Höllenjagd
der Stadt interessiert als dem Vermögen der John S. Cook-Bank. Er wusste, dass ihr Tresor über eine Million Dollar in Silbermünzen enthielt. Doch es war viel einfacher, das Bargeld aus den Lohnzahlungen der Minen mitgehen zu lassen, und er würde nur ein einziges Silber- oder Goldstück mitnehmen. Bei fünfundachtzig Unternehmen, die in den umliegenden Hügeln im Minengeschäft tätig waren, mussten die Lohnzahlungen beachtlich sein.
Wie gewöhnlich hatte er sich gut vorbereitet, hatte in einer Pension für Bergarbeiter gewohnt, wobei er häufig die Cook-Bank besucht hatte, um kleinere Summen auf ein Konto einzuzahlen, das er unter falschem Namen eröffnet hatte. Eine flüchtige Bekanntschaft mit dem Bankdirektor war zustande gekommen, den er in dem Glauben ließ, der Neuankömmling wäre ein Bergbauingenieur. Das Äußere des Mannes wurde diesmal von einer schwarzen Perücke, einem Schnurrbart und einem Vandyke-Bart bestimmt. Außerdem hinkte er und behauptete, dass dies von einem Minenunfall herrührte. Es erwies sich als perfekte Tarnung, um die Gewohnheiten der Bankbesucher zu studieren und herauszufinden, wann in der Bank am wenigsten los war.
Als er mit dem Eselskarren in die Stadt hinein Richtung Bank fuhr, hatte sich seine Erscheinung von einem Bergbauingenieur zu einem der kleinen Fuhrmänner gewandelt, die den Sommer über in der kochenden Hitze ihren Lebensunterhalt zu verdienen versuchten. Er hielt den Karren auf der Rückseite eines Stalls an. Als er sich überzeugt hatte, dass ihn niemand beobachtete, hob er eine Puppe auf den Sitz, die genauso aussah wie er selbst, und band sie fest. Dann lenkte er die Esel zurück zum Broadway, der Hauptstraße, die durch die Stadt führte. Kurz bevor er den betonierten Gehsteig vor dem Bankeingang erreichte, schlug er den Eseln auf das Hinterteil, worauf sie den Karren die Straße hinunter durch das Zentrum der Stadt zogen, während die Puppe aufrecht auf dem Sitz saß und die Zügel hielt.
Er überprüfte, ob sich Kunden der Bank näherten. Doch keiner der Passanten schien in diese Richtung unterwegs zu sein. Er blickte zu dem viergeschossigen Gebäude hinauf und betrachtete die Goldschrift an den Fenstern des ersten Stocks, die für einen Zahnarzt und einen Arzt warben. Ein weiteres Schild, auf dem eine Hand nach unten zeigte, verwies auf das Postamt im Erdgeschoss.
Er schlenderte in die Bank hinein und blickte sich in der Halle um. Sie war leer bis auf einen Mann, der Geld abheben wollte. Der Kunde nahm das Geld vom Kassierer entgegen, drehte sich um und ging hinaus, ohne Notiz von dem Fremden zu nehmen.
Der Mann hatte wirklich Glück gehabt, dachte der Räuber.
Hätte ihm der Kunde Beachtung geschenkt, wäre er erschossen worden. Der Räuber ließ nie jemanden zurück, der auch nur das kleinste Detail von ihm hätte beschreiben können. Schließlich bestand immer die - wenn auch geringe - Möglichkeit, dass irgendjemand seine Verkleidung durchschaute. Aus Gesprächen in den benachbarten Saloons hatte er erfahren, dass die Bank von einem Direktor im Auftrag einer Gruppe von Männern geführt wurde, die Besitzer der ertragreichsten Minen in der Region waren; das war vor allem die Montgomery-Shoshone-Mine, deren ursprüngliches Grubenfeld zwei Millionen Dollar eingebracht hatte.
So weit, so gut, dachte der Bankräuber, als er sich über den Schalter schwang und mit den Füßen direkt neben dem erschrockenen Kassierer landete. Er zog die Colt- Pistole aus dem Stiefel und hielt dem Bankangestellten den Lauf an den Kopf.
»Keine Bewegung, und kommen Sie nicht auf die Idee, den Alarmknopf unter dem Schalter zu drücken, sonst puste ich Ihnen das Hirn weg.«
Der Bankangestellte konnte nicht glauben, was geschah. »Ist das wirklich ein Überfall?«, stammelte er.
»Ganz recht«, erwiderte der Räuber. »Jetzt gehen Sie schön langsam in das Büro des Direktors und tun so, als wäre nichts passiert.«
Der verängstigte Kassierer ging auf ein Büro zu, dessen Tür geschlossen war. Die geätzte Glasscheibe machte es schwer hindurchzusehen. Er klopfte an.
»Ja, herein«, war eine Stimme von drinnen zu hören.
Der Kassierer öffnete die Tür und wurde grob hineingestoßen. Er verlor das Gleichgewicht und fiel quer über den Schreibtisch des Direktors. Das Namensschild auf dem Tisch mit der Aufschrift H ERBERT W ILKINS fiel zu Boden. Wilkins erfasste die Situation sofort und griff nach einem Revolver unter seinem Schreibtisch. Seine Reaktion kam fünf Sekunden
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