Hör!Mir!Zu! 10 Gespräche von Frau zu Mann
auch die verkürzten Arbeitszeiten bei. Waren Artus und Eva fast ständig im Einsatz, um zu überleben, hatten es unsere Ahnen auch nicht viel besser. Arbeit vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gehörte zum Alltag, lediglich am Sonntag gab es eine kleine Auszeit für die, die es sich leisten konnten. Außerdem arbeiteten die früheren Generationen meist noch schwer körperlich, so dass sie am Abend viel zu erschöpft waren, um noch großartig über eine ausschweifende Freizeitgestaltung nachzudenken. Das heißt natürlich nicht, dass die Menschen damals nur Trübsal geblasen haben, sondern auch Spaß am Feiern und am geselligen Beisammensein hatten. Aber die Güter des täglichen Bedarfs waren nur schwer zu bekommen und mussten hart erarbeitet werden. Der Einsatz dafür war wesentlich höher, als er heute ist.
Zu Beginn der Industrialisierung wurden die Zeiten dann oft noch härter. Arbeiter wurden mit unmenschlicher Arbeitszeit meist bis aufs Blut ausgebeutet, und das bei miserabler Bezahlung. Erst nach dem 2. Weltkrieg, nachdem Deutschland wieder halbwegs aus Schutt und Asche auferstanden war und die Wirtschaft brummte, blieb wieder etwas mehr Zeit für die Menschen selbst übrig. Heute sind die üblichen Arbeitszeiten so kurz wie nie, die Bezahlung anständig und plötzlich Freizeit vorhanden, von der man früher nur träumen konnte. Und die will genutzt sein, denn jeder möchte etwas davon haben. Natürlich ist die Gestaltung der freien Zeit auch eine Geldfrage, aber auch mit kleinem Portmonee kann man jede Menge Spaß haben. Vor allem sportliche Aktivitäten liegen im Trend der Zeit, aber auch Kulturevents, Kino, Diskotheken, Kneipen und trendige Megapartys bieten ein abwechslungsreiches Programm. Wer das Haus nicht verlassen will, lädt sich Freunde ein, surft durchs Internet, zappt sich durch die Programme oder leiht sich Videos aus. An Freizeitangeboten, vor allem in Ballungsgebieten, mangelt es sicher nicht.
»Du bist ja immer noch nicht umgezogen! Jetzt wird es aber höchste Zeit; in zehn Minuten müssen wir aber wirklich los!«, ruft Inga aus dem Bad, aber Frank lässt sich beim Fernsehen nicht stören. »Was ist denn nun?«, fragt Inga schon wesentlich energischer und läuft zu Frank ins Wohnzimmer. »Schalt doch endlich die Kiste ab und beeil dich, sonst kommen wir noch zu spät. Du weißt, wie sehr ich das hasse!« Frank rührt sich immer noch nicht und brummelt unverständlich vor sich hin. »Was hast du gesagt? Mensch Frank, was soll denn das schon wieder? Jetzt werde ich langsam wirklich sauer.« »Ach«, antwortet Frank endlich, »eigentlich habe ich gar keine Lust, jetzt noch aus dem Haus zu gehen. Ich hatte einen anstrengenden Tag und würde viel lieber noch ein wenig in den Fernseher schauen.« Inga platzt der Kragen. »Na, das hätte ich mir doch gleich denken können, das ist mal wieder typisch! Wir hocken doch sowieso schon die meiste Zeit zu Hause und starren in die Glotze. Und wenn wir dann schon mal etwas anderes ausmachen, dann hast du kurz vorher einfach keine Lust mehr. Das hängt mir echt zum Halse raus, mit dir ist einfach nichts mehr los!« »Was soll denn das schon wieder heißen?«, antwortet Frank patzig. »Muss den immer etwas los sein? Ich habe eben einen stressigen Job und deshalb nicht dauernd das Bedürfnis, abends auch noch wegzugehen. Da könntest du doch auch mal etwas Rücksicht auf mich nehmen!« Enttäuscht setzt sich Inga aufs Sofa und kämpft mit den Tränen. »Weißt du Frank, wie oft wir diese Diskussion schon hatten? Ich mag es gar nicht mehr zählen. Früher, da waren wir fast jeden Tag auf der Piste oder hatten Freunde zu Besuch, aber in den letzten Jahren ist es immer weniger und weniger geworden. Ich traue mich schon fast gar nicht mehr, irgendetwas auszumachen, weil du in letzter Sekunde doch wieder absagst. Ist es denn wirklich zu viel verlangt, wenn wir wenigstens ab und zu mal etwas anderes unternehmen, als nur auf der Couch zu sitzen und durch die Programme zu zappen? Jeden Tag, jedes Wochenende? Wann waren wir denn zum letzten Mal im Kino oder beim Skifahren? Wie ein Theater von innen aussieht, habe ich fast vergessen. Und wann waren wir zuletzt im Konzert oder Kabarett, wo wir früher fast keine Veranstaltung ausgelassen haben? Das ist doch schon Jahrhunderte her. Mir ist das einfach zu wenig. Ich nehme ja Rücksicht auf dich, aber ich möchte doch auch noch ein bisschen was erleben...«
Was wirklich dahinter steckt
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