Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)
ein Telefon klingeln und Leute, die auf dem Teppichboden da draußen vorbeigehen. Stimmen, die Alltägliches besprechen. »Zwei Burritos … nein, Danny will keinen Käse auf seinem. Nimm extra Pommes mit.« Dann geht’s um die unten wartenden Presseleute, die offenbar nach näheren Details fragen. Wieder klingelt ein Telefon. Noch jemand trottet an der Tür vorbei. Unterdrückte Stimmen auf der anderen Seite der Tür, dann dreht sich ein Schlüssel im Türschloss. Dave und Power-Grinser kommen rein und sperren hinter sich ab.
Inspektor Dave wirft eine dicke Akte auf den Tisch, dann zieht er ein glänzendes 8 x 10-Foto eines hübschen zehnjährigen Mädchens raus, das für die Kamera posiert.
»Wer ist das?«, fragt er mich.
Ich sehe mir das Foto einige Sekunden lang an, bevor ich mit den Schultern zucke. »Weiß nicht.«
Die beiden Kripomänner sehen einander lächelnd an, dann setzen sie sich. »Sie wissen es also nicht?«
»Nein«, geb ich zurück. »Ich hab die Kleine nie zuvor gesehen.«
Inspektor Dave, der Ältere mit dem schütteren Haar, lehnt sich in seinem Stuhl zurück und verschränkt die Hände am Hinterkopf. »Schauen Sie eigentlich die Nachrichten?«
»Gelegentlich.«
»Ist Ihnen bewusst, dass diese Kleine, wie Sie sie nennen, in den letzten sechsunddreißig Stunden in allen Nachrichtensendungen war?«
»Das wusste ich nicht. Hab in letzter Zeit keine Nachrichten geschaut …«
»Ja dachten Sie denn, Sie könnten sie einfach so schnappen und keiner würde was bemerken?«
»Sie schnappen? Was zum Teufel soll das?« Vor Entrüstung bin ich lauter geworden. »Ich hab sie nicht geschnappt.«
Inspektor Dave lächelt: »Haben Sie doch«.
»Hab ich nicht.«
»Haben Sie doch.«
Okay, das führt zu nichts. Ich sitze da und starre vor mich hin. Nach einer Sekunde sage ich: »Hab ich nicht.«
»Haben Sie doch.«
Aus all den Kriminalfilmen und Reality-Shows mit Polizisten hatte ich doch den Eindruck gewonnen, dass Polizeiverhöre etwas anspruchsvoller ablaufen als dies hier. Das ist ja nun doch eher ein zweitklassiges Streitgespräch. Ich fühle eine leichte Panik in mir hochsteigen, bin aber zuversichtlich, dass sich die Sache mit Vernunft aufklären lässt. Dass ich in wenigen Stunden mit Charlie beim Bier sitzen werde.
»Sehen Sie«, sage ich mit übertriebener Geduld. »Warum gehen wir die Sache nicht in Ruhe durch …«
Power-Grinser ist nicht einverstanden. »SCHLUSS MIT DER SCHEISSE HIER!«, brüllt er mir ins Gesicht. »SIE HABEN SIE GEKIDNAPPT.«
»Hab ich nicht.«
»Haben Sie doch.« Er nickt und lächelt ein breites Siegerlächeln, während er sich in seinem Stuhl zurücklehnt, von der Schreierei ganz rot im Gesicht. Er wischt sich einige Pünktchen Spucke vom Kinn, die beim Schreien aus dem Mund gespritzt waren, und starrt mich an.
»Was meinen Sie, wie wir Sie erwischt haben?«, fragt Inspektor Dave, der Ältere, Sanftere der beiden. Offenbar ist er der Good Cop , zumal er immerhin nicht rumbrüllt.
»Sie haben mich nicht erwischt . Ich habe nämlich nichts angestellt.«
»Wir haben Ihre Fingerabdrücke auf der Fensterbank gefunden.« Dave wirft mir eine offene Akte rüber. Da liegt ein Bild von mir, ein Polizeifoto, das vor fünfzehn Jahren aufgenommen wurde, als ich nach einem Spiel der Cowboys eine Arreststrafe wegen Trunkenheit und ungebührlichen Verhaltens aufgebrummt bekam. Ich starre das Foto an. Gerne würde ich es in die Hand nehmen und näher betrachten, aber ich bin noch immer in Handschellen, also neige ich mich nach vorne und betrachte die Informationen auf dem Verhaftungsformular. Mann, was für eine Unmenge an Daten! Meine alte Adresse an der Hopkins Lane ist da verzeichnet, ein kleines Apartment, das ich mit einer Sekretärin namens Karen bewohnt hatte. Am unteren Rand des Formulars ist Karens Unterschrift zu sehen. Sie hatte damals die Kaution für mich hinterlegt.
Eine Sekunde lang denke ich, wie komisch, dass die Polizei es wichtig fand, dieses Formular aufzubewahren. Das war doch damals so was von unbedeutend. Zwei auswärtige Eagles-Fans hatten mich nach einem Touchdown mit einer Bierdose beworfen, es kam zu einem Gerangel, und das Nächste, an das ich mich erinnere, ist, dass man mir Fingerabdrücke nimmt, Handschellen anlegt und mich ein paar Stunden in einen Käfig sperrt. Nachdem Karen mich rausgeholt hatte, zogen wir uns ein paar Dosen Bier rein und lachten über die Sache. Einige Wochen danach wurde ich von einem Richter zu hundertfünfzig Dollar
Weitere Kostenlose Bücher