Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)
Transportmöglichkeiten stundenlang unterwegs gewesen.
Die Ärzte der Intensivstation waren so nett, mir ein Bett neben dem meiner Mutter aufzustellen. So konnte ich rund um die Uhr bei ihr sein. Eines Nachts konnte ich einfach nicht schlafen und schlich vor die Tür, um mich ganz leise mit dem diensthabenden Arzt zu unterhalten. Da hörte ich auf einmal eine Stimme aus dem Zimmer rufen: » Mi niño, acuéstate . Kind, geh doch ins Bett.« Meine Mutter war aus dem Koma aufgewacht, hatte aber vorher offenbar schon alles mitbekommen. Sie muss all ihre Kraft zusammengenommen haben, um nach mir zu rufen. Ich ging sofort zu ihr, nahm ihre Hand und legte mich neben sie auf mein Bett. So schlief ich ein – während sie meine Hand ganz fest drückte, als wollte sie mir sagen: »Hab keine Angst, alles wird gut.«
Als es ihr ein bisschen besser ging, konnte sie die Intensivstation verlassen. Nur gab es in diesem Krankenhaus keine Ein-, Zwei- oder Dreibettzimmer, wie in Deutschland üblich. Hier lagen die Menschen in riesigen Schlafsälen, zehn, zwanzig oder noch mehr Patienten zusammen, und in einigen Räumen standen sogar Etagenbetten. In der schlechten Verfassung, in der meine Mutter war, wollte ich auf keinen Fall, dass sie in so einen Saal kam.
Meine Cousine besorgte einen winzigen Raum, der eigentlich gar kein Krankenzimmer war. Als ich ihn mir anschaute, traf mich fast der Schlag: ein Fenster, dessen Glas einen Sprung hatte, eine dreckige, alte, kaputte Klimaanlage. An den Wänden bröckelte der Putz, in den Ecken hingen Spinnweben, und auf dem Bett lag eine löchrige, dreckige Matratze. In der Toilette war die Kloschüssel kaputt, das Wasser lief die ganze Zeit, und der Klodeckel war gesprungen. Das kann nicht wahr sein, dachte ich, hier wird selbst ein Gesunder krank.
Aber es war schon ein Luxus, überhaupt ein »Einzelzimmer« zu haben. Also atmete ich tief durch, dankte dem Himmel und ging in den Shop des Krankenhauses, um Putzmittel einzukaufen. Weil es dort fast nichts gab, kaufte ich fünf Flaschen Shampoon und machte mich auf die Suche nach der Putzfrau, die verantwortlich war für die Etage, auf der das Zimmer lag, um Lappen, Besen, Eimer und Wischmopp zu besorgen. Irgendwann fand ich zwei Frauen und fragte: »Entschuldigung, wer von Ihnen ist zuständig für dieses Stockwerk?«
Eine der Frauen antwortete gelangweilt: »Ich habe hier schon geputzt.«
»Aber ich brauche unbedingt Ihre Hilfe. Meine Mutter soll heute von der Intensivstation in ein Zimmer auf dieser Etage verlegt werden, das total dreckig ist. Ich brauche wenigstens etwas zum Putzen. Denn so kann meine Mutter nicht in das Zimmer.«
»Nein, nein, nein«, sagte sie kopfschüttelnd, zündete sich eine Zigarette an und ging weg.
Okay, dachte ich, jetzt lernst du mich kennen. Ich zog fünf Dollar, viel Geld für Kubaner, aus der Hosentasche und rief der anderen Frau zu: »Wenn ich dir fünf Dollar gebe, putzt du dann das Zimmer?«
Da drehte sich die erste Frau wieder um, kam zu mir zurückgerannt und schrie: »Das geht so nicht, denn ich bin in diesem Stock fürs Putzen verantwortlich.«
»Nein, sie hier geht jetzt«, sagte ich und zog die zweite Frau mit mir weg. Sie half mir, das Zimmer innerhalb von ein paar Stunden mit dem Shampoon so sauber zu machen, dass meine Mutter die erste Nacht wenigstens nicht in einem schmutzigen Raum schlafen musste. Am nächsten Tag brachte meine Familie alle möglichen Sachen mit, während ich loszog, um eine Kloschüssel, eine Matratze, Bettwäsche, Vorhänge, Blumen und so weiter zu kaufen. Obwohl die Regale in den Geschäften leer waren, gab es unter der Hand für einige kubanische Dollar zusätzlich fast alles zu kaufen. Am Schluss sah das Zimmer so schön aus, dass ständig Leute vorbeikamen, um es anzuschauen. Das war mir ziemlich peinlich. Die alte Matratze legte ich auf den Boden, um in der Nähe meiner Mutter sein zu können, bis sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde.
Da meine Cousine angeboten hatte, sich auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus um meine Mutter zu kümmern, wollte ich ein Haus in ihrer Nähe mieten, wo auch meine Familie immer wieder bleiben konnte. Bei einem Spaziergang durch Santa Clara entdeckte ich ein wunderschönes Haus, das mich an das Zuhause meiner Großmutter mütterlicherseits erinnerte. Auf einem Schild stand »Hostal«, und vor dem Haus saß eine korpulente Frau, die den vorbeifahrenden Touristenautos zuwinkte. Diese dicke Frau mit ihrer herzlichen Art, ihren
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