Höhenangst
mir hinaufsah. Auf seinem sonnengebräunten Gesicht lag ein breites Grinsen. Er hatte schwarze Bartstoppeln, schwarzes, volles krauses Haar und strahlende Augen. Er trug ein ehemals weißes T-Shirt und ausgebleichte Jeans. Er stemmte die Hände auf die Hüfte. Die Haare auf seinen nackten muskulösen Armen kräuselten sich in einer Sommerbrise. Klarheit umgibt die Sterbenden.
Er musste die Panik in meinen Augen erkannt haben, denn er kletterte ohne Zögern zu mir nach oben. Die Leiter bebte unter seinem Gewicht. Ich klammerte mich verzweifelt an sie und brachte durch meine kalten toten Lippen nur noch ein animalisches Gewimmer zustande.
Dann hatte mich der Riese erreicht und presste seinen großen warmen Körper gegen mich, die ich in der Fötuslage über den Sprossen hing. Seine beruhigenden Worte klangen heiß und scharf an meine Ohren. Aber um dieses Mädchen nach unten zu bekommen, musste er sich schon etwas einfallen lassen.
Kein Problem für ihn.
Er legte einen starken, behaarten Arm um meine Taille und zog mich von den Sprossen weg. Ich griff verzweifelt nach ihnen, aber er hielt mich mit sanfter Gewalt fern. Einen Arm um meine Mitte geschlungen, eine Hand auf der Leiter, so stieg er mit mir abwärts. Er ließ mich auf meine Knie fallen, als wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten.
Als er mir beim Aufstehen half, umarmte ich ihn spontan – dankbar und schwindlig. Ich merkte, wie ich wieder zu Kräften kam und die Angst verschwand. Er küsste mich fest auf den Mund.
»Hey, du großer Affe!«, keuchte ich und schob ihn weg. Mein Gesicht loderte so heiß wie die Sonne. Sie müssen wissen, eine meiner anderen Phobien ist die öffentliche Zurschaustellung von Zuneigung.
Er hieß Ken Kane und wohnte in einem kleinen Haus im Wald, wo er eine bescheidene Sägemühle betrieb. Ken lud Carrie und mich zu sich ein. Davon hielt ihn auch meine abweisende Reaktion nicht ab. Wir setzten uns um seinen rustikalen Küchentisch und tranken selbst gekelterten Wein.
Er war ein großer, unbekümmerter Naturbursche, der vermutlich noch nie etwas von verwirrenden Sexspielen gehört hatte. Grob und gefestigt, mit ungetrübten braunen Augen und Zähnen wie ein weißer Gartenzaun. Er lachte laut und herzlich, als ich meine ganze Litanei von Ängsten aufzählte und erklärte, warum er mich gefunden hatte, als ich Liebe mit den Leitersprossen machte.
»Du und ich ergänzen uns doch gut«, sagte er lachend und ließ seine große Pranke auf mein nacktes Knie fallen und zerquetschte es beinahe.
»Das wünsche ich euch beiden von ganzem Herzen«, schleimte Carrie und sah mich und seine Hand grinsend an.
Ken war groß genug, um mich ganz zu verschlingen, und alt genug, um mein Vater zu sein. Sein vernarbtes, unrasiertes Gesicht war nahe über mir. Er hatte einen rauen, ultra-maskulinen Appeal; Lichtjahre entfernt von dem ausgemergelten Charme der Bürolaffen, die ich kannte. Ich befreite mein Knie von seiner Pranke und lächelte auch, ein wenig jedenfalls.
Er schlug uns eine Besichtigung seines Anwesens vor. Wir zogen durch den Wald, und Ken erklärte uns Blumen und Pflanzen, Vogelnester und Flüsse, Biberdämme und Abwürfe von Hirschgeweihen. Dann führte er uns auf eine Anhöhe, von der aus wir die umliegenden Wälder überblicken konnten. Grüner Samt, so weit der Blick reichte.
»Vor diesem kleinen Berg hast du doch wohl keine Angst?«, neckte er mich und strahlte mich an. Er griff meine Hand und tätschelte sie warm und beruhigend.
Ich zog sie schnell weg, weil ich befürchtete, Carrie könnte es sehen.
»Eigentlich nicht. Aber hier oben ist ja auch Platz genug, und der Aufstieg war nicht schwer und ...«
Er unterbrach mein kindisches Quatschen einfach, indem er sich zu mir beugte und mich küsste. Dicke rote Lippen nahmen meine gefangen, aber viel sanfter als beim ersten Mal.
Ich warf meinen Kopf – wie schon bei seinem ersten Kuss – zurück. »Hey, wenn Carrie uns sieht ...«
»Na und?«
Ich schaute mich um, konnte meine Freundin aber nicht entdecken und entspannte mich ein wenig. Aber die Dinge entwickelten sich für mein schwerfälliges Wohlgefühl viel zu schnell – die Höhe, die Küsse – einfach alles.
Ken küsste mich erneut. Er benahm sich dabei wie ein tapsiger Hundewelpe. Diesmal stieß ich ihn nicht weg. Die Lippen des Naturburschen fühlten sich zu gut auf meinen an, und seine Selbstsicherheit übertrug sich auf mich.
In seine bärenstarken Arme geklemmt und unsere Lippen
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