Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)
Strafe verdonnert, damit war die Angelegenheit für mich erledigt.
Ich sehe mir mein Polizeifoto an. Jünger sehe ich aus. Hoffnungsvoller, mit mehr Energie. Was ist bloß mit mir passiert seither? Offenbar habe ich das Bild ziemlich lange angestarrt, als es mir endlich weggenommen wird.
»Das dachten Sie wohl nicht, dass wir Ihre Fingerabdrücke haben, was?«
»Darüber hab ich mir keine Gedanken gemacht.«
Inspektor Dave, entspannt wie eine gut gefütterte Katze, seine Hände noch immer hinter dem Kopf verschränkt, fragt: »Dann erklären Sie mir doch mal Folgendes«, er neigt sich nach vorne und legt seine Hände auf den Tisch. »Erklären Sie mir, warum genau diese Fingerabdrücke auf einer Fensterbank gefunden wurden, die sich nur wenige Meter von der Stelle entfernt befindet, wo dieses Mädchen geschlafen hat.«
»Wie bitte?« Vor Schreck und Verwirrung verziehe ich mein Gesicht, was die Inspektoren als Versuch interpretieren, irgendwas zu überspielen, und die beiden zum Lächeln bringt. Eilig versuche ich, irgendeinen Zusammenhang zu finden. »Mann, ich hab keine Ahnung«, sage ich schnell. »Ich hab nicht die geringste Ahnung. Vielleicht checkt ihr das nochmal mit euren Fingerabdruck-Profis.«
»Wir haben eine Fünfpunkt-Übereinstimmung«, sagt Inspektor Dave. »Zweifel ausgeschlossen. Einhundert Prozent.« Er klopft mit dem Zeigefinger auf die Stelle im Akt, wo mein Fingerabdruck verewigt ist: »DAS ist der Abdruck, den wir am offenen Fenster gefunden haben. Und er gehört zu Ihnen.«
»Ich hab mal Fenster installiert«, sage ich. »Ich hab überall in Dallas Fenster montiert. Das muss was damit zu tun haben.«
Dave und Power-Grinser werfen sich einen Blick zu, und eine Sekunde lang, eine gloriose, herrliche Sekunde lang glaube ich, Zweifel zu spüren. Das haben sie nicht gewusst. Das war jetzt genau die Information, die diesem Wahnsinn ein Ende bereiten wird, und in einer oder zwei Sekunden werde ich ein Klicken hören, wenn sie mir die Handschellen abnehmen. Man wird sich entschuldigen, und ich bin bereit, die ganze Sache zu vergessen. Die machen schließlich auch nur ihre Arbeit, da kann schon mal ein Fehler passieren.
»Ich hab mir meinen Lebensunterhalt mit Fenstermontieren verdient,« sage ich mit klarer und fester Stimme. »Ich hab auch hier in Westboro viel gearbeitet. Ich wette, Sie finden auf der Hälfte der Fenster hier draußen meine Fingerabdrücke.«
»Ich dachte, Sie sind Taxifahrer«, sagt Dave, jetzt freilich ohne das schnoddrige Selbstbewusstsein von vorhin in der Stimme.
»Das bin ich jetzt.«
»Seit wann sind Sie schon Taxifahrer?«
»Seit elf Jahren.«
»Oh!« Dave und Power-Grinser lachen, und es ist ein Lachen der Erleichterung. »Das heißt, Sie haben seit elf Jahren kein Fenster installiert?«
»So ungefähr.« Ich spüre, dass sich das Blatt wieder gewendet hat. Mit großer Freude sind die beiden wieder auf ihren Irrweg eingeschwenkt.
»O nein. Diese Fenster waren neu. Die sind noch keine elf Jahre installiert. Die haben Sie nicht montiert.«
»Diese Fenster!«, ruf ich aus. »Ich weiß jetzt, wovon sie sprechen! Das Haus in Westboro, die Lady vom Flughafen!« Mir ist alles klargeworden – die Festnahme, die Fahrt von Dallas hier raus in die Vorstadt, das Verhör. Die haben meine Fingerabdrücke auf dem Fensterbrett gefunden, wo ich nachgesehen hatte, ob Paul Pierson seinen Stempel drauf hinterlassen hat! Verdammte Scheiße aber auch! Ich halte einen Augenblick inne. Das muss bedeuten, dass in dem Haus was passiert ist, nachdem ich es verlassen hatte, und ich bin hier gelandet, weil sie die Fenster nach Fingerabdrücken abgesucht haben!
Ich fang an, schnell zu sprechen, mir ist allerdings eher danach, selber Fragen zu stellen. Was ist passiert? Hat sich jemand das Kind der netten Frau geholt? Sie hat reichlich Trinkgeld gegeben. Ihr Haus war sehr schön. Die Informationen quellen aus mir heraus, und ich werde mir bewusst, dass die Inspektoren mich nur beobachten, so wie zuvor in meiner Wohnung. Als ob sie weit mehr an meiner Körpersprache interessiert wären als an dem, was ich sage. Ich sehe, wie sie sich anblicken, grinsend, als würden sie diese lange, weitschweifige Lügengeschichte so richtig genießen. Dieselbe gewundene Litanei von Ausreden, die sie schon von hundert anderen Verdächtigen zu hören bekommen haben, womöglich in ebendiesem Raum, in denselben Stühlen sitzend. Ich langweile sie.
»Ich mach einen Lügendetektortest«, sage ich.
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