Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 5
könnte.“
„Wie das?“
Leclerc machte eine unbestimmte Handbewegung. „Ich kenne Gott und die Welt, wie man so schön sagt. Ihnen ist wahrscheinlich bekannt, dass über die Paris-Maschine eigentlich strenge Geheimhaltung gewahrt werden muss. Aber alle Menschen haben menschliche Schwächen, und darum gibt es so etwas wie Geheimnisse oder Mysterien eigentlich gar nicht. Es findet sich immer ein Schwätzer, der für Geld oder um der bloßen Prahlsucht willen sein Wissen über solche Projekte in die Welt hinausposaunt.“
„Und Sie kennen offenbar solche Leute.“
Der Bohemien lachte leise. „Ja, ich verkehre in den höchsten Kreisen und gleichzeitig auch zwischen Elendsgestalten und armen Schluckern. Wie gesagt, ich pfeife auf bürgerliche Konventionen und Wohlanständigkeit. Wenn ich etwas über die Paris-Maschine herausfinde, dann tue ich es nur um der Herausforderung willen. Weil mich die selbstgestellte Aufgabe reizt, wenn Sie so wollen. Soll ich dann mein neuerworbenes Wissen mit Ihnen teilen?“
„Wenn Sie es wünschen, können Sie das tun“, erwiderte Kate betont uninteressiert, obwohl ihr Herz vor Aufregung wie rasend schlug. Sie hielt Leclerc eigentlich nicht für einen Blender und Aufschneider. Wenn er behauptete, Einzelheiten über die Paris-Maschine in Erfahrung bringen zu können, dann war auf diese Ankündigung vermutlich auch Verlass.
„Gut, ich werde sehen, was sich machen lässt. – Und was bekomme ich von Ihnen im Austausch dafür?“
„Sie meinen, wenn Sie mir mehr über die Paris-Maschine berichten können? Nun, wie wäre es mit einem Kuss?“
Kate hätte sich am liebsten selbst auf die Zunge gebissen, aber nun war es zu spät. Nun hatten die Worte ihren Mund bereits verlassen. Und das Leuchten auf Leclercs Gesicht zeigte ihr nur allzu deutlich, was der Bohemien von den Aussichten auf diese Art von Belohnung hielt.
„Es wird mir ein Vergnügen sein, die Geheimnisse der Paris-Maschine vor Ihnen zu enthüllen, Kate. Es stört mich auch keineswegs, dass Sie Engländerin sind. Meine Gefühle für Sie sind auf jeden Fall stärker als mein Patriotismus.“
Kate wusste nicht, ob sie sich über dieses Geständnis wirklich freuen sollte. Aber noch war ja gar nicht gesagt, dass Leclerc wirklich etwas Brauchbares über die Paris-Maschine herausfinden würde. Wenn es dann soweit war, konnte Kate sich noch immer den Kopf über den in Aussicht gestellten Kuss zerbrechen.
Kate hielt es für besser, den Abend jetzt zu beenden. Außerdem hatte sie inzwischen auch ihre Ananas gegessen – eine Frucht, die sie bisher nicht kannte, die ihr aber gut geschmeckt hatte. Ohnehin war Kates Magen nach dem Sechs-Gänge-Menü zum Platzen gefüllt. „Ich bin jetzt ein wenig müde. Könnten Sie mich bitte zu meinem Hotel bringen, Roger?“
Der Bohemien hatte sich inzwischen wieder gefangen; von seiner zeitweiligen Nervosität war nichts mehr zu spüren. Kate vermutete, dass die Aussicht auf Intimitäten ihn zu ungeahnten Höhenflügen anstachelte. Dieses Phänomen hatte sie bei Männern schon öfter erlebt. Jedenfalls gab er sich ganz als Gentleman, zahlte mit einem Scheck und wies den Ober an, sich um einen Dampfkutter zu bemühen.
Ein Laufbursche wurde losgeschickt, um einen Drehflügler heranzuwinken. Leclerc und Kate traten vor das Restaurant. Kate sog tief die Nachtluft in ihre Lungen. Sie musste sich eingestehen, dass der Gestank hier in Paris nicht so penetrant war wie in London. Aber vielleicht lag es auch nur an den günstigen Winden, die den Qualm von unzähligen Schornsteinen und Dampfmaschinen in Richtung Süden forttrieben.
Schon bald ertönte jedenfalls das vertraute Drehgeräusch der eisernen Rotoren, und ein Dampfkutter landete auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Restaurant. Leclerc gab als Flugziel Kates Hoteladresse an. Außerdem sagte er noch etwas zu dem Piloten, das Kate nicht verstand.
Zuerst war sie misstrauisch, als sich der Drehflügler in die Luft erhob. Ob sie etwa schon wieder entführt werden sollte? Aber offenbar hatte der Bohemien den Piloten nur gebeten, keine Kunststücke wie das Durchfliegen des Triumphbogens zu versuchen. Jedenfalls machte er brav einen Bogen um das beeindruckende Gebäude, wofür Kate sehr dankbar war. Mit ihrem bis zum Rand gefüllten Magen hätte sie ein solches Manöver wahrscheinlich nicht gut ertragen können.
Beruhigt stellte Kate fest, dass schon bald die vertraute Fassade vom Hotel Savoy vor ihnen auftauchte. Alles in allem war sie mit dem
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