Hör!Mir!Zu! 10 Gespräche von Frau zu Mann
der Zuhörer entzogen wird, fühlt er sich herabgesetzt und sieht seine Person als nicht gewürdigt an. Die anderen sollen ihm gefälligst ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Schenken? Niemals! Er hat sogar einen Anspruch darauf. Gespräche unter Männern sind immer dadurch geprägt, dass der Status jedes Einzelnen akzeptiert wird. Mann muss also darauf achten, jedem den ihm gebührenden Raum zu lassen, da es andernfalls zum Streit und zu Machtkämpfen käme. Ein wildes Durcheinander, wie bei Frauen, wäre unter Männern fast schon der Anlass zu einer Prügelei, wenn die gesellschaftlichen Normen dies erlauben würden.
Lernen Sie die Unterschiede zu nutzen
Da Frau zur Bewältigung ihres Alltags im Vergleich mit der Strategie eines Mannes genau den entgegengesetzten Weg geht, ist seine Art der Problembewältigung für sie ein steter Quell von Misstrauen und Ärger: Sie fühlt sich ausgeschlossen und empfindet dieses Verhalten oft sogar als Vertrauensbruch. Denn würde unser Partner mit uns reden, könnten wir ihm doch helfen, eine Lösung für sein Problem zu finden. So aber sind wir außen vor und versuchen krampfhaft herauszufinden, was denn eigentlich los sein könnte. Damit beginnt ein Teufelskreis. Frauen sind es gewöhnt, auf alle Zeichen, jede Geste, jede auch noch so kleine mimische Veränderung und jedes Wort genau zu achten. Wir versuchen also oft, über Interpretation herauszufinden, was dahinter stecken könnte.
Hier möchte ich ein ganz persönliches Beispiel einfügen, das viele sicherlich so oder in kleinen Abwandlungen sehr gut kennen:
Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich erkannt habe, dass das Home-office meines Mannes mehr als nur ein Arbeitsplatz für ihn ist. Kam er abends nach Hause, wollte ich mich mitteilen, erzählen, was alles passiert war und wie es mir geht. Und natürlich wollte ich auch von ihm erfahren, wie sein Tag gelaufen war. Stattdessen aß er relativ einsilbig zu Abend, half zwar in der Küche, aber verschwand dann nach ein paar Minuten in sein Büro, murmelte etwas wie: »Ich muss noch was erledigen«, und ward stundenlang nicht mehr gesehen. Kam ich dann gelegentlich in sein Büro gestürmt, weil jemand für ihn anrief oder aus sonst irgendeinem Grund, fand ich ihn manchmal arbeitend, manchmal aber auch über einem Computerspiel sitzend, das er schnell wegklickte, damit ich es nicht bemerkte.
Ich war verärgert. Auf meine Fragen, warum er denn dauernd stundenlang im Büro sitzen würde, statt seine Zeit mit mir zu verbringen, bekam ich nur vage Antworten wie: »Ach, viel zu tun« oder »Nächste Woche wird es besser«. Es änderte sich natürlich nichts, ich war unzufrieden, suchte >den Fehler< bei mir und begann zu interpretieren. Er mag mich nicht... Er ist sauer auf mich... Was hat er bloß?... Warum redet er nicht mit mir?... Und, und, und.
Aber wie ich es auch drehte und wendete, das Ergebnis war immer in etwa das Gleiche: Würde er mich wirklich (!) lieben, dann würde er doch mit mir zusammen sein wollen und nicht hinter seinem blöden Computer sitzen! Und diese Wut über sein Verhalten staute sich an und führte mit schöner Regelmäßigkeit zu einem Streit, dessen Ausgang nie nachhaltig befriedigend war. Es wurde vielleicht für ein paar Wochen etwas besser, doch nach und nach schlich sich besagtes Verhalten wieder ein und der Kreislauf begann aufs Neue.
Auch die Freundinnen, bei denen ich Trost suchte, hatten genau das gleiche Problem, egal, ob sich ihre Partner hinter dem Computer, ihren Hobbys, dem Sportverein oder dem Stammtisch »vor ihnen verschanzten«. Sie fühlten sich wie ich ausgeschlossen, nicht gewürdigt und es hinterließ bei ihnen dasselbe ungute Gefühl von Hilflosigkeit und Nicht-geliebt-Werden.
Heute habe ich begriffen und akzeptiert, dass sich mein Mann nicht vor mir zurückzieht, um mich zu bestrafen oder weil er mich nicht liebt. Es ist eben seine Art, mit seinem Alltag umzugehen. Auch wenn es mir manchmal schwer fällt, habe ich mir angewöhnt, ihn nicht schon an der Haustür mit einem Redeschwall zu empfangen, sondern ihn erst einmal ankommen zu lassen. Aber auch mein Mann hat gelernt, wie wichtig es mir ist, an seinem Leben teilzuhaben. Und durch dieses Verständnis konnte etwas Neues wachsen: sich mit-teilen zu können, ohne Druck. Und wenn er sich in seine Höhle = Büro zurückzieht, dann kann ich ihn lassen, ohne es persönlich zu nehmen.
Es gelingt mir natürlich nicht immer, mich zu zügeln, vor allem, wenn etwas
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