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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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verzögerte oder das Schiff entführt wurde, müssten viele verzweifelte Männer, Frauen und Kinder verhungern.

    Wenn man sich einschifft, will man am liebsten sofort ablegen, aber das geht natürlich nicht. Vor der Abfahrt sind noch zehntausend Dinge zu erledigen, und das fängt mit ganz einfachen Sachen an: Wie regeln wir die Essenszeiten? Funktionieren die Kräne? Gibt es undichte Stellen in den Röhren und Leitungen? Habe ich es wieder mal mit einem völlig unerfahrenen Dritten Offizier zu tun, der völlig verängstigt in seinem Kabuff hockt?
    Ich sage immer, jedes Schiff ist anders, aber die Arbeit auf einem Schiff bleibt immer gleich. Man muss das Schiff zuerst kennenlernen, und dazu muss man sich jemanden greifen, der grade von Bord gehen will. Natürlich haben es dann alle eilig, zu ihren Familien und Kindern oder Freundinnen und einem drei Monate langen Nachschub an Bier zurückzukehren, aber der neue Captain muss zuerst über alles Bescheid wissen, sonst ist er verloren.
    Ich rief meine Besatzung zusammen. Mit dem Ersten Offizier, Shane Murphy, hatte ich schon zusammengearbeitet – jung, körperlich stark, praktisch veranlagt. Shane war ein unkomplizierter Mensch, der wie ein Pfadfinder aussah und wie ein Kapitän dachte. Wir hatten uns kurz vor unserem ersten gemeinsamen Trip unter seltsamen Umständen kennengelernt. Er wollte gerade durch den Zoll am Flughafen Oman, als die Zöllner beschlossen, seine CDs »vorläufig zu konfiszieren«. Das passiert immer wieder, und häufig landen dann die CDs in der Privatsammlung der jeweiligen Zollbeamten. Aber Shane rastete aus und wurde »wegen Beamtenbeleidigung« verhaftet. Drei Tage lang bruzelte er in einer heißen Gefängniszelle vor sich hin, bis es uns gelang, ihn aus dem Knast und auf unser Schiff zu holen. Aber er war ein guter Gefährte, und ich wusste, dass ich mich im Notfall auf ihn verlassen konnte.
    Mike Perry, der Leitende Ingenieur, ein Anhänger der »Pfingstlerbewegung«, war in den Fünfzigern, sah wie ein Country-Sänger aus und führte im Maschinenraum ein strenges Regiment. Mit ihm hatte ich auf derselben EAF4-Route schon einmal fast drei Monate lang zusammengearbeitet. Er hatte früher in der Navy gedient und scheute nicht davor zurück, mir zu widersprechen, wenn er Recht zu haben glaubte. Das ist etwas, das ich immer respektiert und sogar ermutigt habe, nicht nur beim Leitenden Ingenieur, sondern bei jedem Besatzungsmitglied. Auf einem Schiff können unerwartete Ereignisse so schnell eintreten, dass jeder seine Pflichten kennen und automatisch ausführen muss. Wenn ein Taifun das Schiff zu zerfetzen droht oder Piraten mit 25 Knoten hinter dem Schiff her preschen, muss man richtig reagieren, sonst ist man tot. Deshalb legten wir beide auf Notfalltraining und -übungen größten Wert und waren dabei vielleicht sogar übereifrig. Zwischen uns gab es nur einen Unterschied: Mike war überzeugt, dass man durch viel Training praktisch jeden auf ein hohes Niveau bringen könne; das ist typisch für das Denken der Navy. Ich hingegen glaube, dass bei manchen Burschen nicht viel zu machen ist; sie kapieren höchstens die Grundlagen, und man muss dann schauen, wie man ihre Defizite auf andere Art ausgleichen kann. Manche Männer kann man einfach nur bis zu einem gewissen Grad ausbilden und trainieren; Perfektion ist schlicht nicht möglich.
    Ich war erleichtert, Mike und Shane bei mir auf dem Schiff zu haben. Beide waren starke Führungspersönlichkeiten, proaktiv im Hinblick auf das Training und die zuverlässige Arbeit der Crew – Qualitäten, die den Seeleuten heute allzu oft fehlen.
    Ich lernte auch den Rest der Besatzung kennen. Der Dritte Offizier, Colin Wright, war ein kräftiger Schotte, den ich noch nicht kannte. Dann war da auch noch ein Vollmatrose in den Sechzigern, der eigentlich längst in einer Rentnersiedlung seine Geranien hätte züchten sollen. Seine besten Jahre zur See lagen definitiv hinter ihm. Oft musste man ihm die einfachsten Dinge erklären, und selbst dann kapierte er es nicht immer. Ferner hatte ich einen neuen Vollmatrosen im Team, der sich mir als ATM vorstellte. Ich befahl ihm, seinen Pass zu holen und mir zu beweisen, dass er mich nicht zum Narren halten wollte. Und tatsächlich stand sein Name auch so im Pass: »ATM Muhammed.« Er war Pakistaner und hatte in der Visumslotterie ein Visum für die USA gewonnen. ATM war jung, hatte einen wachen Blick und machte einen kompetenten Eindruck. Den übrigen

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