Das Scarlatti-Erbe - Ludlum, R: Scarlatti-Erbe
The New York Times, 21. Mai 1926
(Seite 13)
New Yorker verschwunden
New York, 21. Mai – Der Sohn einer schwerreichen amerikanischen Industriellenfamilie, der für besondere Tapferkeit an der Argonne-Front ausgezeichnet worden war, verschwand vor mehr als fünf Wochen aus seinem Haus in Manhattan. Wie unser Reporter in Erfahrung bringen konnte, ist Mr....
The New York Times, 10. Juli 1937
(Seite 1)
Hoher Beamter Hitlers stört IG-Farben-Konferenz
Berlin, 10. Juli – Während der Konferenz über wechselseitige Handelsbeziehungen zwischen IG-Farben und einigen US-Firmen kam es heute zu einem Eklat. Ein namentlich nicht bekanntes Mitglied von Hitlers Reichswehrministerium erklärte in erregter Form, die bisher erzielten Fortschritte seien in keiner Weise akzeptabel. Er bediente sich dabei der englischen Sprache, die er offenbar, dem Gebrauch seiner Schimpfworte nach zu schließen, perfekt beherrscht. Anschließend entfernte sich der unbekannte Beobachter mit seinen Mitarbeitern.
The New York Times, 18. Februar 1948
(Seite 6)
Nazibeamter 1944 übergelaufen
Washington D.C., 18. Februar – Eine Episode aus demZweiten Weltkrieg, von der nur wenige Leute wußten, wurde heute bekannt. Es stellte sich heraus, daß eine bedeutende Nazipersönlichkeit, die sich des Codenamens >Saxon< bediente, im Oktober 1944 zu den Alliierten übergelaufen war. Ein Unterausschuß des Senates ...
The New York Times, 26. Mai 1951
(Seite 58)
Kriegsdokument aufgefunden
Kreuzlingen, Schweiz, 26. Mai – Ein in Öltuch eingeschlagenes Päckchen mit Karten und Plänen über Befestigungsanlagen in Berlin und Umgebung ist in der Nähe eines kleinen Gasthauses in Kreuzlingen, einem Schweizer Dorf am Rhein, bei Ausgrabungsarbeiten gefunden worden. Die Gaststätte wird abgerissen, um einem Ausflugshotel Platz zu machen. Irgendwelche Hinweise, die zu einer genaueren Identifizierung führen könnten, wurden nicht entdeckt. Lediglich das Wort >Saxon< auf einem Klebestreifen, mit dem das Paket verschlossen war...
TEIL EINS
1.
10. Oktober 1944 – Washington D.C.
Der Brigadegeneral saß steif auf der Wartebank. Er zog die harten Fichtenbretter dem weichen Leder der Sessel vor. Es war neun Uhr zwanzig am Morgen, und er hatte nicht gut geschlafen, höchstens eine Stunde.
Aber jedesmal, wenn der Glockenschlag der kleinen Uhr auf dem Kaminsims die halbe oder volle Stunde verkündete, hatte er sich zu seiner Überraschung bei dem Wunsch ertappt, die Zeit möge schneller verstreichen.
Um halb zehn sollte er vor dem Außenminister erscheinen, vor Cordell S. Hull.
Jetzt saß er im Vorzimmer des Ministers, gegenüber der großen schwarzen Tür mit den blitzenden Messingbeschlägen, und hielt den weißen Umschlag in den Händen, den er aus der Aktentasche geholt hatte. Wenn es an der Zeit war, den Aktendeckel zu übergeben, sollte kein peinliches Schweigen entstehen, während er die Mappe öffnete, um ihn herauszunehmen. Er wollte ihn dem Außenminister, wenn nötig, selbstsicher übergeben.
Andererseits war es möglich, daß Hull die Akte nicht verlangte. Vielleicht würde er nur eine mündliche Erklärung fordern und dann die Autorität seines Amtes benutzen, um zu erklären, was er da gehört hätte, wäre für ihn nicht akzeptabel. In diesem Fall würde der Brigadier nur protestieren. Schwach protestieren. Die Information in der Akte stellte keinen Beweis dar, nur Daten, die seine Vermutungen stützen konnten oder auch nicht.
Der Brigadegeneral sah auf die Uhr. Es war neun Uhr vierundzwanzig, und er fragte sich, ob der Ruf der Pünktlichkeit, der Hull voranging, sich auch bei dieser Unterredung bestätigen würde. Er hatte sein eigenes Büro um halb acht erreicht, etwa eine halbe Stunde vor seiner normalen Ankunftszeit, an
der er unbeirrbar festhielt. Nur in Krisensituationen, wenn er oft die Nacht über im Büro blieb, um neue Informationen abzuwarten, pflegte er am Morgen später zu erscheinen. Diese letzten drei Tage waren jenen Krisenperioden nicht unähnlich, aber auf eine andere Art.
Das Memorandum, das er dem Außenminister geschickt und dem er seinen Termin heute morgen zu verdanken hatte, würde vielleicht eine Belastungsprobe für ihn auslösen. Man konnte Mittel und Wege finden, um ihm jeden Einfluß zu entziehen. Man konnte es sehr wohl so hinstellen, daß er völlig unkompetent erschien. Aber er wußte, daß er recht hatte.
Er schob den Umschlag seiner Akte etwas zurück, gerade so
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