Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 5
nötigen Umbauten beginnen. Der Hinrichtungstermin von Jeremy Summers wird wohl kaum unseretwegen verschoben werden.“
Die Erwähnung des Mannes, zu dessen Rettung sie aufgebrochen waren, brachte Benson offenbar auf den Boden der Tatsachen zurück. Auch Fletcher schien fest entschlossen, alles für die Rettung des unschuldig Verurteilten zu tun. Doch momentan waren ihnen die Hände gebunden.
Die inzwischen ebenfalls angerückte Pariser Polizei hatte das Hotel abgesperrt, um die Löscharbeiten nicht zu gefährden. Kate und ihre Begleiter mussten warten, bis sie das Gebäude wieder betreten konnten. Der vorsichtige Benson hatte das für den Dampfkutter-Kauf vorgesehene Geld im Hotelsafe deponiert. Kate konnte nur hoffen, dass der Tresor feuersicher war und die Explosion unbeschadet überstanden hatte.
Zum Glück hatte wenigstens Fletcher noch ein paar Francs in der Tasche. Daher konnte das Trio in einem nahegelegenen Café auf den Abzug der Feuerwehr warten. Kate knabberte ein seltsames Blätterteig-Hörnchen und trank Kaffee mit Milch aus einer riesigen Tasse, da es in dem Etablissement keinen Tee gab. An Schlaf war jetzt nicht zu denken. Nach dem Essen mit Leclerc und dem vielen Wein war sie erst müde gewesen, aber die Explosion und die anschließende Aufregung hatten Kate hellwach und nüchtern werden lassen. Sie schaffte es halbwegs, ihre Gedanken zu ordnen.
Obwohl sie mit dem Bohemien nur kurz Händchen gehalten hatte, kam sie sich gegenüber ihrem Verlobten wie eine miese Verräterin vor. Gewiss, auch Kate war eifersüchtig. Aber sie musste sich eingestehen, dass James ihr dafür noch keinen Anlass gegeben hatte. Die Tatsache, dass er allein zu einer geheimen Mission aufgebrochen war, hatte an sich noch überhaupt nichts zu bedeuten.
Und Kate? Sie setzte Leclercs unübersehbares Interesse an ihr dafür ein, um ihren Auftrag erfüllen zu können. Gewiss, Leclerc war ein Lüstling und Casanova. Aber sie kam sich trotzdem schäbig vor, weil sie ihm falsche Hoffnungen machte. Oder war Kates schlechtes Gewissen unnötig? Andere Menschen handelten ja völlig skrupellos und eigennützig.
Sie musste an ihre Freundin Eileen denken, die auf die falschen Versprechungen eines jungen Gentleman hereingefallen war und von der seitdem jede Spur fehlte. Kate hoffte sehr, dass Eileen überhaupt noch lebte und sich nichts angetan hatte. Warum entfalteten romantische Gefühle oftmals eine so zerstörerische Wirkung?
Kate wusste es nicht. Aber im Grunde hoffte sie, dass Leclerc ihr keine neuen Erkenntnisse über die Paris-Maschine liefern würde. Denn sie wusste nicht, was sie tun sollte, wenn er seinen Kuss wirklich einfordern würde.
Als der Morgen dämmerte, wurden die letzten Brandherde endlich gelöscht. Benson sprach mit einem der Polizisten, die das Hotel bewachten. Dabei gab er sich natürlich nicht als englischer Kollege zu erkennen. Der Scotland-Yard-Mann konnte herausfinden, dass das Gebäude offenbar nicht einsturzgefährdet war und im Lauf des Vormittags wieder für die Gäste und das Personal freigegeben werden sollte. Das war auch dringend notwendig, denn viele der Geflohenen trugen nur ihre Nachtwäsche auf dem Leib und mussten in einem nahegelegenen Warenlager ausharren.
Kate und ihre Begleiter beschlossen, dass sie das Geld aus dem Tresor holen und dann sofort zu dem Händler fahren würden, bei dem sie einen Drehflügler kaufen konnten. Das war momentan die wichtigste Aufgabe.
Endlich durften sie das Hotel wieder betreten. Uniformierte Polizisten sicherten alle Eingänge.
Benson hatte sich auch danach erkundigt, ob die Ordnungsmacht bereits einen Verdacht hegte. Doch darüber war nichts in Erfahrung zu bringen gewesen. Und der Kriminalassistent hatte natürlich nicht auf Serpent hinweisen können. Denn sonst würden die französischen Polizisten womöglich viele unbequeme Fragen stellen, durch die sich die Befreiungsaktion verzögern konnte oder gar ganz verhindert wurde.
Kate fühlte sich schmutzig, ihre Kleider stanken nach Rauch. Für ein Vollbad in ihrer luxuriösen Badewanne würde die Zeit wohl nicht reichen. Aber sie wollte auf ihrem Zimmer wenigstens ihr Gesicht und ihre Hände notdürftig reinigen.
Benson erkundigte sich nach dem Hotelsafe und bekam erleichtert zu hören, dass der Tresor intakt war.
Sie erklärte ihren Begleitern, dass sie kurz aufs Zimmer gehen wollte und lehnte die Angebote, sie bis zur Tür zu bringen, höflich ab. Benson und Fletcher würden an der Rezeption warten.
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