Hoellenfluestern
Ich gebe dir etwas gegen die Schmerzen. Warte ein, zwei Tage, ehe du den Arm bewegst, aber sei vorsichtig, okay? Und keine Dämonen fangen!«
Beck widersprach ihr nicht, was zweierlei bedeuten konnte: Er war schwer genug verletzt, um tatsächlich zu tun, was die Ärztin sagte, oder er würde sie einfach ignorieren. Riley tippte auf Letzteres.
Nachdem Carmela gegangen war, bestand er darauf, in seinen Truck zu steigen und nach Hause zu fahren, ehe er die Schmerztabletten schluckte.
»Du solltest hier bleiben. Ich kann dir helfen …«, begann sie.
»Nein. Ich fahre nach Hause. Wenn Stewart das nicht passt, dann zur Hölle mit ihm.«
»Aber ruf mich an, wenn du zu Hause bist. Hast du verstanden?«
Er nickte widerstrebend.
Riley schnallte ihn an – noch einmal – und sah entsetzt zu, wie er es schaffte, den Truck einhändig und rückwärts von der Auffahrt auf die Straße zu manövrieren. Der Eisbeutel klebte an seiner verletzten Schulter wie ein gefrorener Papagei.
»Du bist echt ein Masochist, Alter«, sagte sie kopfschüttelnd.
Wie wollte er den Sicherheitsgurt wieder lösen, wenn er zu Hause war? Nicht mein Problem .
Riley legte den Computer und die Papiere auf Stewarts Schreibtisch, durchsuchte die Küche nach einer Banane und schleppte sich nach oben in ihr Schlafzimmer. Sie hatte gerade angefangen, sich für die Dusche auszuziehen, als ihr Handy klingelte.
»Ich bin zu Hause. Bist du jetzt glücklich?«, fragte Beck schroff.
»Ja.«
»Du behandelst mich wie ein dummes Kind«, beschwerte er sich.
»Ach nee. Wo habe ich das wohl her?«
Er legte auf.
15.
Kapitel
Zuerst war es nur ein schwaches Flüstern im hintersten Winkel von Rileys Bewusstsein. Dann wurde es allmählich lauter. Ihr Name, immer und immer wieder. Ori war wieder da.
»Vergiss es, du Penner«, sagte sie und drehte sich auf die Seite. Wahrscheinlich glaubte er, er müsste nur seinen Charme spielen lassen und sie würde alles bereuen und ihm ihre Seele überlassen. Nie im Leben . Das musste er doch wissen, warum also rief er sie? Und warum stets zur selben Zeit am Morgen?
Weil er die Dämmerung geliebt hat . Ori hatte behauptet, es würde ihn an den Himmel erinnern. Dasselbe hatte er von ihr gesagt.
Die Stimme verschwand nicht, egal, wie sehr Riley auch versuchte, sie auszublenden. Je mehr sie dagegen ankämpfte, desto intensiver wurde sie, fast wie ein körperlich wahrnehmbarer Schrei. Wenn das nicht bald aufhörte, würde es sie völlig handlungsunfähig machen. Wie Moms Migräneanfälle .
Nachdem Riley sich angezogen und die Turnschuhe zugeschnürt hatte, dachte sie noch einmal darüber nach. Was würden die Meister sagen, wenn sie sahen, dass sie sich rarmachte? Ein schneller Blick verriet ihr, dass Stewarts Wagen nicht in der Auffahrt stand. Sie mussten noch mit dem Weihwasserproblem beschäftigt sein, also konnte Riley verschwinden, ohne dass sie es mitbekamen. Solange Ori eine Statue war, stellte er keine Bedrohung dar. Wenn sie seiner Bitte dieses Mal nachkäme, würde er danach vielleicht Ruhe geben, und sie könnte endlich schlafen.
Riley schlich aus dem Haus. Sobald sie den Wagen Richtung Süden lenkte, ließ der Druck in ihrem Kopf nach, und er wurde weniger, je näher sie dem Oakland-Friedhof kam. Auf den Straßen herrschte nicht viel Verkehr, so dass die Fahrt nicht lange dauerte. Sie fuhr direkt auf den Friedhof, dann konnte sie wenigstens schnell wieder verschwinden, falls sich das hier als Falle entpuppte.
Auch wenn Ori sie belogen und verführt und anschließend versucht hatte, ihre Seele zu rauben – er hatte ihr das Leben gerettet. Mehr als einmal. Er hätte zulassen können, dass Beck seine Seele in der Armageddon Lounge verlor, als zwei Trance-Dämonen den Fänger aufs Korn genommen hatten. Aber er hatte es nicht getan. Ori sagte, er sei eingeschritten, weil sie bereits zu viele Verluste erlitten hatte. Dabei hätte sie angenommen, er wollte Beck aus dem Weg haben. Ori war ein Rätsel, eines, das sie vermutlich niemals lösen würde.
Riley parkte so neben dem Glockenturm, dass der Wagen für eine rasche Flucht in die richtige Richtung wies. In ihrem Kopf herrschte wohltuende Stille, als hätte Ori genau das bekommen, was er wollte. Die Sonne reichte kaum über den östlichen Horizont und konnte die morgendliche Kälte noch nicht vertreiben. In der Ferne hörte sie das Winseln eines U-Bahn-Zuges, der in die King Memorial Station einfuhr.
Kaum hatte sie die Wagentür geschlossen, erstarrte Riley. Sie sah
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