Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
Zimmern
aus.«
»Ich hoffe nur, es gibt ihn wirklich.«
Er nickte entschlossen. »Es gibt ihn – verlass dich drauf!«
Bald darauf kam Rasnor hereinspaziert und Victor verschwand
wortlos. Rasnor schien bestens gelaunt.
Er schlenderte umher und fragte nach diesem und jenem. Seine
Zeit der Selbstzweifel schien er hinter sich gelassen zu haben und
das machte ihn Leandra nur umso unangenehmer. Immerhin hatte sie sich mithilfe Victors kluger Planung einen glaubwürdigen
Abstand zu Rasnor geschaffen. Sie konnte ihn von oben herab
behandeln, mit Misstrauen und Zurückweisung, während er sich
in der schönen Gewissheit suhlte, dass ihm der erste und wichtigste Schritt zu ihrem Herzen gelungen war und alles andere nur
noch eine Frage der Zeit sein konnte. So gesehen befand sich
Leandra derzeit in einer guten Position. Nur würde sie diese leider
nicht ewig halten können.
Kaum hatte Rasnor sie verlassen, machte sie sich zusammen
mit Cathryn auf die Suche.
Sie nannte nun sechs riesige Zimmer ihr Eigen, dazu kamen
noch eine kleine Vorhalle, zwei großzügige Bäder mit dem Luxus
fließenden warmen Wassers und mehrere begehbare Kammern,
in denen sie unzählige kostbare Kleidungsstücke in allen Größen
fand. Die Räumlichkeiten waren weitläufig, es gab eine Menge
Nischen, Erker, Winkel und Vorsprünge, ganz abgesehen von vielen schweren Möbelstücken, Wandbildern, Gobelins und Teppichen. Nach einer ersten kurzen Suche holte sie Cathryn zu sich
und sagte: »Wir müssen planvoll vorgehen, Trinchen. Jede von
uns nimmt sich einen Raum vor und sucht ihn von Norden nach
Süden Handbreit für Handbreit ab. Und anschließend kontrollieren
wir uns gegenseitig, ja?«
Für Cathryn war es ein Spiel und sie stimmte begeistert zu.
Leandra war unendlich froh, dass ihre Schwester das Halsband
nicht mehr trug. Sie fuhren mit ihrer Suche fort.
Am Abend hatten sie alle sechs Räume durchkämmt, nur von
Mahlzeiten unterbrochen, und hatten nicht den kleinsten Anhaltspunkt gefunden. Ihre eigenen magischen Sinne wie auch die
Sardins hatten Leandra nicht helfen können. Rasnor fragte sie
beim Abendessen gut gelaunt, was sie denn in den neuen Gemächern so treiben würden. Sie gab ihm unverfängliche Antworten.
Für morgen und übermorgen, kündigte er an, wäre er für die
Drakken unterwegs. Er wollte wissen, ob sie Lust hätte, ihn zu
begleiten.
Leandra spielte kurz mit dem Gedanken, ihm Cathryn mitzugeben, um ihm damit ein gewisses Vertrauen zu suggerieren, aber
sie kam davon wieder ab. Cathryn hasste ihn und es würde für sie
eine Qual sein. Sie dankte ihm und sagte, sie wolle die Zeit seiner
Abwesenheit nutzen, um sich neu einzurichten und sich einen
Plan für ein neues Aufgabengebiet zu machen.
Das interessierte ihn. Sie nannte ihm ein paar Dinge, die ihr
spontan einfielen. Ein Heim für Waisenkinder aus der Zeit des
Drakkenüberfalls, ein erster Entwurf für Verhandlungen bezüglich
des Staubs der Bergwerke und ähnliche Dinge mehr. Rasnor zeigte sich zufrieden.
Am Abend begannen sie ihre Suche neu, diesmal gründlicher,
und setzten sie am nächsten Morgen fort. Aber sie hatten wieder
keinen Erfolg. Es gab zwar einige Stellen, an denen Leandra einen
Verdacht hegte, aber weiter kam sie nicht. Es war einfach nichts
zu finden. Sie hätte viel dafür gegeben, Victor bei sich zu haben,
denn sein scharfer Verstand und seine Kombinationsgabe hätten
ihr vielleicht weiterhelfen können, aber Rasnor hatte für die Zeit
seiner Abwesenheit den Kontakt seiner Gäste untereinander strikt
verboten. Als er nach drei Tagen von seiner Reise zurückkehrte,
fehlte ihnen noch immer jegliche Spur.
38
Drei Engel
Irgendwann in der folgenden Nacht wachte Leandra auf. Sie
wusste sofort, dass jemand da war. Ein nächtlicher Besucher befand sich in ihrem Schlafzimmer; ein kühler Hauch hatte sich
ausgebreitet. Ihr Hirn benötigte nur Augenblicke, um zu begreifen, dass dieser Hauch von einer offenen Tür stammen musste,
von einer, hinter der es kühl gewesen war. Als sie dann die dunkle Gestalt vor ihrem Bett stehen sah, wusste sie, dass es soweit
war. Er war gekommen.
Gekommen, um sein Recht einzufordern, mit dem sie ihn geködert hatte. Er würde in ihr Bett wollen, und ganz sicher nicht, um
bewegungslos neben ihr liegen zu bleiben.
Leandra wurde schlecht. Wie weit konnte eine Frau gehen, um
ihre einzige Hoffnung auf Freiheit zu wahren? Konnte sie sich einem Mann hingeben, bei dem die Worte Abscheu, Verachtung und
Ekel nur wie
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