Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)
blondierten Haaren und groben Bewegungen war mir sofort sympathisch. Deshalb hielt ich bei ihr an und erzählte ihr, dass ich eine Wohnung suchte.
»Ach, wie schade«, sagte sie, »leider habe ich nur ein Zimmer, und in drei Tagen kommen Gäste, die für eine Woche gebucht haben.«
Aber als sie hörte, dass meine Mutter aus dem Krankenhaus käme, packte sie mich bei der Hand und zog mich hinter sich her.
»Komm mit, ich muss mal kurz telefonieren, und dann bring ich dich zu einem Haus.«
Auf dem Weg dorthin kamen wir ins Gespräch, und ich erzählte, dass ich aus Jatibonico käme und in Cabaiguán geboren sei. Da schrie sie: »Wo?«
»In Cabaiguán.«
» Nooooo ! Von welcher Familie kommst du da?«
»Von den Madrigal«, sagte ich. Das ist der Name meiner mütterlichen Linie.
» Noooo !«, rief sie wieder, »du bist von den Madrigal?«
Elsa, so hieß die robuste Blondine, kannte meine ganze Familie. Mein Onkel, der Vater der Ärztin, hatte als Junge in Cabaiguán in ihrer Straße gewohnt, und seine Schwester war ihre Freundin.
»Ich war die Chefin von der Straße«, erzählte mir Elsa mit einem Zwinkerauge, »ich hab deinen Onkel und die anderen Jungs als Kinder immer verprügelt, wenn sie frech waren. Alle haben mich respektiert. Und dein Onkel hatte immer Angst vor mir.«
Schau mal an, dachte ich, eine Chica als Chefin der Straße.
Elsa vermittelte uns ein Haus, in dem wir fast zwei Monate blieben, bis es meiner Mutter besser ging und sie mit der Chemotherapie beginnen konnte. Dazwischen flog ich kurz mal für ein paar Tage nach Deutschland, um in der Agentur nach dem Rechten zu sehen und mein Visum für Kuba zu verlängern, denn normalerweise durfte ich nur einundzwanzig Tage im Land bleiben. Außerdem musste ich einige Medikamente und medizinische Sachen besorgen wie ganz feine Infusionsnadeln, weil meine Mutter extrem dünne Venen hatte. Und diese Nadeln gab es nicht in Kuba.
Nach meiner Rückkehr begann die Bestrahlung. Inzwischen wohnten wir bei Elsa, weil das andere Haus nicht mehr zur Verfügung stand. Sie hatte den kompletten »Markt« in Santa Clara unter Kontrolle. Sie konnte einem alles besorgen, egal was. Ich wollte Süßkartoffeln, die meiner Mutter guttaten – Elsa nahm das Telefon und kümmerte sich darum. Ich glaube, wenn ich eine Turbine gebraucht hätte, sie hätte auch das hinbekommen. Wir blieben bei ihr, bis es meiner Mutter so gut ging, dass sie endlich nach Hause durfte. Und Elsa war in dieser schwierigen Zeit zu einem Teil unserer Familie geworden.
Als wir wieder in Jatibonico waren, sind wir nur noch für die Chemotherapie nach Santa Clara gefahren, denn Mama wollte danach immer sofort nach Hause. Verständlich, denn die Zustände im Krankenhaus waren furchtbar. Die Chemo fand in einem kleinen Zimmer statt, in dem ganz viele Stühle an der Wand standen. Da saß ein Patient neben dem anderen und bekam seine Chemo. Die einen starrten nur vor sich hin, die anderen mussten sich übergeben.
Während wir einmal warteten, bis meine Mutter an der Reihe war, kam ein großer, ganz hagerer Mann in Begleitung seiner Tochter. Er sollte ebenfalls eine Chemo bekommen. Doch der Arzt konnte seine Vene einfach nicht finden. Der Arme konnte sich vor Schmerzen kaum mehr halten, trotzdem hielt er tapfer seinen Arm hin. Er sah aus wie ein Achtzigjähriger, dabei war er gerade mal Mitte vierzig. Meine Mutter schaute mich an, ich schaute sie an, und da war klar, dass wir ihm helfen wollten. Ich gab der Krankenschwester die Spezialnadel, obwohl ich nur eine einzige dabeihatte. Der Arzt schaffte es an diesem Tag zum Glück, meiner Mutter die Infusion mit einer normalen Nadel zu setzen. Danach brachte ich meine Mutter immer in ein angrenzendes kleines Zimmer, denn ich wollte vermeiden, dass sie solche Szenen zu sehr mitnahmen. Das waren unsere Leute da im Krankenhaus, es ging ihnen sehr schlecht, aber wir konnten nicht allen helfen. Ich wusste, dass meine Mutter genauso unter den Zuständen im Krankenhaus litt wie ich – und das wollte ich nicht. Ich wollte, dass sie diese ganze Geschichte überlebte und wieder gesund wurde.
Nach der nächsten Sitzung passierte, was wohl keiner erleben will, insbesondere keine Frau. Meiner Mutter fielen die Haare aus. Sie hatte gerade geduscht und sich die Haare gewaschen, und plötzlich war eine Stelle am Kopf ganz kahl.
»Kannst du mir bitte den Kopf rasieren?«, sagte sie zu mir.
Mir war zum Heulen zumute, aber ich biss die Zähne zusammen und rief mit einem
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