Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
erfunden haben, miteinander über das Trivocum reden zu können
– mehr als einfache Signale gab es in der Elementarmagie jedoch
nicht. Der Kodex verbot es seit alters, und so gab es keine magischen Schlüssel, um ein solches Vorhaben in die Tat umsetzen zu
können. Auch für die Drakken hätten sie solche Methoden erst
entwickeln müssen.
Dass eine Unterhaltung zwischen den Menschen und den Drachen möglich war, mochte daran liegen, dass die Drachen mit
ihrer eigenen Magie das Fenster für diese Verbindung aufstießen.
Leandra hatte sich nie Gedanken darüber gemacht. Sie teilte dies
Quendras mit. Er zeigte sich verwundert, dass es in der Elementarmagie gar nichts Entsprechendes gab.
Die erste verwertbare Idee hatte Munuel. Er teilte sie ihr mit,
als sie sich einmal kurz in einem Gang trafen und niemand sonst
sie beobachtete.
»Wir haben noch zwei Engel!«, raunte er ihr leise zu.
»Zwei Engel?«
»Ja. Deine beiden Freundinnen Azrani und Marina.
Sie sind noch immer frei – frag mich nicht, wie sie das geschafft
haben. Sie sagten mir, sie hätten damals viele alte Karten gefunden und die Katakomben unter Savalgor bis in die letzten Winkel
erforscht. Dort unten halten sie sich verborgen.«
Leandras Herz hatte einen Satz gemacht. »Azrani und Marina?
Ich habe sie seit dem Tag von Alinas Hochzeit nicht mehr gesehen. Aber… wie hast du mit ihnen reden können?«
»Ich hielt mich während der Zeit, in der ich den >Glatzkopf<
spielte, in den Katakomben verborgen.
Dort gibt es ein paar alte Geheimnisse, die nur der Cambrische
Orden kennt. Unter anderem einen versteckten Höhlenraum, von
dem aus eine kleine, natürliche Lauschröhre in den Sitzungssaal
des Rates führt.«
Leandra grinste. »So etwas macht der Orden?
Ratssitzungen ausspionieren?«
Munuel lächelte schief. »Eine reine Vorbeugung – und schon
Jahrhunderte alt. Ich wüsste nicht, wann wir je davon Gebrauch
gemacht hätten.«
»Aber du wusstest davon!«
»Ja. Ich war zeitweise Stellvertreter des Primas, wie du weißt.
Auf diese Weise bin ich auch Ötzli auf die Schliche gekommen.
Durch diese Röhre habe ich eine Zeit lang mit Marko und seinem
Freund Izeban Kontakt halten können. Nun haben deine beiden
Freundinnen den Raum entdeckt.« Er räusperte sich. »Ich befürchte, er war in irgendeinem alten Plan verzeichnet.«
»Und… wie hast du herausbekommen, dass sie da sind? Wie
seid ihr in Kontakt getreten?«
»Das war Zufall. Ich hatte Marko und Izeban gewarnt und ihnen
gesagt sie sollten fliehen, da Rasnor von ihnen erfahren hatte.
Mich quälte die Ungewissheit, wie es ihnen ergangen war. Also
benutzte ich mehrmals täglich die Flüsterröhre.
Irgendwann meldete sich eine Mädchenstimme.« Er lachte leise
auf. »Sie wussten gleich, wer ich war.«
Leandra lächelte froh. »Ein Riesenglück. Und du gehst jedes Mal
dazu in den Sitzungssaal? Kannst du das denn?«
Munuel schüttelte den Kopf. »Es gibt vom Palast aus noch einen
anderen Zugang zur Röhre. Zwei sogar.«
Zwei Bruderschaftler hatten den Gang betreten und sie mussten
sich wieder trennen. Leandra bat Munuel noch flüsternd, Azrani
und Marina Grüße auszurichten und ihnen zu sagen, dass sie Kontakt halten sollten.
Einige Tage darauf traf sie Victor beim Essen im Kleinen Speisesaal, und er stahl sich unauffällig an einen Tisch in ihrer Nähe. Er
hatte die zu Azrani und Marina passende Idee. »Als ich mit Alina
durch die geheimen Tunnel floh«, erklärte er ihr leise, »wollte sie
in die Gemächer der Shaba eindringen. Ich sagte ihr, dass das
zwecklos wäre. Den geheimen Schlüssel, den Zugang zu öffnen,
dürfe kein Hauptmann der Palastgarde je kennen oder ihn sich
ausrechnen können.«
Sie nickte. »Du hast Recht. Das wäre geradezu eine Einladung
für jeden Meuchelmörder.«
»Es geht noch weiter, Leandra! Ich vermute: Wenn es so einen
Tunnel gibt – und ich wette, es gibt einen! –, dann wird er sogar
ganz für sich sein. Ich meine, abseits der anderen Geheimtunnel.
Er wird dazu gedacht sein, dass sich die Shaba in Sicherheit bringen kann und unterwegs niemand Unliebsamem begegnet. Und
besser noch – er wird ziemlich sicher an einem Ort enden, von
dem aus man ungesehen aus Savalgor fliehen kann.« Sie stutzte.
»Wie kommst du denn darauf?«
»Überleg doch mal: Wenn du Shaba wärest und durch dein tägliches Geschäft ständig fürchten müsstest, dass jemand versucht,
dir zu schaden, eine Revolte anzuzetteln oder dich umzubringen –
würdest du dann nicht für eine
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