es Ihnen sagen, und ich bin froh darüber.« Daraufhin gab ich ihr einen Kuß, und Ahasverus wurde so wütend, daß er ihr seine sämtlichen Krallen kräftig in die Waden schlug, so daß ich mich entschuldigen mußte und ihm einen Klaps gab, und dann haben wir uns beide aufs Sofa gesetzt, und sie sagte:
    »Wissen Sie, ich habe mir auf dem ganzen Weg von Oxford bis hier gesagt: ›Wenn ich ihr nur ins Gesicht sehen kann und alles in Ordnung ist, dann habe ich endlich jemanden, mit dem ich über Peter reden kann.‹ Das hat mich als einziges davon abgehalten, auf halbem Wege wieder umzukehren.« Armes Kind, mehr wollte sie wirklich nicht – sie war noch ganz benommen, denn anscheinend ist das alles ziemlich spät am Sonntagabend passiert; dann haben sie die halbe Nacht in einem Puntkahn gesessen und sich wie verrückt geküßt, die armen Dinger, und dann mußte er fort und konnte überhaupt nichts mehr in die Wege leiten, und wenn sie nicht seinen Siegelring gehabt hätte, den er ihr noch rasch im letzten Moment an den Finger gesteckt hatte, wäre ihr alles vorgekommen wie ein Traum. Und nachdem sie ihm die ganzen Jahre widerstanden hatte, schien sie jetzt völlig kapituliert zu haben, wie wenn man in einen Brunnen stürzt, und wußte nun anscheinend nichts mit sich anzufangen. Sie sagte, sie könne sich nicht erinnern, seit ihrer Kindheit je so restlos und zum Zerspringen glücklich gewesen zu sein, und nun fühle sie sich innerlich ganz leer. Auf Nachfrage bekam ich heraus, daß sie im wahrsten Sinne des Wortes innen leer sein mußte, denn soweit ich feststellen konnte, hatte sie seit Sonntag weder etwas gegessen noch nennenswert geschlafen. Ich schickte Emily nach Sherry und Keksen und überredete sie – ich meine H. –, zum Abendessen dazubleiben. Wir redeten über Peter, bis ich ihn förmlich sagen hörte: »Aber Mutter, du feierst ja regelrechte Orgien« (oder schreibt man das Orgyen?) … H. entdeckte Peters Photo, das von David Bellezzi, das er nicht leiden kann, und ich fragte sie, was sie davon halte. Sie sagte:
    »Hm, das ist ein recht netter englischer Gentleman, aber weder der Wahnsinnige noch der Liebhaber noch der Poet, finden Sie nicht?« Bin ganz ihrer Meinung. (Weiß gar nicht, warum ich das Ding noch aufbewahre, höchstens David zuliebe). Holte das Familienalbum. Gott sei Dank fing sie nicht gleich an, über Peterchen mit strampelnden Beinen auf dem Teppich zu glucken – kann mütterliche junge Frauen nicht ausstehen, obwohl Peter wirklich ein sehr

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