Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)
einander an und zucken mit den Schultern. »Das werden wir sehen«, sagt Dave. Das werden sie sehen? Ob es ihnen wohl große Umstände bereiten würde, so einen Test für mich zu organisieren? Lügendetektoren dienen doch dazu, rauszufinden, ob jemand schuldig ist oder nicht? Mir scheint, sie sind dermaßen von meiner Schuld überzeugt, dass sie den Eindruck haben, so was brauchen sie gar nicht mehr. Wäre nur ein Ärgernis, ein Schritt zurück.
»Dann erzählen Sie uns mal, warum Sie Ihr Taxi Dienstagnacht mit dem Dampfstrahler gereinigt haben«, fragt Power-Grinser mit so was Ähnlichem wie einem Lächeln auf den Lippen.
Ich starre ihn an, überrumpelt von diesem neuen Aspekt, und im Unklaren darüber, wie diese Tatsache zu meinen Ungunsten interpretiert werden könnte. Dinge fälschlicherweise so zu interpretieren, dass sie mich schuldig erscheinen lassen, scheint eine Spezialität dieser Typen zu sein.
»Ich hab meinen Wagen mit Dampf gereinigt. Na und? Ich geh drei oder vier Mal im Monat mit Dampf über den Teppich.«
»Komisch, dass Sie es gerade auch in der Nacht getan haben, in der Sie ein entführtes Kind darin beförderten, finden Sie nicht?«
»In meinem Auto war kein Kind. Ich habe den Dampfreiniger benutzt, weil mir ein Mädchen in den Wagen gekotzt hat.«
»Ein Mädchen hat Ihnen in den Wagen gekotzt?«
»Ein College-Girl. Ich hab zwei mitgenommen, nachdem die Bars zugemacht hatten.«
Power-Grinser und Dave werfen sich Blicke zu, voller Zufriedenheit und kaum unterdrückter Freude. Langsam öffnet Dave den Akt, denselben dicken Akt, dem er meinen fünfzehn Jahre alten Polizeibericht entnommen hatte. Dann lacht er ein kurzes, gebelltes Siegerlächeln. In der Hand hält er meinen gelben Fahrtenstreifen von Dienstagnacht.
»Vielleicht erklären Sie uns mal, warum sich auf diesem Fahrtenstreifen keine einzige Fahrt nach der Sperrstunde der Bars findet«, sagt er und lacht erneut.
Elende Scheiße.
»Möglicherweise hat’s diese Fahrt mit den College-Mädels ja gar nicht gegeben«, sagt Power-Grinser und lacht zu meiner Verwunderung noch einmal auf die exakt gleiche Art. Sie bellen mich regelrecht an mit ihrem Lachen.
HA HA. HA HA.
»Nach zehn Uhr sind auf Ihrem Fahrtenstreifen keine Fahrten mehr verzeichnet, mein Freund. Und wissen Sie, warum? Weil Sie zu dieser Zeit mit dem gekidnappten Mädchen durch die Gegend gefahren sind.« Inspektor Dave lehnt sich so weit vor, dass ich seinen Atem riechen und die Stellen unterm Kinn sehen kann, die er an diesem Morgen mit dem Rasierapparat nicht erwischt hat. Seine Stimme wird hart. »Warum erzählen Sie mir also nicht einfach, WO ZUM TEUFEL SIE IST?«
Keiner von diesen beiden ist der Good Cop .
Ich bin in einem Raum eingesperrt, an eine Bank gekettet. Draußen sind mindestens zwei bewaffnete Wächter postiert. Die Tür ist aus massivem Metall, die Wände weiße Betonziegel. Vom Gang dringen kaum hörbare Stimmen zu mir herein, dann und wann Schritte, im Übrigen: Stille.
Ich denke an Karen, die Freundin, die nach der Verhaftung wegen Trunkenheit und Ordnungsstörung die Kaution für mich hinterlegte. In der Woche, in der wir uns trennten, war ich in North Dallas herumgefahren, auf der Suche nach einer Bar, wo ich noch schnell was trinken wollte, bevor ich von meinem Fenstermontagejob nach Hause fahren würde. Ich sah vom Auto aus ein Schild, hielt an und ging in die Bar, um mir einen Drink zu genehmigen.
Während ich auf den Barkeeper wartete, sah ich mich um und stellte fest, dass ich ein Lokal wie dieses normalerweise niemals aufsuchen würde. Etwas zu schick für mich, mit Neonlampen über der Bar, und überall schwarz glänzender Kunststoff. Sie spielten eine Art New-Age-Tanzmusik, für meinen Geschmack ein wenig zu laut. Wahrscheinlich eine Single-Bar für die Büroleute vom nahegelegenen Businesspark. Als ich mich so umsehe, erblicke ich Karen, die es sich mit einem Arbeitskollegen in einer der Nischen gemütlich gemacht hat. Sie hielten sich an den Händen.
Es gab zwar eine Szene, aber ich hatte mich einigermaßen im Griff, und es dauerte nicht lange. Niemand wurde verhaftet oder verletzt. Aber darum geht es mir im Augenblick gar nicht.
Ich denke an diese Szene, weil Karen eine Freundin namens Sarah hatte, ein süßes, ein wenig lebensfernes Mädchen, die als tierärztliche Assistentin arbeitete, weil sie Tiere liebte. Sarah war die Einzige, der Karen über ihre kleine Büro-Affäre erzählt hatte, und Sarah wusste auch, in welcher Bar
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