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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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Geräusche von Motorsägen über das Grundstück, während die Wege wieder freigeräumt und die Baumstämme mit Lastwagen abtransportiert wurden. Auch die Dächer von Stratton Hall hatten stark gelitten, zahlreiche Dachziegel hatten sich gelöst, waren über das Grundstück geflogen und hatten sogar mehrere Fenster eingeschlagen. Nun hörte man das tagelange Klopfen und Hämmern der Handwerker, die das Haus reparierten. Bei alledem hatte der Sanatoriumsbetrieb stark gelitten, Therapiesitzungen waren ausgefallen und das Leben der Patienten, ebenso wie das der Angestellten, war gehörig aus den Fugen geraten. Für Dr. Marcus und die anderen Leute in Stratton Hall mochte es also einen Grund dafür gegeben haben, dass sie Eleanor so vollkommen aus den Augen verloren hatten. Bess und Michael jedoch konnten es sich nicht erklären.
    Vor allem Michael machte sich unablässig Vorwürfe. Es schien ihm völlig unverständlich, wie er Eleanor so lange verdrängt haben konnte. Noch vor wenigen Tagen hatte er sie nicht für einen einzigen Augenblick aus dem Kopf verbannen können. Und dann plötzlich war sie wie aus seinem Geist gelöscht gewesen. Ausradiert und unsichtbar. Michael wurde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas Fremdes sich in seinem Kopf breitgemacht und seinen Blick auf andere Dinge gerichtet hatte. Ein Schaudern durchlief seinen Körper bei diesem Gedanken.
    Auch Bess empfand so. Doch die Vorstellung, dass sie Eleanor vergessen haben konnten, war ihnen beiden viel zu peinlich, als dass sie es voreinander zugegeben hätten. So kam es, dass sie einander nichts von diesen merkwürdigen Umständen erzählten und daher beide dachten, dass nur ihnen allein das Gefühl blieb, einen fremden Geist im Kopf gehabt zu haben.
    Als die beiden jedoch zum ersten Mal seit dem denkwürdigen Jahrhundertsturm Stratton Hall wieder besuchten, um ihre Mutter von der Arbeit abzuholen, kamen die Erinnerungen an Eleanor so plötzlich über sie, dass sie vor Schreck die Luft anhielten und sich erschrocken ansahen.
    „Wir sind früh dran “, druckste Michael herum. „Mom wird erst in etwa fünfzehn Minuten kommen. Wollen wir nicht solange mal nach Eleanor schauen?“
    Bess nickte betreten.
    „Gute Idee“, murmelte sie. „In letzter Zeit hatten wir wirklich eine Menge um die Ohren.“
    So setzten die beiden sich in Bewegung und liefen in den Flügel, in dem Eleanors Zimmer lag. Als sie die schwere Flügeltür öffneten, die zum Korridor mit Eleanors Zimmer führte, trafen sie auf ihre Mutter, Dr. Marcus, zahlreiche andere Angestellte des Sanatoriums und die Polizei. Zwei Patienten des Sanatoriums waren verschwunden – Eleanor Storm und der junge Mann, den man Sieben nannte. Seit Tagen hatte sie niemand mehr gesehen.
     
    An diesem Abend lag Michael noch lange wach und grübelte. Die Polizei hatte eine Großfandung nach den beiden Vermissten eingeleitet. Es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis man die beiden aufspüren würde. Das eigentliche Problem lag in Michaels Augen jedoch ganz woanders. Es konnte doch kaum ein Zufall sein, dass von allen Patienten Stratton Halls ausgerechnet Eleanor und Raphael verschwunden waren. Die beiden mussten zusammen durchgebrannt sein. Michael hatte sie doch während der Fahrt nach Tintagel beobachtet. Wie konnte er noch länger daran zweifeln, dass die beiden ein Paar waren? Außerdem war er sich sicher, dass Bess heute Nachmittag die gleichen Schlüsse gezogen hatte. Während der Fahrt vom Sanatorium nach Hause hatte sie ihn allzu offensichtlich aus den Augenwinkeln beobachtet. Keine Frage – sie hatte seine Reaktion auf das Verschwinden der beiden abzuschätzen versucht. Sie hatte wissen wollen, ob es ihn sehr getroffen hatte.
    Michael seufzte . Warum nur hatte er immer so ein Pech mit Mädchen? Ihm lag ein zentnerschweres Gewicht auf der Brust, das ihn zu erdrücken drohte. Was konnte sie nur an diesem Raphael finden? Der Typ war doch nicht umsonst im Sanatorium. Der hatte ‘nen arschvoll Probleme am Hals. Kaum der Richtige, um mit ihm eine Beziehung zu führen. Was fand Eleanor nur an dem Kerl? Mehr und mehr kam Michael zu der Überzeugung, dass an der ganzen Angelegenheit etwas faul war. Es war ihm unerklärlich, warum Eleanor an Raphael Interesse haben konnte. Ihr musste doch klar sein, dass Raphael ihr niemals den nötigen Rückhalt und die Stärke geben konnte, durch die sie wieder ins Leben zurückfinden würde. Der bekam ja nicht einmal sein eigenes Leben geregelt.
    Diese Nacht würde

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