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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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Tetradyxol genommen hast? Aber Eleanor, das bedeutet ja, dass du auch ohne das Mittel hellsichtig sein kannst. Hast du vor deiner ersten Einnahme von Tetradyxol schon einmal Geister gesehen?“
    „Nein, nie.“
    „Dann muss das Medikament etwas in dir ausgelöst haben. Du kannst wohl ohne Tetradyxol nicht aus eigener Kraft in fremde Geister eindringen, aber du kannst sie nun wahrnehmen, wenn sie sich dir zu zeigen wünschen.“
    Eleanor fröstelte bei diesem Gedanken und zog die Schultern hoch. „Es klingt beinahe so “, sagte sie.
    „Ich muss dir noch etwas sagen “, flüsterte Raphael, während er Eleanor sanft in Richtung auf den Park zuschob. „Ich habe die Aufregung heute Morgen dazu genutzt mich in Dr. Marcus Büro ein wenig umzusehen.“
    Eleanor schreckte auf. „Wie konntest du? Wenn man dich nun erwischt hätte?“
    Raphael sah sie beinahe ein wenig mitleidig an. „Was denkst du denn?“, fragte er. „Ich bin ein Engel. Wenn mich niemand sehen soll, dann sieht mich niemand.“
    Sie hatten die Eingangstür erreicht. Draußen vor dem mächtigen Kutschenvorbau standen noch immer die Polizeiautos. Der Leichenwagen verließ mit seiner grausigen Fracht an Bord soeben das Gelände.
    „Was wird jetzt mit ihr gescheh en?“, fragte Eleanor.
    „Ich nehme an, sie wird obduziert werden und dann auf dem kleinen Gemeindefriedhof beigesetzt werden.“
    Wieder fröstelte Eleanor. „Was wolltest du denn nun in Dr. Marcus‘ Büro ?“, fragte sie nach einer Weile.
    „Ich habe mir die Unterlagen zur Studie mit dem Mittel Tetradyxol angesehen. Es gab bislang einhundertundsiebzehn Probanden. Unter all diesen Menschen warst du die einzige, die diese ‚Nebenwirkungen‘ zeigt. Keiner der anderen Probanden zeigte irgendwelche bewusstseinserweiternden Symptome. Nicht einer.“
    Eleanor hielt vor Verwunderung den Atem an. Langsam blickte sie zu Raphael auf. „Ich bin die Einzige?“
    Raphael nickte. Dann setzten die beiden sich in Bewegung und gingen Seite an Seite den breiten Hauptweg entlang in Richtung auf das Ausgangstor.
    „Vielleicht verliert Samael dann sein Interesse an mir. Wenn er nicht mehr befürchten muss, dass demnächst Tausende von Menschen in die Sphäre der Engel eindringen können…“
    „Darauf würde ich mich nicht verlassen“, sagte Raphael. „In seinen Augen dürfte schon ein einziger Mensch die Welt erschüttern. Und außerdem heißt das nur, dass die Quote für derartige Nebenwirkungen bei unter einem Prozent liegt. Wenn nur genügend Menschen dieses Mittel einnehmen, könnten sich noch mehr finden, die über deine Fähigkeiten verfügen.“
    „Du meinst also, dass ich mir vom Tetradyxol irgendwelche Nachwirkungen eingefangen habe, weil ich einen Geist sehen konnte?“, fragte Eleanor einige Schritte später.
    „Anders könnte ich es mir nicht erklären. Beschreibe mir deine Begegnung. Ich wüsste gern, was es mit diesem Mädchen auf sich hatte.“
    „Ich konnte nur wenig sehen“, begann Eleanor. „Sie war nicht viel mehr als ein etwas hellerer Fleck, ein Umriss in der Dunkelheit des Zimmers. Ihre Stimme war leise und klang, als käme sie aus großer Entfernung. Es dauerte auch immer einen Augenblick, wenn sie auf eine meiner Fragen antwortete. So, als ob der Schall zwischen beiden Welten einen weiteren Weg zurücklegen müsste. Vor allem aber hatte ich unglaubliche Angst, während sie in meinem Zimmer war. Ich habe nicht einmal Samael als so furchteinflößend empfunden.“
    Raphael nickte. „Menschengeister wirken so auf euch. Selbst dann, wenn sie es gar nicht beabsichtigen.“
    „Sie sagte, viele Seelen warteten schon seit langer Zeit auf mich und ich wäre diejenige, die ihnen Erlösung bringen könnte. Dann beschrieb sie mir den Weg zu ihrem… Körper. Und sie sagte mir, dass ihr Name Elizabeth sei.“
    Wieder nickte Raphael. Sie waren mittlerweile am Eingangstor von Stratton Hall angekommen. Wortlos öffnete Raphael das schmiedeeiserne Tor und ließ Eleanor den Vortritt. Ein letztes Mal sah er sich um, vergewisserte sich, dass niemand sie beim Verlassen des Geländes beobachtete. Ohne nach ihrem Vorhaben zu fragen, verließ Eleanor das Gelände an seiner Seite. Sie hatte sich daran gewöhnt, Raphael zu vertrauen und keine unnötigen Fragen zu stellen. Gemeinsam bogen sie nach links in Richtung auf Stratton.
    „Das habe ich befürchtet “, sagte Raphael schließlich. „Ebenso, wie sich dein Zugang zur Geisterwelt unter den Engel herumzusprechen beginnt, so haben auch die

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